# taz.de -- Brexit und die TV-Industrie: Viele große Fragezeichen | |
> Deutsche Sender sind eng verwoben mit britischen Häusern. Wie es nach dem | |
> Brexit weitergehen soll, weiß keiner so genau. | |
Bild: Unklar ist, was Film-Koproduktionen wird, an denen Großbritannien beteil… | |
Am 30. März 2019 wird die europäische Wirtschaftswelt eine andere sein, | |
soviel steht fest. [1][Und egal wie der Deal letztlich aussieht], es wird | |
ein Riesendeal sein. Auch für die Film- und Medienbranche steht ein | |
gravierender Umbruch bevor, wenn einer der weltweit wichtigsten | |
Medienmärkte aussteigt. | |
„Der Marktanteil in der Europäischen Union an Film- und Medieninhalten von | |
Großbritannien beträgt 21 Prozent, 16 Prozent aller Kinofilme entstehen | |
dort, und der Markt ist die Nummer eins, wenn es um Highend-Serien geht“, | |
betonte Susanne Nikoltchev von der Europäischen Audiovisuellen | |
Informationsstelle die Bedeutung Großbritanniens auf einer Expertenrunde in | |
Brüssel. Die Informationsstelle ist ein Informations- und Beratungsgremium | |
des Europarats. In ihr sind 39 Mitgliedstaaten sowie die Europäische Union | |
vertreten. | |
Im Frühjahr werden sämtliche Regeln für den gesamten audiovisuellen | |
Austausch zwischen EU und Königreich erst einmal aufgehoben sein. Denn ob | |
geordnet oder ungeordnet: Nach dem Rückzug Großbritanniens aus der EU | |
können allein schon vom Aufwand her bis April noch keine Normen für die | |
neue Situation ausgearbeitet sein. | |
Vor allem aufwändige Koproduktionen, an denen häufig EU-Staaten wie | |
Deutschland, Frankreich oder Spanien mit England zusammengewirkt haben, | |
sind von besonderer Bedeutung. Bis zu 40 große Projekte mit britischer | |
Mitwirkung wurden bislang pro Jahr realisiert. Unter anderem dafür haben | |
die Engländer Fördergelder aus Brüssel in Milliardenhöhe erhalten. Wie es | |
hier weitergehen soll, ist noch komplett unklar. Ähnlich sieht es bei den | |
Fachkräften aus: Ein Drittel aller Animationsspezialisten zum Beispiel, die | |
in Großbritannien arbeiten, kommt aus dem Ausland. | |
## „Wir schauen uns erst mal an, was passiert“ | |
Ein weiteres großes Fragezeichen steht hinter den Urheberrechten für Kabel- | |
und Satellitenübertragungen. Möglicherweise kommt es auch zum Exodus von in | |
England ansässigen Unternehmen, damit sie ihre Sendeerlaubnis für | |
EU-Staaten behalten dürfen. Denn viele britische Sender, darunter Sky, | |
zielen auf ein größeres europäisches Publikum. Gerade hat etwa Turner | |
Broadcasting System Deutschland bei der Bayerischen Landeszentrale für neue | |
Medien sechs Lizenzen für internationale TV-Sender beantragt. | |
Bei Discovery, zu denen unter anderem Eurosport gehört, befindet man sich | |
noch in Wartestellung wie Geschäftsführungsmitglied Ross Biggam in Brüssel | |
bestätigte: „Wir haben noch keine Entscheidung getroffen, was unsere | |
internationale Aufstellung angeht. Wir schauen uns erst mal an, was | |
passiert.“ Ed Hall vom Beratungsunternehmen Expert Media Partners warnte | |
aber vor zu viel Gelassenheit: „Es kann alles viel dramatischer werden, als | |
wir denken. Es könnte sein, dass am 30. März zum Beispiel englische Sender | |
in Irland einfach abgeschaltet werden.“ | |
Zwar gibt es bereits einen regen Austausch zwischen Behörden und | |
Institutionen, um die Folgen des Brexit für die europäische und englische | |
Film- und Medienbranche abzumildern und Sondervereinbarungen zu treffen, | |
aber das könnte andere Länder wie Kanada oder die Türkei, die ebenfalls | |
Beziehungen zur EU pflegen, verärgern. | |
## ITV und Ufa sitzen in London | |
Während ein Großteil der deutschen Wirtschaft mit Sorge auf die Folgen des | |
Brexit schaut, hält sich die hiesige Medienbranche mit öffentlichen | |
Bewertungen noch zurück. Dabei hat sie enge und zahlreiche Verbindungen zum | |
Vereinigten Königreich. Der Konzern Sky zum Beispiel hat sein Hauptquartier | |
jenseits des Kanals. Auch einige der größten Fernsehproduktionsfirmen in | |
Deutschland haben ihr Mutterhaus in London, etwa die ITV Studios Germany | |
oder die Ufa. | |
Der Kölner Produzent Wolfgang Link jedenfalls prognostiziert, dass der | |
britische Markt auch zukünftig neben Deutschland einer der wichtigsten | |
Treiber der TV-Industrie bleiben wird: „Beim Formathandel erwarte ich kaum | |
negative Effekte – da mit Rechten und nicht mit Waren gedealt wird. Die | |
TV-Industrie wird also nicht für lange Autoschlangen an den Grenzen sorgen. | |
Nichts ist physisch, die Bedingungen sind nicht von den staatlichen | |
Gesetzgebungen abhängig.“ | |
29 Nov 2018 | |
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## AUTOREN | |
Wilfried Urbe | |
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