# taz.de -- Die Wochenvorschau: Schrippen statt Wecken und ein Jubiläum ohne O… | |
> Wolfgang Thierse will seine alte Heimat zurück, Bauhaus kann auch ohne | |
> den alten Standort feiern und andere wollen trotz neuen Standorts keine | |
> Gemütlichkeit. | |
Bild: Was würden Sie hier eher bestellen? Eine Wecke oder eine Schrippe? | |
Es sind Schulferien, mal wieder, die Stadt ist schön leer, viele | |
Zugezogene, besonders jene mit Kindern, sind entweder weit weg oder in die | |
kleinen Dörfer und Städte ausgewichen, in denen sie aufgewachsen sind. Da | |
passt es ganz gut, dass die Debatte um den Begriff Heimat, der derzeit mal | |
wieder in aller Munde ist, auch in Berlin fortgesetzt wird. Am heutigen | |
Montag beispielsweise diskutiert man auf einem Podium in der Katholischen | |
Akademie in Mitte mit dem ehemaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse | |
(SPD) über dieses Thema, Anlass ist sein 75. Geburtstag. | |
Aber Moment mal, war da nicht was? War es nicht eben jener Ur-Berliner | |
Thierse, der vor fünf Jahren kübelweise Spott über sich ergehen lassen | |
musste, nachdem er die im Prenzlauer Berg lebenden Schwaben dazu | |
aufgefordert hatte, beim Bäcker bitte sehr keine Wecken, sondern lieber | |
[1][Schrippen] zu bestellen? Wäre es nicht umso erfrischender, wenn der | |
Heimatbegriff trotz SPD-Krise und AfD weiterhin in den aufgeklärten Kreisen | |
dieses Landes auf dem Index stünde? | |
## Heimatlosigkeit: schmerzhaft, produktiv | |
Dass Heimatlosigkeit ein vielleicht manchmal schmerzhafter, aber auch | |
produktiver Zustand sein kann, dass es außer in der deutschen fast in | |
keiner Sprache der Welt ein Wort für Heimat gibt, das ist eine | |
Binsenweisheit, die man in Zeiten wie diesen aber dennoch gar nicht oft | |
genug in diese kaputte Welt posaunen kann. Ähnlich wird hoffentlich auch | |
Kultursenator Klaus Lederer am Mittwoch argumentieren, wenn er über die | |
anstehenden Festivitäten anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des | |
Bauhauses in Berlin im nächsten Jahr berichten wird. Das Problem ist | |
nämlich, dass das Bauhaus-Archiv wegen Um- und angrenzenden Neubaus | |
geschlossen ist. Das Ganze wird vermutlich erst 2022 fertig werden. Man | |
wird also aus der Not der aktuellen Heimatlosigkeit eine erfinderische | |
Tugend machen müssen – bestimmt wird es dadurch nicht langweiliger. | |
Eine neue Heimat in der Zinnowitzer Straße hingegen bekommt jetzt nach | |
jahrelangen Auseinandersetzungen die Hochschule für Schauspielkunst Ernst | |
Busch, am Freitag steigt die dazugehörige Einweihungsparty. Lange war es | |
nicht für möglich gehalten worden, dass die Hochschule das Gebäude | |
überhaupt je beziehen würde, es gab Kostenexplosionen und | |
Neubaubesetzungen, die vier Studiengänge Schauspiel, Regie, Zeitgenössische | |
Puppenspielkunst und Choreografie arbeiteten unter erschwerten Bedingungen | |
über die ganze Stadt verstreut. Damit das Ganze jetzt, da alles fertig ist, | |
aber nicht allzu gemütlich nach wohl verdienter Ankunft müffelt, erinnert | |
der markanteste Teil des Neubaus an eine unfertige [2][Holzkiste], er kommt | |
mehr wie eine Mischung aus coolem Club und Start-up daher denn als | |
altehrwürdige Hochschule. | |
## Auch wir ziehen um | |
Ach, übrigens: Auch wir tazler fangen ja in dieser Woche an, umzuziehen. | |
Wäre schade, wenn wir jetzt melancholisch würden, statt die [3][neue | |
Nachbarschaft] in der Südlichen Friedrichstadt als Denkanstoß zu begreifen. | |
22 Oct 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Provokation/!5076302 | |
[2] /Neues-Haus-fuer-Ernst-Busch/!5541694 | |
[3] /Die-taz-zieht-um-ins-neue-Haus/!5539549 | |
## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
## TAGS | |
Heimatministerium | |
Heimat | |
Wochenvorschau | |
Wochenvorschau | |
40 Jahre taz | |
Innenministerium | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wochenvorschau für Berlin: Linke Antworten gesucht | |
Bei den Linken steht die Wiederwahl der Parteichefin an, im Innenausschuss | |
sind Berlins Gangs das Thema. Und sonst so? | |
Die taz zieht um ins neue Haus: Unsere neuen Nachbarn | |
Von der Rudi-Dutschke-Straße nur ein paar hundert Meter weiter in die | |
Friedrichstraße 21 – und doch in eine andere Welt. Ein Rundgang. | |
Lebensqualität in Stadt und Land: Heimat, oh Heimat | |
Die Heimatabteilung des Bundesinnenministeriums hat offiziell ihre Arbeit | |
aufgenommen. Was versteht Horst Seehofer (CSU) unter Heimat? | |
Provokation: Thierse sagt zum Abschied laut Ade | |
Wolfgang Thierse, der schon ewig in Prenzlauer Berg lebt, schimpft über | |
Süddeutsche, die beim Bäcker keine Schrippen bestellen, sondern Wecken. | |
Droht Berlin die nächste Schwaben-Debatte? |