# taz.de -- Bilanz der rechten Demo in Berlin: Weit entfernt von Chemnitz | |
> Für die Neonazis war die Demo am 3. Oktober ein Erfolg. Von Zuständen wie | |
> in Sachsen ist Berlin aber weit entfernt. Das liegt auch am Protest der | |
> Anwohner. | |
Bild: Sie stellten sich den Nazis entgegen: Junge AnwohnerInnen in Mitte am Mit… | |
Rund 1.300 Rechtsextreme sind am Mittwoch durch Berlin marschiert. Am | |
Hauptbahnhof wunderten sich Touristen darüber, zum Tag der Deutschen | |
Einheit in Berlin von aggressiven Neonazis begrüßt zu werden; auf ihrer | |
Route zogen die Rechten durch den Torstraßenkiez an linken Läden wie dem | |
Schokoladen vorbei. | |
Das ist nicht schön. Und man muss es ehrlicherweise als Erfolg für die | |
Rechten werten, denn das Veranstalterbündnis „Wir für Deutschland“ hatte | |
zuletzt nur noch wenige Hundert Menschen zur Teilnahme bewegt. Dass es am | |
3. Oktober wieder deutlich mehr waren, dürfte nicht nur am attraktiven, | |
symbolträchtigen Datum gelegen haben. Die Ereignisse von Chemnitz und | |
Köthen, wo es Rechtsextremen in den vergangenen Wochen fast mühelos gelang, | |
den öffentlichen Raum unter ihre Kontrolle zu bringen, werden auch in der | |
rechten Szene Berlins und Brandenburgs als Erfolge gefeiert. Und Erfolge | |
motivieren. | |
Trotzdem: Am Mittwoch wurde ebenfalls deutlich, dass Berlin für Neonazis | |
nach wie vor alles andere als ein Heimspiel ist. Auch hier gab es unschöne | |
Szenen, vereinzelte Hitlergrüße und aggressive Pöbeleien. Aber anders als | |
etwa in Chemnitz treten Rechtsextreme hier doch deutlich weniger | |
selbstbewusst auf. Das liegt vor allem daran, dass die mehr oder weniger | |
stille Unterstützung aus der Anwohnerschaft fehlt. Stattdessen gibt es | |
Gegenprotest: Obwohl dieses Mal kaum mobilisiert wurde, nahmen mehr als | |
1.000 Menschen an einer Anwohnerkundgebung entlang der Strecke teil. Auch | |
am Rest der Route standen immer wieder Gegendemonstranten, von einem | |
Balkon aus wurde Wasser auf die rechtsextreme Demonstration gekippt. | |
Das ist kein Massenprotest. Aber für die Frage, wie sicher sich | |
Rechtsextreme auf der Straße fühlen können, wie selbstverständlich sie den | |
öffentlichen Raum besetzen, sind auch solche Aktionen entscheidend. Die | |
Rechten konnten am Mittwoch also einen Erfolg verbuchen, aber einen | |
überschaubaren. Sorgen macht allerdings noch etwas anderes: Die | |
rot-rot-grüne Regierung hatte im Koalitionsvertrag versprochen, sich für | |
Gegenproteste in Hör- und Sichtweite einzusetzen, inklusive der | |
rechtzeitigen Veröffentlichung rechtsextremer Aufmarschrouten. Das | |
Gegenteil ist der Fall: Dass die Routen erst kurz vor knapp veröffentlicht | |
werden, ist mittlerweile genauso der Normalfall wie die äußerst weiträumige | |
Absperrung der Routen. Entweder die rot-rot-grüne Koalition hat ihr | |
Versprechen vergessen, oder sie kann sich gegenüber Polizei und | |
Versammmlungsbehörden nicht durchsetzen. Beides spricht nicht gerade für | |
sie. | |
6 Oct 2018 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
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