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# taz.de -- Lehrer wegen Anti-AfD-Protest verurteilt: Zweifelhafte Richter-Roch…
> Michael Csaszkóczy wird verurteilt, weil er ein Treffen der AfD gestört
> habe. Die Richterin, die ihn verurteilt, ist Schwiegertochter eines
> AfD-Promis.
Bild: Wurde wegen Landfriedensbruchs verurteilt: Michael Csaszkóczy
Stuttgart taz | In Schwaben würde man sagen, die Sache hat „ein
Gschmäckle“. Nach einer AfD-Veranstaltung im Mai in Heidelberg zeigt der
AfD-Landtagsabgeordnete Rüdiger Klos den Realschullehrer und linken
Aktivisten Michael Csaszkóczy wegen Landfriedensbruchs an. Dieser soll die
AfD gestört haben. Csaszkóczy bestreitet das – allein seine Anwesenheit
habe gereicht, dass die AfD die Veranstaltung für nicht öffentlich erklären
wollte. Er sei noch vor Beginn von der Polizei aus dem Saal getragen
worden.
Der Fall geht vor Gericht. Aber fünf Tage vor der Verhandlung wechseln beim
Amtsgericht Heidelberg plötzlich die Geschäftsbereiche. Zuständig ist jetzt
Richterin Julia Glaser. Ein ungewöhnlicher Vorgang, denn es gibt ein Recht
auf den gesetzlichen Richter. Es muss also im Voraus feststehen, welcher
Richter zuständig ist. Csaszkóczys Anwalt wehrt sich mit einer
Umbesetzungsrüge. Er scheitert, auch der Prozess geht verloren. Csaszkóczy
wird durch das Gericht wegen Landfriedensbruch zu einer Geldstrafe
verurteilt.
Csaszkóczy ist kein Unbekannter. Er ist Vorstandsmitglied der Roten Hilfe
und in Heidelberg bei der Antifa aktiv. Staatlichen Stellen ist er deshalb
schon länger verdächtig. 2004 war der Realschullehrer von den Schulbehörden
wegen seiner politischen Ansichten nicht angestellt worden. Csaszkóczy
klagte sich durch die Instanzen. Seit 2007 darf er als Lehrer arbeiten. Das
Oberlandesgericht Karlsruhe sprach ihm später sogar Schadenersatz für das
erlittene Berufsverbot zu.
Ist er damit nun ein linker „Rädelsführer“, den man aus einer öffentlich…
Versammlung entfernen dürfe, wie das Heidelberger Gericht befindet? Sein
Anwalt hält die Begründung für zweifelhaft und kündigt Berufung an, auch
wegen der Richter-Rochade.
## Richterin mit AfD-Prominenz in der Familie
Da wussten Csaszkóczy und sein Anwalt noch nicht: Julia Glaser, die junge
Richterin, die ihn des Landfriedensbruchs für schuldig befand, hat einen
prominenten Schwiegervater: den AfD-Bundestagsabgeordneten Albrecht Glaser.
Dieser erlangte zweifelhafte Bekanntheit, als er die Religionsfreiheit für
den Islam aufheben wollte. Zudem war er als Kandidat der AfD zum
Bundestagsvizepräsidenten durchgefallen.
Dass eine Richterin mit AfD-Prominenz in der Familie bei einem solchen
Verfahren befangen sein könnte, darauf ist das Heidelberger Amtsgericht
offenbar nicht gekommen. Auch die Richterin hielt es nicht für nötig, die
familiäre Verbindung anzuzeigen, wie es die Strafprozessordnung eigentlich
schon beim Anschein einer Befangenheit vorsieht.
Noch skurriler wird der Fall, als [1][die örtliche Zeitung über den Prozess
und seine seltsamen Umstände berichtet]. Denn daraufhin bekommt Richterin
Julia Glaser familiäre Unterstützung. Ihre Mutter schreibt einen
Leserbrief, in dem sie klarstellt, dass das Verfahren von ihrer Tochter
rechtmäßig geführt worden sei. Die stadtbekannte FDP-Politikerin wirft der
Lokalredaktion einseitige Berichterstattung vor.
## Muss Csaszkóczy berufliche Nachteile befürchten?
Das Amtsgericht Heidelberg hat nun einiges zu erklären. Nein, die Kammer
habe nicht gewusst, dass Julia Glaser die Schwiegertochter eines
AfD-Bundespolitikers ist, schreibt die Gerichtspräsidentin in einer
Stellungnahme. Die Änderung des Geschäftsverteilungsplans habe nichts mit
dem Verfahren gegen Csaszkóczy zu tun. Die Richterin habe sich auch nicht
vorstellen können, dass die familiären Beziehungen ein Ablehnungsgrund sein
könnten. Vor allem auch deshalb nicht, weil sie selbst FDP-Mitglied sei und
die politischen Ansichten ihres Schwiegervaters auch nicht teile.
Schließlich beteuert die Richterin noch, sie habe auch den Leserbrief ihrer
Mutter weder selbst geschrieben noch veranlasst.
Michael Csaszkóczy zeigt sich verunsichert über die Vorgänge. Weniger wegen
der 1.600 Euro Strafe, zu der er verurteilt wurde. Den Verlust könne er zur
Not wegstecken, sagt er. Wirklich gefährlich für den Lehrer im Staatsdienst
könnte sein, dass das Kultusministerium eigens einen Beobachter zum Prozess
geschickt hatte. Csaszkóczy weiß aus seinen früheren Erfahrungen: Das ist
ein Zeichen, dass man disziplinarische Maßnahmen gegen ihn prüft. Er hofft,
dass die Sache in der Berufung aus der Welt geschafft wird.
7 Oct 2018
## LINKS
[1] https://www.rnz.de/nachrichten/heidelberg_artikel,-hausfriedensbruch-prozes…
## AUTOREN
Benno Stieber
## TAGS
Schwerpunkt AfD
Baden-Württemberg
Justiz
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