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# taz.de -- Kolumne Kulturbeutel: Der Kicker und Kafka
> Fußballer sind eigentlich keine Leseratten. Ronaldo jedoch ist
> SciF-Leser. Und in Lagossas Stube ist in der bild.de-Soap ein Kafka-Buch
> erkennbar.
Bild: Gegen den Kölner 1. FC hat Pierre-Michel Lasogga für den HSV das Sieges…
Wie heißt noch gleich dieser Zweitligakicker, der der Bild-Zeitung gehört?
Lasogga genau, Pierre-Michel. Das ist der mit der Spielermutter, die man
jetzt immer mit dem Auto über den Bildschirm fahren lassen kann, wenn man
sich ein Online-Abo von bild.de gekauft hat.
Als der junge Mann, 26, noch ein bisschen jünger war, hat er mal ein
wichtiges Tor für den Hamburger SV geschossen und dabei ein
Feinripp-Unterhemd unter dem Trikot getragen. Sonst noch was? Eigentlich
nicht.
Pierre-Michel Lasogga ist ein durchschnittlicher Kicker und vielleicht
gerade deshalb besonders gut geeignet für „die erste Fußball-Soap
überhaupt“, wie es bei bild.de heißt. Wer sich gepflegt langweilen will,
der kann ja da mal reinschauen, Familie Lasogga beim Urlaubmachen
beobachten und sich vom Stürmer sagen lassen, dass er alles dafür tun will,
damit der HSV … So Zeug halt.
Nur wer ganz genau hinsieht, wird zu schätzen lernen, mit welch großer Mühe
sich die Macher der Reality Soap an die Umsetzung ihrer Serie gemacht
haben. In der Sportredaktion der taz sind in den vergangenen Tagen
Screenshots der Lasogga’schen Schrankwand hin- und hergeschickt worden.
Dort stehen doch tatsächlich etliche Bücher. Lasogga liest. Und wie! Und
eine Frage stand schnell im Raum: Was liest Lasogga?
Viel ist nicht zu erkennen, aber die Analyse der Bilder hat ergeben, dass
auf einem der Buchrücken der Name „Kafka“ zu erkennen ist. Lasogga liest
Kafka? Muss die Geschichte dieser Familie umgeskriptet werden? Oder ist das
bereits ein Hinweis auf eine längst geplante zweite Staffel der Soap mit
dem Titel „Die Lasoggas, Leseratten im Fußballzirkus“?
## Fußballer sind nicht so belesen
Zu denen zählt sich Nils Petersen, der Stürmer des SC Freiburg, bekanntlich
nicht. „Wir Fußballer sind nicht so belesen. Manchmal schäme ich mich, weil
ich so wenig Wissen über die Welt besitze“, hat er mal gesagt, und weil er
im Scherz dazugesagt hat, dass er, seit er Profi ist, mehr und mehr
verblödet, wurde er als bekennender Volldepp im halben Land verlacht.
Ex-Nationalspieler René Adler – das ist der aus der Werbung für Monte von
Zott – hat dazu gesagt: „Niemand hat ihm verboten, ein Buch in die Hand zu
nehmen“, was man getrost als schöne Gemeinheit bezeichnen kann.
Bücher hat man Ende Oktober allen Profis der italienischen Serie A in die
Hand gedrückt. Am 10. Spieltag hat die Liga für das Lesen geworben und zu
Spenden für eine Organisation aufgerufen, die Geld für das Bestücken von
Schulbüchereien sammelt. Die Spieler sind mit einem Buch in der Hand
eingelaufen, das sie dann signiert den Einlaufkindern geschenkt haben. Es
waren also Kinderbücher, die die Spieler in Händen hielten. Ob die Kicker
selber lesen und, wenn ja, was, blieb im Verborgenen.
## Ronaldo steht auf „Krieg der Klone“
Sky Italia hat am Rande des Spieltags ein wenig rumgefragt und unter
anderem rausbekommen, was das Lieblingsbuch von Cristiano Ronaldo ist.
„Krieg der Klone“ heißt das SciFi-Epos von John Scalzi, das dem Stürmer v…
Juventus Turin so gut gefällt. Darin geht es um einen 75-jährigen Mann, der
sich der Armee anschließt und sich mit aus seiner DNA geklonten und
künstlichen Körperteilen verjüngt ins Universum aufmacht, um dort so manche
Schlacht zu schlagen.
Das also, mag man sich denken, liest Ronaldo, um sich ein wenig abzulenken,
wenn wieder mal alle Welt über die doch recht handfesten
Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn spricht. Moment, spricht da eigentlich
noch jemand drüber? Bei bild.de tut das jedenfalls niemand. Da kann man ein
Video sehen, in dem Fußballernachmacher Matze Knop als Ronaldo verkleidet
durch Turin geht. „Kult-Ronaldo zeigt das Turin von CR7“ heißt das
Filmchen. Oh weh! Dann vielleicht doch lieber ein Buch. Wie wär’s mit
Kafka?
7 Nov 2018
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Fußball
Cristiano Ronaldo
Franz Kafka
Kolumne Kulturbeutel
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