# taz.de -- Mail aus Österreichs Innenministerium: Weniger Infos für kritisch… | |
> Österreichs Innenministerium verschickt an die Polizei Weisungen über den | |
> Umgang mit kritischen Medien. Wer unbequem ist, kriegt weniger Infos. | |
Bild: Sein Ministerium verschickt die brisante Mail: Herbert Kickl | |
Wien taz | Österreichs Innenminister will die Medien an die Kandare nehmen. | |
Das Ministerium von Herbert Kickl (FPÖ) hat am Montag mit einer E-Mail an | |
die Pressestellen der Landespolizeidirektionen für Wirbel gesorgt. In dem | |
Schreiben wird „angeregt“, die Kommunikation mit „kritischen Medien“ auf | |
„das nötigste (rechtlich vorgesehene) Maß zu beschränken“. | |
Namentlich werden die Tageszeitungen Der Standard und Kurier sowie die | |
Wochenzeitung Falter genannt, die durch „sehr einseitige und negative | |
Berichterstattung über das BMI beziehungsweise die Polizei“ aufgefallen | |
seien. Der Falter deckt immer wieder Skandale im Bereich der Exekutive auf. | |
Der Standard berichtet regelmäßig über FPÖ-Politiker, die in den sozialen | |
Medien durch Nazi-Nostalgie auffallen. Zuletzt berichtete er über [1][die | |
engen Verflechtungen] mehrerer FPÖ-Minister mit dem Waffenproduzenten | |
Gaston Glock. | |
Den unbequemen Medien solle man „nicht noch Zuckerln“ ermöglichen, wie | |
beispielsweise Exklusivbegleitungen. Ausdrücklich gelobt wird der | |
Privat-Kanal ATV, der ab Januar in einer Serie „Live PD“ seinen Seherinnen | |
und Sehern den Polizeialltag nahebringen will: „Jede Folge wird abgenommen | |
und geht erst nach positiver Abnahme auf Sendung. Es handelt sich dabei um | |
imagefördernde Öffentlichkeitsarbeit, bei der die Themen im Studio von uns | |
bestimmt werden können.“ | |
Kickl wünscht sich also Propagandainstumente, die seine Taten und die der | |
Uniformierten preisen. Dass es bei der Arbeit der Pressestellen auch darum | |
geht, die Angst vor Ausländern zu schüren, verrät eine weitere Anweisung in | |
dier Email, deren Existenz vom Ministerium bestätigt wird. In Zukunft | |
sollen in Pressekommuniqués über Straftaten die Staatsbürgerschaft und der | |
Aufenthaltsstatus von Verdächtigen explizit genannt werden. Besonders | |
Sexualdelikte seien verstärkt zu kommunizieren: „Vor allem Taten, die in | |
der Öffentlichkeit begangen werden, besondere Modi Operandi (zum Beispiel | |
Antanzen) aufweisen, mit erheblicher Gewalteinwirkung oder Nötigungen | |
erfolgen oder wenn zwischen Täter und Opfer keine Verbindung besteht.“ | |
Diese Informationen sollten auch „proaktiv ausgesendet“ werden, heißt es. | |
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kritisierte das Innenministerium und | |
sprach sich gegen eine Ausgrenzung bestimmter Medien aus. „Für einen freien | |
und unabhängigen Journalismus im Land tragen besonders Parteien und | |
Regierungsinstitutionen sowie öffentliche Einrichtungen eine hohe | |
Verantwortung. Jede Einschränkung von Pressefreiheit ist nicht akzeptabel“, | |
sagte er am Rande der UN-Vollversammlung in New York. | |
Seine Regierung hat allerdings von Anfang an auf [2][lückenlose „message | |
control“] geachtet. Sie will die Themen vorgeben, über die berichtet wird. | |
Der gewünschte Spin wird bei der Präsentation von neuen Projekten gleich | |
mitgeliefert. Selbst Fotos steuern die Ministerien so weit wie möglich. | |
Kanzler Sebastian Kurz lässt bei seinen Auslandsreisen nur offizielle | |
Fotografen an sich heran und verschickt dann Bilder, die ihn meist in | |
erklärender Pose mit den Großen dieser Welt zeigen. | |
Das Innenministerium beeilte sich nach ersten empörten Kommentaren noch am | |
Montagabend klarzustellen, es handle sich lediglich „um Anregungen und | |
Kommentare ohne jeden Verbindlichkeits- oder gar Weisungscharakter“. Autor | |
sei Ressortsprecher Christoph Pölzl. Minister Kickl sei „weder Auftraggeber | |
noch Empfänger dieser Mitteilung“. Dass Pressesprecher eigenmächtig derart | |
detaillierte Empfehlungen geben, ist unüblich und wenig glaubwürdig. Für | |
die Medienverantwortlichen spricht aus dem Rundschreiben eine neue Qualität | |
der Medienkontrolle. Vom „Fake news“-Vorwurf Donald Trumps ist diese | |
Unterscheidung zwischen „guten“ und „bösen“ Medien nur mehr Nuancen | |
entfernt. | |
In seiner [3][Stellungnahme] wiederholt das Ministerium, dass „der Verdacht | |
der Voreingenommenheit gegenüber gewissen Medien durchaus nicht aus der | |
Luft gegriffen ist“. So habe der Kurier getitelt: [4][„Geheimpapier: Kickls | |
brisante Medienkontrolle“] und Der Standard habe kommentiert: | |
[5][„Innenminister Kickl greift die Medienfreiheit frontal an“]. Dadurch | |
werde „eindeutig der Eindruck erweckt, diese Empfehlungen würden persönlich | |
vom Innenminister stammen und/oder seien zumindest in seinem Auftrag | |
geschrieben worden“. (mit dpa) | |
25 Sep 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://derstandard.at/2000087814367/Pferde-Waffen-und-die-Verbindungen-zwi… | |
[2] /Pressefreiheit-in-Oesterreich/!5516237 | |
[3] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180924_OTS0193/stellungnahme-zur-… | |
[4] https://kurier.at/politik/inland/geheimpapier-kickls-brisante-medienkontrol… | |
[5] https://derstandard.at/2000087994052/Kickl-greift-die-Medienfreiheit-fronta… | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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