# taz.de -- Neues Album von Jungle: Ohrwurm-Spezialisten | |
> Das Neofunk-Kollektiv Jungle versucht sich auf dem Album „For Ever“ an | |
> der Melancholie. Eingeflossen ist jede Menge privates Drama. | |
Bild: Keine Scheu vor viel Gefühl: die Band Jungle | |
2013 ging ein Video um die Welt: Darin war das kleine B-Girl Terra zu | |
sehen, das zeigte, welche Moves es zu hypnotischen Danceklängen als | |
Breakdancerin draufhatte. So inszenierte das junge britische Duo Jungle, | |
dessen Mitglieder sich damals lediglich nach den Initialen ihrer Vornamen J | |
und T nannten, den Clip zum Song „Platoon“ – der Grundstein für einen | |
Internethype. | |
Die beiden Londoner Tom McFarland und Josh Lloyd-Watson entzückten sehr | |
viele Indiefans mit ihrem eigenwillig-euphorischen Neo-Soul, der mal | |
Richtung Funk, mal Richtung Disco strebte. Ihr Mix kommt bei Fans und | |
Kritik gleichermaßen an. Für ihr Debütalbum „Jungle“, von dem mehr als e… | |
halbe Million Exemplare verkauft wurden, heimsten die Briten eine | |
Nominierung für den Mercury Prize ein. Eine Einladung zum Glastonbury | |
Festival war die logische Folge. | |
Da sich Lloyd-Watson, 28, und McFarland, 29, mit dem Gedanken schwertaten, | |
bloß an Computern auf der Bühne zu schrauben, stockten die beiden Jungle | |
für Konzerte zum siebenköpfigen Bandkollektiv auf. „Tom und ich sind nach | |
wie vor das Herzstück“, stellt Lloyd-Watson klar. „Es ist schwer genug, | |
unsere beider Emotionen in Musik zu kanalisieren. Ich wüsste nicht, wie wir | |
die Gefühlswelten von sieben Menschen unter einen Hut bringen sollten.“ | |
Schließlich lieferte allein sein Privatleben jede Menge Drama, das in das | |
kürzlich erschienene Album „For Ever“ eingeflossen ist. Beim Interview | |
erzählt Lloyd-Watson davon, wie er sich in eine Frau verliebte und zu ihr | |
nach Los Angeles zog. Die Beziehung zerbrach. Von Heimweh geplagt, kehrte | |
er reumütig nach London zurück, wo sein Kumpel Tom ebenfalls eine Trennung | |
durchgemacht hatte. In den „Jungle“-Stücken träumen sich die Musiker ins | |
Ausland; einer ihrer Sehnsuchtsorte ist trotz allem Kalifornien. Die Texte | |
erzählen Schwänke aus dem Leben. „Diesmal sind die Gefühle glaubwürdig“, | |
sagt Lloyd-Watson. | |
## Stillstand war nie ihr Ding | |
Zeilen wie: „Ask me to stay, but you won’t say it like that“, klingen | |
allerdings nicht besonders tiefsinnig. Dafür etabliert sich in der Musik | |
eine gewisse Melancholie. Andererseits stellen Songs wie „Heavy, | |
California“ und „Smile“ unter Beweis, dass Jungle locker-leichte Ohrwürm… | |
immer noch am besten beherrschen. Sie nehmen ihre Hörer auf eine emotionale | |
Achterbahnfahrt mit und liefern mit „(More and More) It Ain’t Easy“ einen | |
sehr bewegenden Popsong. Er ist einem engen Freund gewidmet, der ermordet | |
wurde. „Sein Tod“, grübelt McFarland, „hat uns dazu gebracht, sehr inten… | |
über uns selbst nachzudenken. Wir haben uns gefragt, wer wir eigentlich | |
sind oder warum wir bestimmte Dinge tun.“ | |
So entwickelten sich die zwei Schulfreunde von der Latymer Upper School in | |
Hammersmith weiter – nicht nur musikalisch. Stillstand war eh nie ihr Ding, | |
künstlerisch haben sie sich bereits in den unterschiedlichsten Genres | |
ausprobiert. | |
Bevor sie 2013 Jungle gründeten, waren sie Mitglieder der Indierockband | |
Born Blonde. Lloyd-Watson spielte Bass, McFarland Keyboard. „Damals waren | |
wir zu sehr auf den kommerziellen Erfolg aus“, gesteht McFarland. „Das | |
konnte auf Dauer nicht funktionieren.“ Heute interessieren ihn | |
Chartpositionen nicht mehr: „Ich bin einfach glücklich, dass wir weiterhin | |
Alben veröffentlichen können, die voll und ganz unseren Vorstellungen | |
entsprechen.“ | |
2 Oct 2018 | |
## AUTOREN | |
Dagmar Leischow | |
## TAGS | |
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