# taz.de -- Streit um §219a: CDU hat Zeit, Schwangere nicht | |
> Niedersachsens CDU gibt die Abstimmung über die Abschaffung des | |
> Abtreibungs-Informationsverbots doch nicht frei. Die Ärtzekammer-Chefin | |
> will es erhalten. | |
Bild: Demo vor dem Prozess gegen die Frauenärztin Kristina Hänel | |
HAMBURG taz | Die Große Koalition in Niedersachsen ziert sich weiter, sich | |
auf Bundesebene für die Abschaffung des sogenannten Werbeverbots für | |
Schwangerschaftsabbrüche einzusetzen. Seit fast einem Jahr liegen | |
entsprechende Anträge der Grünen und der FDP vor. Eine Entscheidung nahte, | |
doch nun verzögert die CDU die Abstimmung. | |
Im Oktober hatte Niedersachsens CDU-Fraktionsvorsitzender Dirk Toepffer | |
[1][auf einer Pressekonferenz angekündigt], die Abstimmung über das Thema | |
für seine Fraktion freizugeben. Doch auch in den Sitzungen des Landtags in | |
dieser Woche wird keine Entscheidung über den Paragrafen 219a | |
Strafgesetzbuch fallen. Nach Toepffers Äußerungen sei festgestellt worden, | |
dass innerhalb der Fraktion noch „weiterer Diskussionsbedarf“ bestehe, sagt | |
CDU-Fraktionssprecher Ralph Makolla. Die Fraktionsführung habe sich mit der | |
SPD deshalb darauf geeinigt, eine öffentliche Anhörung durchzuführen. Am | |
27. November stellen sich demnach Expertinnen und Experten den Fragen der | |
Politiker*innen. Die CDU werde nach der Anhörung entscheiden, wie es | |
weitergeht, sagt Makolla. | |
Die frauenpolitische Sprecherin der niedersächsischen Grünen Imke Byl | |
begrüßt es zwar, wenn die CDU die Abstimmung freigibt. Sie hat aber wenig | |
Verständnis für die neu angesetzte Anhörung. „Es sind schon lange alle | |
Argumente ausgetauscht“, sagt sie. Die Groko zögere eine Entscheidung | |
hinaus. | |
Grüne und FDP fordern, dass sich die Landesregierung auf Bundesebene für | |
eine schnellstmögliche Aufhebung des Paragrafen 219a einsetzt. Dieser | |
verbietet „Werbung für den Abbruch einer Schwangerschaft“. Das schließt | |
ein, dass Ärzt*innen nicht öffentlich darüber informieren dürfen, ob sie | |
Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Die Gießener Frauenärztin Kristina | |
Hänel war im vergangenen Jahr zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil | |
sie solche Informationen auf ihrer Website bereitstellte. | |
Die SPD-Fraktion zeigt sich trotz der Verzögerungen entspannt. Die Anhörung | |
sei ein Wunsch des Koalitionspartners gewesen und ändere nichts an der | |
Zusage, dass die Abstimmung freigegeben sei, sagt Fraktionssprecher Oliver | |
Grimm. Er gehe davon aus, dass im Dezember über die Anträge abgestimmt | |
werde. | |
Welche Expert*innen bei der Anhörung sprechen werden, ist nach Aussage des | |
CDU-Sprechers noch nicht klar. Sollte eine Vertreter*in der | |
niedersächsischen Ärztekammer kommen, dürfte der Tenor klar sein: Deren | |
Vorsitzende, [2][Martina Wenker, hat sich gerade in der Neuen Osnabrücker | |
Zeitung gegen die Abschaffung von Paragraf 219a ausgesprochen]. Wenker ist | |
auch Vizepräsidentin der Bundesärztekammer. | |
Es sei vor vielen Jahren ein gesellschaftlicher Kompromiss gefunden worden, | |
der zwei Schutzgüter berücksichtige: „Auf der einen Seite die Interessen | |
einer ungewollt Schwangeren, die das Kind nicht bekommen möchte, und auf | |
der anderen Seite das Schutzgut des ungeborenen Kindes“, sagt Wenker. „Auch | |
das hat Rechte.“ | |
Wenkers Argumente gingen völlig am Thema vorbei, findet Byl. „Der Paragraf | |
219a hat nichts mit dem Schutz eines ungeborenen Kindes zu tun.“ Es gehe | |
darum, dass Frauen das Recht haben sollten, sich über die Möglichkeiten | |
eines Schwangerschaftsabbruchs zu informieren. „Solange der Paragraph | |
besteht, werden Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche | |
durchführen, schikaniert“, sagt Byl. | |
Eine endgültige Entscheidung über den Paragrafen 219a muss auf Bundesebene | |
fallen. Die Union hält am „Werbeverbot“ fest. Zwölf junge | |
[3][SPD-Bundestagsabgeordnete haben auf einer Fraktionssitzung vergangene | |
Woche beantragt], dass die Bundesregierung bis Ende November einen | |
Gesetzentwurf einbringt. Der soll Ärzt*innen erlauben, darüber zu | |
informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Doch der Antrag | |
wurde lediglich diskutiert, nicht abgestimmt. Man sei aber zuversichtlich, | |
bald zu einer Lösung zu kommen, sagt ein Sprecher des Wolfsburger | |
Abgeordneten Falko Mohrs. | |
12 Nov 2018 | |
## LINKS | |
[1] /!5544534/ | |
[2] https://www.noz.de/deutschland-welt/niedersachsen/artikel/1582541/aerztever… | |
[3] /Paragraf-219a-im-Bundestag/!5548504/ | |
## AUTOREN | |
Marthe Ruddat | |
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