Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Patientenvertreter über MRSA-Keime: „Hier ist man zurückhaltend…
> In den Niederlanden gibt es weniger Todesfälle durch multiresistente
> Keime als in den meisten Ländern Europas. Thom Meens erklärt, warum.
Bild: ÄrztInnen und PflegerInnen müssen ihre Hände nicht nur gewaschen, sond…
taz: Herr Meens, i n den Niederlanden gibt es weniger Todesfälle durch
Krankenhausbakterien als in den meisten Ländern Europas. Woran liegt das?
Thom Meens: Es ist eines der Länder, wo vergleichsweise wenig Antibiotika
verwendet werden. Waren Sie in Frankreich schon mal krank? [1][Da bekommen
Sie gleich eine ganze Reihe Antibiotika verschrieben.] Hier ist man damit
viel zurückhaltender. In südeuropäischen Ländern werden ohnehin mehr
Medikamente benutzt, und damit auch mehr Antibiotika. Aber ganz verhindern
lässt es sich auch damit nicht, dass eine Infektion von anderswo auch hier
für Ansteckungen sorgt.
Gib es noch andere Gründe?
Ich bin kein Klimawissenschaftler, aber solche Faktoren scheinen eine Rolle
zu spielen. Immerhin sieht man, dass Island, Norwegen und Finnland
diesbezüglich gut abschneiden. Wobei Island sicher auch von der isolierten
Lage profitiert.
Was natürlich auch Rückschlüsse auf Nebenwirkungen des Klimawandels zul
ässt…
Selbstverständlich werden Sie auch hier Wissenschaftler finden, die das
anders sehen. Aber ich denke, die Temperatur der Umgebung spielt eine
Rolle.
Gibt es etwas, was andere Länder in puncto Infektionsschutz von den
Niederlanden lernen k önnte?
Es gibt hier grundsätzlich recht hohe Standards in der Prävention. Vor
allem das Erasmus-Krankenhaus in Rotterdam ist ein Vorbild. Das gesamte
Personal dort wird speziell ausgebildet, also neben Ärzten und Pflegern
auch Mitarbeiter am Schalter oder diejenigen, die Patienten zwischen den
Abteilungen transportieren. Seit zehn, 15 Jahren wird darauf bewusst
geachtet. Ein Vorteil ist aber sicher auch, dass es ein ziemlich kleines
Land ist. Da ist es leichter, sich auf eine Linie zu einigen und die auch
einzuhalten.
Was können Krankenhaus- Patienten diesbezüglich tun?
Als Individuum hat man im Krankenhaus natürlich nicht allzu viele
Möglichkeiten. Aber eine wichtige ist, Ärzte und Pfleger zu fragen, ob sie
ihre Hände vorher nicht nur gewaschen, sondern auch desinfiziert haben. Im
RadboudUMC, dem Universitätskrankenhaus in Nijmegen, geben Ärzte Patienten
seit Ende 2016 nicht mehr die Hand. Das fanden sie zu Anfang seltsam, aber
es könnte auch helfen. Außerdem ist es in niederländischen Krankenhäusern
obligatorisch, dass Mitarbeiter kurze Ärmel tragen.
Was kann man sonst noch tun?
Man sollte, wenn möglich, darauf achten, körperlich nicht zu schwach zu
werden, gut zu essen und zu trinken. Aber man bleibt natürlich sehr
abhängig von der Außenwelt. [2][Wenn man sich die Zahl der Viehtransporte
anschaut, braucht man sich über Antibiotika-Ströme nicht zu wundern].
Einzel- oder Mehrbettzimmer – hat diese Frage Einfluss?
In den Niederlanden wurde dieses System der Zusatzversicherung abgeschafft.
Wobei ohnehin viele der in den letzten zehn Jahren gebauten Krankenhäuser
nur noch Einzelzimmer haben. Ich denke, dass es nicht so einen Unterschied
macht, ob man alleine oder mit anderen in einem Zimmer ist. Entscheidend
ist vielmehr, wie das Zimmer vorher gereinigt wurde, und wie man im
betreffenden Krankenhaus mit Hygiene umgeht.
Wenn nun doch etwas schief geht und man sich in einem niederländischen
Krankenhaus eine Infektion einfängt: Welche Rechte hat man dann als
Patient?
Es gehört nun mal zu den Risiken, dass man sich im Krankenhaus mit etwas
anstecken kann. Die Frage ist, ob es vermeidbar ist. Man kann auch einfach
Pech haben. In diesem Fall gibt es Schadensprotokolle,
Schadensversicherungen und Schlichtungskommissionen der Krankenhäuser. In
diesen Kommissionen sitzen neben Spezialisten und Vertretern der
Versicherungen auch Patientenvertreter.
Und hat man als klagender Patient vor einer solchen Kommissionen Chancen?
Es ist nicht so, dass man dort als kleiner Bittsteller von oben herab
behandelt wird. Es gibt Untersuchungen, wonach 2015 25 Prozent der
betroffenen Patienten sagten, Ärzte hätten einen Fehler zugegeben. 2017
waren das schon 32 Prozent. Wobei es natürlich immer noch bei 68 Prozent
nicht der Fall ist…
Wer haftet in einem solchen Fall?
Das wird jeweils das Gericht entscheiden. Dann wird untersucht, ob der
fragliche Patient besonders anfällig war, gab es zuvor Auffälligkeiten, die
relevant sind, mit wem hatte er vor dem Krankenhaus- Aufenthalt Kontakt. Es
ist nicht so leicht zu sagen, man steckt sich dort mit etwas an, also ist
das Krankenhaus notwendigerweise dafür verantwortlich. Ein Krankenhaus hat
immer noch eine ganze Reihe von Spezial-Anwälten.
7 Nov 2018
## LINKS
[1] /Studie-zu-multiresistenten-Keimen/!5545255
[2] /Fleischkonsum-in-Deutschland/!5405471
## AUTOREN
Tobias Müller
## TAGS
MRSA-Keime
Antibiotikaresistenz
Antibiotika
Hygiene
Krankenhäuser
multiresistente Keime
Keime
MRSA-Keime
MRSA-Keime
Bakterien
Gesundheitspolitik
## ARTIKEL ZUM THEMA
Evolution der Antibiotika-Resistenzen: Stachelige Infektionsträger
Im Klinikalltag sind antibiotikaresistente Bakterien gefürchtet. Studien
zeigen nun, dass auch Igel die gefährlichen Keime verbreiten.
Studie zu multiresistenten Keimen: 672.000 Erkrankte in Europa
In Deutschland verordnen vor allem niedergelassene Ärzte zu viele
Antibiotika. Rund 2.300 Menschen starben hierzulande allein 2015.
Wissenschaftliche Revolution aus Kiel: „Lebensgemeinschaft mit Bakterien“
Der Mensch sei kein Individuum, sagt der Kieler Evolutionsbiologe Thomas
Bosch. Er erforscht wie wir mit Mikroorganismen zusammenleben.
Kommentar Multiresistente Keime: Ab in den Stall
Die lebensbedrohlichen Keime vermehren sich erschreckend schnell. Die
Politik muss jetzt dringend bei der Tierhaltung ansetzen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.