# taz.de -- Energiemagnat kauft „Le Monde“-Anteile: Investitionen fürs Ima… | |
> Der tschechische Milliardär Daniel Křetínský hat Anteile der | |
> französischen Zeitung „Le Monde“ gekauft. Die Mitarbeiter sind skeptisch. | |
Bild: Milliardär Křetínský kauft fast die Hälfte der „Le Monde“ – in… | |
In wenigen Monaten hat der tschechische Milliardär Daniel Křetínský eine | |
strategisch zentrale Position in der französischen Medienlandschaft | |
erobert. Noch nie war in Frankreich in so kurzer Zeit ein kleines | |
Medienimperium entstanden. | |
Nach der Übernahme des in argen Finanznöten steckenden linken Magazins | |
Marianne und der weltweit bekannten Illustrierten Elle sowie weiterer | |
Pressetitel und Radiosender der französischen Lagardère-Mediengruppe ist | |
nun Ende Oktober auch eine bedeutende Minderheitsbeteiligung an der Zeitung | |
Le Monde hinzugekommen. | |
Denn der Bankier Matthieu Pigasse, der neben dem Telekommunikations- und | |
Internetunternehmer Xavier Niels Hauptaktionär ist, hat zur allgemeinen | |
Überraschung 49 Prozent seiner Anteile an Křetínský abgetreten. Damit hat | |
sich dieser 43-jährige Tscheche aus Brno als Investor bereits einen Namen | |
in Paris gemacht. | |
Nun ist es in Frankreich seit Langem bereits durchaus gang und gäbe, dass | |
Industrielle in Medienunternehmen investieren und sich so einen politischen | |
Einfluss sichern. In jedem Fall beteuern diese finanzstarken Kapitaleigner | |
jeweils, dass sie selbstverständlich keine direkte Kontrolle der | |
Redaktionstätigkeit oder deren Ausrichtung ausüben würden. | |
## Křetínský ist einer der reichsten Männer Tschechiens | |
Gewisse Interessenkonflikte sind allerdings vorprogrammiert, wenn | |
beispielsweise der Luftfahrtkonzern Dassault das konservative Blatt Le | |
Figaro besitzt oder wenn ein anderer Rüstungskonzern, Lagardère, eine | |
ganze, bereits erwähnte Mediengruppe kontrolliert. | |
Bei Libération hat der [1][multinationale Kabel- und Telefonunternehmer | |
Patrick Drahi] den Platz des Bankierserben Edouard de Rothschild | |
eingenommen. Dieser hat auch das Nachrichtenmagazin L’Express und weitere | |
Zeitschriften sowie den Fernsehsender BFM-TV in seine Holding Altice | |
einverleibt, die allerdings mit rund 50 Milliarden Euro hochverschuldet | |
ist. | |
Mit dem Energieunternehmer Křetínský, einem der reichsten Männer seines | |
Landes, kommt dagegen ein finanzkräftiger Kapitalgeber zu Le Monde, für den | |
die 50 Millionen in Cash als Eintrittspreis bei der sehr renommierten | |
Pariser Tageszeitung fast Peanuts darstellen. | |
Die MitarbeiterInnen von Le Monde haben andere Gründe zur Besorgnis, als | |
die Finanzierung. Sie stellen sich Fragen zu den Motiven dieses plötzlichen | |
Interesses an französischen Medien, die ja nicht unbedingt als Gewinn | |
machende Investitionen gelten. Darum haben sie sich vorsorglich ein | |
Vetorecht gesichert. Křetínský hat sich bisher in den Redaktionen nicht | |
blicken lassen. | |
## Er scheint bei Medienleuten gutes Image zu haben | |
Den Redaktionsmitgliedern ist aber noch das abschreckende Beispiel des | |
[2][unrühmlichen Endes von France-Soir] in Erinnerung. Diese | |
traditionsreiche Zeitung war 2011, nur zwei Jahre nach der Übernahme durch | |
den Sohn des russischen Oligarchen Alexander Pugatschew, liquidiert worden. | |
Im Unterschied zu diesem Sprössling hat Křetínský nicht nur solide | |
Finanzen, sondern auch bereits Erfahrung im Mediengeschäft seit 2013, als | |
er von der schweizerischen Ringier-Gruppe mehrere Beteiligungen in der | |
Tschechischen Republik übernahm. Und dort scheint er bei den Medienleuten | |
bisher ein gutes Image zu haben. | |
Libération zitiert eine tschechische Journalistin, der zufolge die | |
KollegInnen bei den Křetínský-Medien sich eher „glücklich schätzen“. D… | |
mische sich nicht ein, sondern beschäftige sich mit seinem Business. | |
Von seiner persönlichen politischen Einstellung ist daher wenig bekannt. | |
Studienkollegen sagen, er sei konservativ, proeuropäisch und schaue mehr in | |
Richtung Westen als nach Moskau, obschon er mit dem Erdgastransport durch | |
seine Pipeline eng mit der russischen Gazprom verbunden ist. | |
## Einer der schlimmsten Umweltsünder der EU | |
In den Panama-Papers fällt sein Name wegen des Kaufs seiner Jacht durch | |
eine Offshore-Gesellschaft. Darin sah die Aufsichtsbehörde in Paris aber | |
keinen Grund, seine Beteiligung an Medien zu verhindern. | |
Wirkliche Angriffsflächen bietet Křetínský in seiner Haupttätigkeit. Denn | |
er betreibt fast ausschließlich thermische Kohle- und Gaskraftwerke, die er | |
zu sehr günstigen Preisen kaufen konnte, weil die großen Energiekonzerne | |
wie Eon, Vattenfall, Enel oder EDF aus dieser Technologie aussteigen. | |
Aus der Sicht der Organisationen, die für eine Energiewende kämpfen, ist | |
Křetínský mit seinem Unternehmen EPH einer der schlimmsten Umweltsünder der | |
EU. „Er kehrt sich sich einen Dreck, als Umweltverschmutzer zu gelten. Für | |
ihn zählt nur, im schwierigen Kontext des Energiewandels rasch Geld zu | |
machen“, sagte Greenpeace-Sprecher Jan Havercamp in Libération. | |
Mit dieser schnell verdienten Kohle will er expandieren. So lässt sich | |
vermuten, dass er die Medienbeteiligung nutzt, um sich als Investor beliebt | |
zu machen. Als glaubwürdiger Kandidat wiederum hätte er Chancen bei der | |
Übernahme von weiteren Unternehmen in der EU. | |
31 Oct 2018 | |
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## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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