| # taz.de -- Ausländerbehörde macht ernst: Erdoğan-Gegner soll in die Türkei… | |
| > Der türkische Regimekritiker Adil Yiğit muss ausreisen. Verhindern könnte | |
| > das ein Asylantrag, doch den will er nicht stellen. | |
| Bild: Hat Erdogan die Meinung gezeigt: Adil Yigit bei einer Pressekonferenz in … | |
| Anm. d. Red.: Der Journalist Adil Yigit wird nicht abgeschoben. Der taz ist | |
| hier ein Fehler unterlaufen. Warum die Geschichte so kompliziert ist, wieso | |
| es zu diesem Fehler kam und welche Rolle die Infos der Hamburger Behörden | |
| dabei spielen, [1][steht in unserem Rechercheprotokoll]. | |
| Hamburg taz | Seit mehr als 35 Jahren lebt er in Deutschland. Jetzt soll | |
| der Hamburger Journalist und Erdoğan-Kritiker Adil Yiğit abgeschoben werden | |
| – in seine türkische Heimat. Am Freitag erreichte Yiğit die Nachricht, dass | |
| der Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis abgelehnt wird und | |
| er Deutschland bis zum 22. Januar verlassen muss. Andernfalls würde er auf | |
| eigene Kosten abgeschoben werden, heißt es in dem Bescheid, der der taz | |
| vorliegt. | |
| Die Mitteilung sei für ihn überraschend gekommen, sagt Yiğit. Zwar teilte | |
| ihm die Ausländerbehörde im November mit, dass beabsichtigt sei, den | |
| Antragt auf Aufenthaltserlaubnis abzulehnen, noch vor Kurzem hätte ihm die | |
| Behörde aber in einem Gespräch signalisiert, eine Regelung finden zu | |
| wollen. „Der rot-grüne Senat sollte sich schämen“, sagt er. Yiğit vermut… | |
| politische Gründe hinter der Ablehnung. | |
| Die Behörde erklärt, dass Yiğit die Voraussetzungen für eine | |
| Aufenthaltserlaubnis nicht erfülle. Denn er lebe weder mit seinen Kindern | |
| zusammen noch gehe er einer Beschäftigung nach. Zwei seiner Kinder leben | |
| zur Zeit mit ihrer Mutter im Ausland. Als Journalist findet er nach eigenen | |
| Angaben keinen Job. | |
| Yiğit betreibt die regimekritische Onlineplattfom „Avrupa Postası“, | |
| verdient damit allerdings kein Geld. Außerdem hat er eine halbjährige | |
| sozialpädagogische Fortbildung gemacht. Trotz mehrerer Bewerbungen und auch | |
| Vorstellungsgesprächen habe er keine Anstellung gefunden, erklärt der | |
| 60-Jährige. | |
| ## Seit fast 40 Jahren in Deutschland | |
| Yiğit wurde im osttürkischen Malatya geboren, lebte in Istanbul und war | |
| dort Mitglied der militanten marxistisch-sozialistischen Organisation | |
| „Devrimci Sol“. Als die Gewalt in der Türkei Anfang der Achtzigerjahre | |
| eskalierte, floh Yiğit über Frankreich nach Deutschland, heiratete hier | |
| eine Redakteurin der taz Hamburg. 1997 wurde die Ehe geschieden. | |
| Lange hatte Yiğit einen Flüchtlingsstatus, den ihm die französischen | |
| Behörden erteilten. Als 2013 in der Türkei die Proteste gegen das | |
| Erdoğan-Regime aufkeimten, hatte er die Hoffnung, bald in seine Heimat | |
| zurückkehren zu können. Er sagt, die Ausländerbehörde habe ihm damals | |
| geraten, seinen Flüchtlingsstatus abzugeben. Und das tat er. Doch sicherer | |
| wurde es in der Türkei nicht. Yiğit blieb und erhielt eine befristete | |
| Aufenthaltserlaubnis. | |
| ## Ein „Like“ genügt | |
| Dass sich an der Situation für Regimekritiker nichts geändert hat, macht | |
| die Aktualisierung der Reisehinweise für die Türkei des Auswärtigen Amts | |
| deutlich. Seit Dienstag warnt die Behörde, dass regierungskritische | |
| Kommentare in sozialen Medien zu Festnahmen führen können. Schon ein „Like�… | |
| unter einem fremden Beitrag könne ausreichen. | |
| Der Staatsbesuch von Präsident Erdoğan im September verdeutlichte Yiğits | |
| Verhältnis zur türkischen Regierung. Auf der Pressekonferenz von | |
| Bundeskanzlerin Angela Merkel und Erdoğan führten Sicherheitsbeamte ihn aus | |
| dem Raum, weil er ein T-Shirt trug, auf dem „Gazetecilere Özgürlük – | |
| Pressefreiheit für Journalisten in der Türkei!“ stand. | |
| Erdoğan beobachtete die Szene lächelnd. Yiğit gehörte auch zu den | |
| JournalistInnen, denen beim G20-Gipfel trotz Akkreditierung die | |
| Zugangsberechtigung zum Bundespressezentrum entzogen wurde. | |
| ## Angst vor Asylfalle | |
| Er ist überzeugt, dass er mit der Abschiebung für seine Vergangenheit | |
| bestraft werden soll, die Begründungen nur ein Vorwand sind. Während seiner | |
| Anfangszeit in Deutschland hielt Yiğit noch Kontakt zu seinen linken | |
| Genossen. In einem von ihm angemieteten Büro fand die Polizei 1996 mehrere | |
| Waffen. Yiğit bestreitet, dass es seine waren, er habe seinen Genossen | |
| lediglich einen Gefallen getan. „Das ist nun 20 Jahre her“, sagt er. „Ich | |
| bin mir meiner Fehler bewusst und habe teuer dafür bezahlt.“ Mehr als zwei | |
| Jahre saß er in Haft, sagte sich danach von jeglichen politischen | |
| Organisationen los und ließ sich nichts mehr zu Schulden kommen. | |
| Trotzdem scheint es nun so, als wäre ein Asylantrag Yiğits einzige Chance, | |
| in Deutschland zu bleiben. Doch Yiğit weigert sich. „Die wollen mich nur in | |
| die Asylfalle locken“, sagt er. „Dann fängt alles von vorne an und ich muss | |
| vielleicht umziehen. Ich kenne diese Bürokratie.“ Außerdem müsste Yiğit a… | |
| Asylberechtigter seinen türkischen Pass abgeben und das will er nicht. | |
| „Dann kann ich nicht mehr in die Türkei reisen“, sagt er. „Aber irgendwa… | |
| wird die Ära Erdoğan zu Ende sein und dann möchte ich in meine Heimat | |
| zurückkehren.“ | |
| Eine Sprecherin der Ausländerbehörde wollte sich aus datenschutzrechtlichen | |
| Gründen nicht zu dem Fall äußern. Yiğit will sein weiteres Vorgehen Anfang | |
| kommender Woche mit seinem Anwalt besprechen. In jedem Fall werde er | |
| Widerspruch einlegen. „Ich werde auf mein Recht bestehen“, sagt er. | |
| 29 Oct 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://blogs.taz.de/hausblog/berichterstattung-im-fall-adil-yigit/ | |
| ## AUTOREN | |
| Marthe Ruddat | |
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