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# taz.de -- Landeseigene Unternehmen: Juchhu, wir investieren
> Das meiste Geld, das die landeseigenen Wohnungsgesellschaften
> investieren, bleibt in der Stadt. Und es soll noch viel mehr werden.
Bild: Politikerhände hämmern zum Start öffentlichen Wohnungsbaus
Berlin taz | Dass kommunale Unternehmen wirtschaftlich sein können,
überrascht heute kaum. Noch in den 1990er Jahren allerdings, in der
Blütezeit des staatsfeindlichen Neoliberalismus, standen landeseigene
Firmen unter Generalverdacht, nicht profitabel zu sein. Und mitunter gaben
die Zahlen den Ideologen sogar Recht. „Es ist ein Kunststück, ein
Unternehmen wie die Bewag ineffizient zu betreiben, aber es gelang“,
erinnerte sich Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) am Donnerstag an den
ehemaligen städtischen Versorger, der ab 1997 der Privatisierung zum Opfer
fiel.
Zuletzt habe es eine Phase der „Umorientierung“ gegeben, so Kollatz. So
habe etwa die Rekommunalisierung der Wasserbetriebe zu dauerhaft
niedrigeren Preisen für die Verbraucher und einer deutlichen Erhöhung der
Investitionen geführt. „Die Bevölkerung verspricht sich heute etwas von
kommunalen Unternehmen“, so Kollatz’ Fazit bei der Vorstellung einer
Untersuchung über die Wertschöpfung der sechs landeseigenen
Wohnungsbaugesellschaften. Der Finanzsenator selbst ist ein Verfechter von
investitionsstarken Landesunternehmen: „Das wird dazu führen, Berlins
momentanen Aufschwung zu vertiefen und zu verlängern.“
Ihre eigene Bedeutsamkeit herauszustellen, das war wohl das Ziel von
Degewo, Gesobau, Gewobag, Howoge, Stadt und Land und WBM, als sie ihre
Studie beim Hannoveraner Pestel Institut in Auftrag gaben. Die Ergebnisse
haben sie nicht enttäuscht. Herausgekommen ist ein Bericht, der belegt, wie
wichtig die sechs Unternehmen mit ihren etwa 300.000 Wohnungen für die
Stadt sind. Dabei geht es der Studie nicht um soziale Faktoren, wie den
Anteil von angebotenen Wohnungen für 6,50 Euro pro Quadratmeter;
stattdessen stellt sie deren Wirtschaftsnutzen heraus.
1,7 Milliarden Euro haben die Wohnungsunternehmen im untersuchten
Wirtschaftsjahr 2016 ausgegeben, davon 1,2 Milliarden für Investitionen in
den Neubau und Bestand sowie sonstige Güter und Dienstleistungen. Der Rest
ging drauf für Steuern, Zinsen, Sozialabgaben und Löhne für die 3.400
Vollzeitstellen.
## Es bleibt in der Region
Entscheidend ist nun: 75 Prozent aller Ausgaben verbleiben in Berlin, etwa
durch beauftragte Baufirmen aus der Stadt oder auch durch Mitarbeitende,
die in Berlin wohnen und hier ihr Geld ausgeben. Rechnet man Brandenburg
dazu, sind es sogar 84 Cent eines jeden ausgegebenen Euros, die in der
Region bleiben.
Studienautorin Karin Janssen sprach bei der Vorstellung von einem
„Wahnsinnsanteil“ im Vergleich zu anderen Studien über kommunale
Unternehmen. „Im Worst-Case-Szenario verbleiben nur 20 Prozent in der
Stadt“, sagte sie und lobte den großen Vorteil, den die Kommunen durch ihre
eigenen Unternehmen hätten. Das belegen auch die Zahlen der ausgelösten
Wertschöpfung. Die Effekte, die durch jeden erteilten Auftrag, jede
Lohnzahlung und die abgeführten Steuern entstehen, belaufen sich auf
insgesamt 2,1 Milliarden Euro, von denen 1,2 Milliarden in der Stadt
verbleiben. 17.073 Arbeitsplätze hängen in Berlin an den Tätigkeiten der
Gesellschaften.
Zukünftig dürften die Zahlen weiter steigen. Die Unternehmen seien dabei,
voll in den „Neubau einzusteigen, aber sie sind noch nicht bei der vollen
Schlagzahl angekommen“. Auch über den Wohnungsbau hinaus sollen die
landeseigenen Unternehmen mehr Geld ausgeben: Betrug 2013 das
Investitionsvolumen aller 55 Beteiligungen noch 1,7 Milliarden Euro, sollen
es bald drei Milliarden werden. Die Entwickelung spiegelt sich auch auf dem
Arbeitsmarkt wieder. Vom Höchststand von fast 20 Prozent sind noch 7,7
Prozent geblieben.
Die Wohnungsbaugesellschaften sollen bis Mitte des nächsten Jahrzehnts 10
Milliarden Euro investieren. Noch reicht ihr Eigenkapital aus. Im
vergangenen Jahr erwirtschaften alle sechs Unternehmen Millionengewinne,
die sie behalten und für den Neubau verwenden können. Gesobau-Chef Jörg
Franzen wies jedoch darauf hin, dass auf Dauer eine Kapitalaufstockung
notwendig sei, auch weil die Grundstücks- und Baupreise explodierten. Laut
Kollatz stehen 100 Millionen Euro bereit. Es ist schließlich gut angelegtes
Geld.
1 Nov 2018
## AUTOREN
Erik Peter
## TAGS
Matthias Kollatz-Ahnen
Wohnungsbaugesellschaften
Franziska Giffey
Vorkaufsrecht
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
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