Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Protest gegen Dr. Oetker: „Qualfleisch“ auf Tiefkühlpizzen
> Die Albert Schweitzer Stiftung kritisiert den Bielefelder
> Nahrungsmittelkonzern dafür, Tierquälerei zu dulden. Das Unternehmen
> wehrt sich.
Bild: Tiefkühlpizzen sieht man nicht an, woher das Fleisch kommt und wie die T…
Berlin taz | Es ist noch dunkel, als Nicolas Thun und seine Kollegen einen
drei Meter hohen Pizzakarton aufbauen und eine große Figur in Form eines
toten Huhns hinein montieren. Damit protestiert die Albert Schweitzer
Stiftung am Morgen des 27. September vor der Konzernzentrale des
Nahrungsmittelherstellers Dr. Oetker in Bielefeld. Die Organisation will
auf die schlechten Lebensbedingungen der schätzungsweise jährlich drei
Millionen Masthühner hinweisen, deren Fleisch auf Tiefkühlpizzen des
Unternehmens landet.
Der Dr. Oetker-Konzern ist weltweit in rund 40 Ländern aktiv. Das
Familienunternehmen beschäftigt allein in Deutschland über 4.000 Leute.
Tiefkühlpizzen gehören zu den erfolgreichsten Produkten – das Unternehmen
ist in Deutschland Marktführer. Die Albert Schweitzer Stiftung ist eine
[1][im Jahr 2000 gegründete Tierschutz- und Tierrechtsorganisation]. Sie
setzt sich gegen Tierquälerei, für die Abschaffung der Massentierhaltung
und die Verbreitung der veganen Lebensweise ein.
„Den Leuten läuft beim Anblick einer Pizza das Wasser im Mund zusammen,
aber wenn man die leidenden Tiere sieht, zieht sich einem das Herz
zusammen“, sagt Aktivist Thun. Die Tiere leiden unter „angezüchtetem
Turbo-Wachstum“, zu wenig Platz, fehlender Beschäftigung und qualvollen
Betäubungspraktiken bei der Schlachtung, sagt er.
Daher verlangt die Albert Schweitzer Stiftung von der Oetker-Gruppe, nur
noch Hühner zu verwenden, bei deren Aufzucht die [2][Kriterien der
Europäischen Masthuhn-Forderung] angewendet wurden. Auf diese
Mindestkriterien haben sich zahlreiche Tierschutzorganisationen
verständigt, um die größten Probleme in der Hühnermast zu beseitigen. Rund
100 große Unternehmen aus den USA und Europa, darunter Danone, Nestlé und
Unilever, haben angekündigt, nur noch Hühner verarbeiten zu wollen, die
diesen Richtlinien entsprechend aufgewachsen sind.
## Qual oder Qualität
„Dr. Oetker hat uns auf Nachfrage mitgeteilt, sich vorerst nicht an einer
Umsetzung der Europäischen Masthuhn-Forderung zu beteiligen . Das ist sehr
enttäuschend“, erklärt Thun. Der Konzern halte sich an die gesetzlichen
Mindeststandards, aber die seien viel zu lasch. Das Unternehmen müsse sich
ernsthaft darum bemühen, das Leid der von ihm verarbeiteten Tiere zu
verringern. Dr. Oetkers Werbeslogan „Qualität ist das beste Rezept“ ist
unangemessen, findet Thun. „Passend wäre wohl eher der Slogan ‚Qual ist das
beste Rezept‘.“
In einer Stellungnahme weist Dr. Oetker die Vorwürfe entschieden zurück,
Fleisch von nicht artgerecht gehaltenen Tieren zu verarbeiten. Man setze
sich aktiv für eine artgerechte Tierhaltung ein und orientiere sich an
„deutlich aggressiveren“ Standards als die Albert Schweitzer Stiftung
fordert. „Wir haben alle das gleiche Ziel“, erklärte Sprecher Jörg
Schillinger.
Das Unternehmen verweist darauf, bereits seit Ende 2016 Hähnchenfleisch mit
dem [3][„Beter Leven“-Siegel] zu verwenden. Dieses gehe „über die in der
Europäischen Masthuhn-Forderung aufgezählten Standards noch hinaus“, heißt
es in der Erklärung. Das niederländische Siegel setzt voraus, dass
Mastbetriebe die Hühner mindestens 56 Tage aufziehen bevor sie geschlachtet
werden – und nicht wie in der konventionellen Mast üblich 28 bis 42 Tage.
Die Albert Schweitzer Stiftung hält Dr. Oetkers Vorgehensweise für
unzureichend, weil nur 20 Prozent des gekauften Fleisches diesem Standard
genügen. Man arbeite daran, den Anteil zu erhöhen, entgegnet das
Unternehmen – konnte aber keine konkreten Angaben zum Zeitpunkt machen.
Indes transportiert der aktuelle Protest aus Sicht der Stiftung lediglich
eine Minimalforderung an Dr. Oetker. „Das sind kleine Schritte. Noch toller
würden wir es finden, wenn Tiere gar nicht mehr getötet werden“, erklärte
Thun. Die Aktion wird am Freitag und Samstag in der Bielefelder Innenstadt
fortgesetzt.
28 Sep 2018
## LINKS
[1] https://albert-schweitzer-stiftung.de/
[2] https://lebensmittel-fortschritt.de/europaeische-masthuhn-forderung
[3] https://www.bundestag.de/blob/488970/68678190e6787d9a893a218b3f81c0c0/wd-5-…
## AUTOREN
Andrew Müller
## TAGS
Tierquälerei
Gütesiegel
Hühner
Tierhaltung
Pizza
Massentierhaltung
Massentierhaltung
Tierschutz
Fleischkonsum
Landwirtschaft
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kampagne „Fleischskandal bei Lidl“: Tod im Kot
Tierschützer*innen zeigen Missstände in einer Hühnermast im Emsland an.
Sie wollen Lidl dazu bringen, sich der Masthuhn-Initiative anzuschließen.
Prozess gegen Tierschützer: Keine Nothilfe für die Puten
Massentierhaltung rechtfertigt keine Straftaten, meint das OLG Stuttgart.
Tierquälerei sei wegen des Wunschs nach billigem Fleisch „sozial adäquat“.
Julia Klöckner über Tiere als Essen: „Fleisch nicht nur für Besserverdiene…
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner lehnt höhere Steuern auf
Fleisch ab. Tierquälerei in Ställen will sie in erster Linie durch ein
neues Siegel bekämpfen.
Klage gegen Groß-Hühnerställe: Schöne Zahlen für Mäster
Der Umweltverband BUND klagt gegen die Genehmigung zweier großer Ställe in
Niedersachsen: Die Investoren hätten nicht genug Land, um Futter zu
produzieren.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.