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# taz.de -- Australien arbeitet Kindesmissbrauch auf: „Für immer eine Schand…
> Australiens Regierung entschuldigt sich bei den Opfern von sexuellem
> Kindesmissbrauch. Doch vielen reicht auch die geplante Entschädigung
> nicht.
Bild: Premierminister Scott Morrison vor seiner Entschuldigungsrede im Parlament
CANBERRA taz | Der australische Premierminister Scott Morrison hat sich im
Namen der Regierung bei Zehntausenden Opfern von Kindesmissbrauch in seinem
Land entschuldigt. Er folgte damit der Empfehlung einer
Untersuchungskommission, die fünf Jahre lang den [1][sexuellen Missbrauch
von Kindern] über mehrere Jahrzehnte in staatlichen und kirchlichen
Einrichtungen untersucht hat.
„Weshalb wurden die Kinder unserer Nation nicht geliebt, gefördert und
geschützt. Weshalb wurde ihr Vertrauen betrogen? Weshalb haben jene, die
von den Verbrechen wussten, sie verschleiert?“ So leitete Morrison die
historische Entschuldigung im Parlament ein. „Es tut uns leid“, so der
Regierungschef an die Adresse von Hunderten Überlebenden sexuellen
Missbrauchs – und an jene, die nicht mehr lebten. „Das wird für immer eine
Schande für uns sein.“
Über 70 Jahre lang hatten Pfarrer, Priester, Laienprediger, Lehrer,
Pfadfinderleiter und andere Autoritätspersonen Tausende von Kindern
missbraucht – meist sexuell. „Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für
Monat, Jahr für Jahr, Jahrzehnt für Jahrzehnt“ habe es in Schulen, Kirchen,
Jugendgruppen und anderen Institutionen Missbrauch gegeben.
Ein großes Problem sei die vor allem in der katholischen Kirche
praktizierte Vertuschung gewesen, hatte die Kommission geurteilt. Nicht nur
seien die Beschwerden von Kindern und Eltern von der kirchlichen Hierarchie
abgewiesen worden.
## Versetzung statt Anklagen von Verdächtigen
Verdächtige seien in andere Kirchgemeinden versetzt worden, wo sie weiter
Kinder missbrauchen konnten – oft jahrelang, schrieb die Kommission. Die
allermeisten Täter sind nie zur Rechenschaft gezogen worden.
Während die Kommission mehr als 1.000 Opfer interviewte und das Schicksal
von mehr als 15.000 Menschen dokumentierte, gehen Selbsthilfeorganisationen
von bis zu 60.000 Betroffenen aus. Viele leiden bis heute unter den Folgen,
oft noch Jahrzehnte nach der Tat. Andere nahmen sich aus Scham das Leben.
Unter den Betroffenen sind auch viele Ureinwohner, die Aborigines. Bis in
die 70er Jahre wurden etliche Kinder von Aborigines ihren Eltern
weggenommen und in kirchliche Heimen gesteckt. Dort drohte ihnen
sexueller, körperlicher und psychischer Missbrauch.
Der damalige Premierminister Kevin Rudd hatte sich 2008 in einer ähnlichen
Zeremonie bei den Überlebenden der sogenannten „gestohlenen Generationen“
für die frühere Politik entschuldigt.
Die Untersuchungskommission hatte auch eine finanzielle Entschädigung sowie
ein Museum zum Gedenken an die Opfer angeregt. Beides will die Regierung
umsetzen
## Kritik an ungenügender und bürokratischer Entschädigung
Doch viele geladene Gäste blieben der Zeremonie im Parlament fern. Sie
protestierten so damit gegen die ihrer Ansicht nach ungenügend und
bürokratisch gehandhabte Kompensation der Opfer.
Betroffene können sich für Entschädigungen von umgerechnet 6.000 bis 92.000
Euro bewerben. Auch gibt es Programme für psychologische Beratung, sowie
die Möglichkeit einer direkten, persönlichen Entschuldigung durch die
Institution, der ein Täter angehört hatte.
Vielen Opfern geht es nicht in erster Linie um finanzielle
Wiedergutmachung, sondern sie fordern Gesetze, die Kinder besser vor
Missbrauch schützen sowie eine konsequentere Verfolgung von Tätern.
Auch die Position der katholischen Kirche, weiter am Beichtgeheimnis
festzuhalten, ist umstritten. Die Untersuchungskommission hatte stattdessen
empfohlen, dass Priester, die während der Beichte von einem Fall von
Kindesmissbrauch erfahren, bei der Polizei Anzeige erstatten sollten.
22 Oct 2018
## LINKS
[1] /Ein-Jahr-Haft-fuer-Erzbischof-in-Australien/!5518813
## AUTOREN
Urs Wälterlin
## TAGS
Australien
Kindesmissbrauch
Entschuldigung
Sexuelle Gewalt
Entschädigung
Kevin Rudd
Buddhismus
sexueller Missbrauch
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