# taz.de -- Adil Yiğit nach Protest gegen Erdoğan: Journalist will kein Flüc… | |
> Der Regimekritiker wurde aus der Pressekonferenz von Erdoğan und Merkel | |
> gezerrt. Nun gibt es Streit um seine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland. | |
Bild: Rausgezerrt: Adil Yiğit auf der Pressekonferenz von Merkel und Erdoğan | |
Er protestierte leise gegen den Besuch von Recep Tayyip Erdoğan. Auf der | |
gemeinsamen Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem | |
türkischen Staatspräsidenten trug er nur ein zweisprachiges T-Shirt mit der | |
Aufschrift: „Pressefreiheit für Journalisten in der Türkei“. Der leise | |
Protest war schon zu viel. [1][Zwei BKA-Beamte zerrten den oppositionellen | |
Journalisten und Hamburger taz-Autoren Adil Yiğit Ende September aus dem | |
Konferenzraum.] Erst da wurde er laut. Nach dem Vorfall fragten kritische | |
Stimmen: Welches Signal sendet Deutschland an die türkischen Regierenden, | |
wenn es Journalisten abführen lässt? | |
Diese Frage stellte sich in den vergangenen Tagen umso mehr. Denn in einem | |
Schreiben vom 22. Oktober teilte die Ausländerbehörde von Hamburg-Mitte | |
Yiğit mit, dass sein Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis abgelehnt worden | |
sei – und er die Bundesrepublik bis zum 22. Januar 2019 zu verlassen habe. | |
Sollte er dem nicht Folge leisten, wird ihm [2][laut Bescheid „die | |
Abschiebung ins Heimatland (Türkei) angedroht“]. | |
Doch am Montag rudert die Hamburger Ausländerbehörde zurück. Ein Sprecher | |
sagt der taz, dass es ein „Missverständnis“ sei, dass Yiğit am 22. Januar | |
abgeschoben werden solle. „Tatsächlich ist dieses Datum im Bescheid als | |
Frist für das Verlassen der Bundesrepublik angegeben. Allerdings handelt es | |
sich dabei um eine Formalität, die bei der Ablehnung eines | |
Aufenthaltstitels angegeben werden muss.“ Yiğit könne bleiben, da die | |
Behörde ihm statt des bisherigen Status eine Aufenthaltserlaubnis aus | |
humanitären Gründen angeboten habe. Mit dem neuen Status ändere sich für | |
Yiğit nur, dass er keinen Antrag auf Einbürgerung stellen könne. | |
Yiğit führt diese Erklärung der Behörde auf öffentlichen Druck zurück. Er | |
sagt der taz, dass er Widerspruch gegen den Bescheid einlegen werde und auf | |
eine unbefristete Genehmigung bestehe. Er wolle nicht alle drei Monate zum | |
Amt: „Ich bestehe auf mein Recht, ich möchte keine Aufenthaltserlaubnis aus | |
humanitären Gründen.“ | |
## Status änderte sich oft | |
Er will seinen alten Status zurück haben. Er will auch kein Flüchtling mehr | |
sein. Yiğit lebt schon seit mehr als 35 Jahren in Deutschland. Er heiratete | |
hier, bekam Kinder und damit zunächst eine unbefristete | |
Aufenthaltsgenehmigung – wie viele Türkeistämmige, die mit türkischem Pass | |
in Deutschland leben. Sein Aufenthaltsstatus änderte sich mit den Jahren | |
immer wieder. Richtig bedrohlich wurde es ab November 2017: Damals teilte | |
die Ausländerbehörde ihm mit, sie wolle seinen Antrag auf eine Verlängerung | |
der Aufenthaltsgenehmigung ablehnen. Und dann, an ebenjenem 22. Oktober, | |
knapp einen Monat nach der Protestaktion in der Pressekonferenz, kam die | |
nächste Schocknachricht: Yiğit sollte abgeschoben werden. Die Begründung: | |
Er erfülle die Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis nicht mehr. | |
Denn er lebe in keiner „familiären Lebensgemeinschaft“ mehr, also nicht mit | |
seinen Kindern zusammen. Auch gehe er keiner Beschäftigung nach. | |
Tatsächlich leben zwei seiner Kinder mit ihrer Mutter im Ausland, als | |
Journalist findet Yiğit derzeit keine Beschäftigung. Dass er die | |
regimekritische Onlineplattfom Avrupa Postası betreibt, gilt für die | |
Behörde nicht, weil er damit kein Geld verdient. | |
Seit Yiğit die drohende Abschiebung bekannt gemacht hat, erfährt er große | |
Solidarität. PolitikerInnen zeigen sich bestürzt über seine Geschichte. | |
„Jede Abschiebung in die Türkei für einen solchen Menschen bedeutet | |
Gefängnis und potentiell Folter“, sagt Christiane Schneider von der | |
Linksfraktion der Hamburgischen Bürgerschaft der taz. Rebecca Harms von der | |
Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament sagt: „Das wäre verheerend, wenn | |
der Mann abgeschoben werden würde oder keine Aufenthaltsgenehmigung bekäme. | |
Das würde bedeuten, dass er direkt ins Gefängnis abgeschoben werden würde.“ | |
Dazu wird es nun voraussichtlich nicht kommen. | |
Anm. d. Red.: Am 28.10. meldete die taz, dass der Journalist Adil Yigit | |
abgeschoben werden soll. Der taz ist hier ein Fehler unterlaufen. Warum die | |
Geschichte so kompliziert ist, wieso es zu diesem Fehler kam und welche | |
Rolle die Infos der Hamburger Behörden dabei spielen, [3][steht in unserem | |
Rechercheprotokoll]. | |
29 Oct 2018 | |
## LINKS | |
[1] /!5536416/ | |
[2] /Auslaenderbehoerde-macht-ernst/!5543308 | |
[3] http://blogs.taz.de/hausblog/berichterstattung-im-fall-adil-yigit/ | |
## AUTOREN | |
Volkan Ağar | |
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