# taz.de -- Nach Geiselnahme in Köln: Vieles im Unklaren | |
> War die Geiselnahme von Köln eine politische Tat? Die Faktenlage bleibt | |
> unklar. Die AfD instrumentalisiert die Tat dennoch. | |
Bild: Nach der Geiselnahme in einer Apotheke im Kölner Hauptbahnhof prüft die… | |
BERLIN taz | War die Geiselnahme von Köln eine politische Tat? Die | |
Faktenlage dazu bleibt unklar. Es werde weiter ermittelt, ob es sich um | |
einen Terroranschlag handele, sagte die Kölner Polizeivizepräsidentin | |
Miriam Brauns am Dienstagnachmittag auf einer Pressekonferenz in Köln. | |
Tatsächlich hinterlässt die Tat viele Fragezeichen. Am Montagmittag hatte | |
ein Mann im Kölner Hauptbahnhof einen Molotowcocktail in einem McDonalds | |
gezündet und damit eine 14-Jährige verletzt. Als die Sprinkleranlage | |
einsetzte, flüchtete er in eine Apotheke im Bahnhof und nahm dort eine Frau | |
als Geisel. Laut Polizei trug der Täter eine Softair-Waffe, Gaskartuschen | |
und Brandbeschleuniger bei sich. Als er versucht habe, die Geisel | |
anzuzünden, seien Spezialkräfte eingeschritten. Drei Beamte schossen den | |
Täter nieder und verletzten ihn lebensgefährlich. Auch das Opfer wurde | |
verletzt. | |
Die Ermittler bestätigten am Dienstag nun, dass der Täter ein 55-jähriger | |
syrischer Asylbewerber ist, der seit 2016 in Deutschland lebt. Ein in der | |
Apotheke gefundenes Dokumente gehöre „zweifelsfrei“ zu dem Angreifer. Der | |
Mann sei bisher mit insgesamt 13 Delikten bei der Polizei auffällig | |
geworden: Marihuana-Besitz, Diebstahl, Bedrohung, Betrug, | |
Hausfriedensbruch. | |
Laut Zeugen bezeichnete sich der Täter als Mitglied von „Daesh“, dem | |
arabischen Namen der Terrormiliz „Islamischer Staat“. Auch forderte er die | |
Freilassung einer tunesischen Frau. Er wollte aber gleichzeitig auch seinen | |
freien Abzug durchsetzen und die Überbringung eines Koffers und einer | |
Tasche, die er im McDonalds gelassen hatte. | |
## Eine psychische Erkrankung? | |
Dass der Täter Gaskartuschen mit sich führte, nannte die Polizei zunächst | |
als Anzeichen für „mehr als eine einfache Geiselnahme“. Bei der | |
Durchsuchung der Wohnung des Syrers aber fanden die Beamten nach eigener | |
Auskunft kein Bekenntnis zum „IS“ und bisher auch keine Hinweise auf | |
Mittäter. An einer Wohnungswand hätten sich lediglich muslimische | |
Schriftzüge („Gott ist groß“) befunden. | |
Tatsächlich soll der Mann den Sicherheitsbehörden bisher nicht als | |
Extremist bekannt gewesen sein. Vielmehr habe er vor Jahren mal einen | |
Bekannten als IS-Sympathisanten bei der Polizei gemeldet. Zeugen | |
schilderten den Mann bei der Tat auch als betrunken, er habe einen | |
„verwahrlosten Eindruck“ gemacht. Es gebe Hinweise auf eine psychische | |
Erkrankung, sagte Polizeidirektor Klaus-Stephan Becker am Dienstag. Der | |
Tatverdächtige habe deshalb keiner Arbeit nachgehen können. | |
Derweil kündigte die Bundesanwaltschaft an, den Fall an sich ziehen zu | |
wollen. Nach derzeitigem Stand sei damit zu rechnen, sagte ein Sprecher. | |
Becker verwies auch auf die „beachtliche Menge“ von Benzin, die der Täter | |
verschüttete, und auf dessen mitgeführte Gaskartuschen: Dies seien mit | |
Stahlkugeln präpariert gewesen, die bei einer Explosion eine „ungeheure“ | |
Sprengwirkung entfaltet hätten. | |
Die Staatsanwaltschaft Köln erließ Haftbefehl gegen den Syrer. Er ist | |
inzwischen außer Lebensgefahr, liegt aber im Koma. Die Polizei konnte | |
seinen Sohn und Bruder in Deutschland ausfindig machen, seine Frau soll | |
noch in Syrien leben. Was es mit der Tunesierin auf sich habe, werde noch | |
ermittelt, sagte Becker. | |
## AfD instrumentalisiert die Tat | |
Die Geisel aus der Apotheke konnte am Dienstag das Krankenhaus verlassen. | |
Das 14-jährige Mädchen mit den Brandverletzungen blieb indes in stationärer | |
Behandlung und musste operiert werden. | |
So unklar die Motivlage bleibt – die AfD und andere rechte Kommentatoren | |
legten sich bereits fest. Als einen „feigen Anschlag“ eines | |
„IS-Terroristen“, bezeichnete die rechtspopulistische Partei die Kölner | |
Tat. Und schob hinterher: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“ Die | |
Pressekonferenz der Ermittler am Dienstag warteten die Rechtspopulisten für | |
ihre Mitteilung nicht ab. Ihnen reichte es, ihre gewünschte Botschaft zu | |
platzieren. | |
16 Oct 2018 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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