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# taz.de -- Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege: Der Mann, der heilen will
> Der Arzt aus dem Kongo ist Pionier der Rettung von Opfern sexueller
> Folter. Trotz aller Anfeindungen lässt er sich nicht von seinem Weg
> abbringen.
Bild: Immer wieder wurde Denis Mukwege als Präsidentschaftskandidat gehandelt,…
Als Denis Mukwege den Friedensnobelpreis bekam, war er gerade bei der
Arbeit: im OP-Saal seines Krankenhauses in Kongos Millionenstadt Bukavu.
„Ich war am Operieren, als plötzlich die Leute zu schreien begannen“,
berichtete der Arzt. „Ich kann in den Gesichtern der Frauen sehen, wie
glücklich sie sind, anerkannt zu werden. Es war überwältigend.“
Denis Mukwege, so begründete das Nobelpreiskomitee seine Entscheidung, „ist
national und international das vorderste und einigendste Symbol des Kampfes
zur Beendigung von sexualisierter Gewalt in Krieg und in bewaffneten
Konflikten.“ Der Kongolese ist weltberühmt dafür, in Bukavu Opfer
unvorstellbarer sexualisierter Folter zu behandeln – einer bewährten
Kriegstaktik in den endlosen Konflikten im Osten der Demokratischen
Republik Kongo. Flüchtige Täter des ruandischen Völkermordes, Dorfmilizen,
unbezahlte Soldaten: sie alle ergötzen sich seit Jahrzehnten daran, andere
zu erniedrigen, indem sie die Frauen des Feindes halb zu Tode foltern.
Zehntausende Überlebende hat Mukwege gerettet; sein Panzi-Krankenhaus in
Bukavu ist neben dem von der Britin Lyn Lusi aufgebauten Hilfswerk „Heal
Africa“ in Goma eine der wenigen Einrichtungen, die im Kongo diese
Kombination von Chirurgie, Gynäkologie und Traumabehandlung anbieten.
Geplant war das nicht. Mukwege, geboren 1955 in Bukavu als Sohn eines
protestantischen Pastors, begann seine Laufbahn im Krankenhaus der
ostkongolesischen Kleinstadt Lemera. Dort, erzählte er später, traf er auf
ein Problem, um das sich damals in den 1980er Jahren niemand kümmerte: den
Mangel an Unterstützung für Frauen bei der Geburt. Bei Komplikationen
verbluteten sie oder erlitten schwerste Schäden, die sie inkontinent
machten. Der junge Arzt ließ sich fortbilden und wurde zum Pionier in der
Behandlung solcher Probleme.
Als 1996 im Ostkongo Krieg ausbrach, weil Ruanda auf der Jagd nach
flüchtigen Völkermordtätern im Kongo einmarschierte, erschossen Rebellen
des Vaters des heutigen kongolesischen Präsidenten im Krankenhaus von
Lemera 30 Patienten in ihren Betten, und Mukwege floh nach Bukavu. Mit
schwedischer Hilfe entstand eine Notklinik: Panzi. Sie überstand die Wirren
der Kriegsjahre und existiert bis heute.
Der Friedensnobelpreis ist eine der wenigen internationalen
Auszeichnungen, die Mukwege noch nicht erhalten hatte. Als Preisträger
bezieht er oft Stellung: gegen die Gewalt im Kongo, gegen die
Komplizenschaft des eigenen Staates und der Welt. Im persönlichen Umgang
zurückgezogen und überhaupt kein Volkstribun, wurde Mukwege zum Symbol
einer mutigen Zivilgesellschaft. Kongos Regierung gefiel das nicht. Als das
EU-Parlament Mukwege 2014 den [1][Sacharow-Preis] für Menschenrechte
zusprach und 2015 Thierry Michel den Film „Der Doktor, der die Frauen
repariert“ über ihn drehte, überzog Kongos Regierung das Panzi-Krankenhaus
mit [2][willkürlichen Steuernachforderungen]; der Film wurde im Kongo
[3][verboten].
Immer wieder wurde Mukwege als Präsidentschaftskandidat gehandelt, aber der
Arzt ließ sich nie in Kongos Politik hineinziehen. Das macht den Nobelpreis
nicht weniger politisch. Als er verkündet wurde, traf in Kongos Hauptstadt
Kinshasa gerade der UN-Sicherheitsrat ein, um mit der Regierung über den
Vorlauf der Wahlen im Dezember zu streiten. Kongos Regierung konnte da gar
nicht anders, als den Preis zu begrüßen: „Die Regierung beglückwünscht
Doktor Mukwege“, sagte ihr Sprecher, „obwohl wir oft unterschiedlicher
Meinung gewesen sind.“
5 Oct 2018
## LINKS
[1] /Sacharow-Preis-fuer-Kongolesen/!5030449
[2] /Panzi-Krankenhaus-im-Kongo-schikaniert/!5024807
[3] /Filmzensur-in-der-DR-Kongo/!5226729
## AUTOREN
Dominic Johnson
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