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# taz.de -- Nach Unfall im Hambacher Forst: NRW-Regierung setzt Räumung aus
> Ein Journalist ist am Mittwoch aus großer Höhe abgestürzt und verstorben.
> Nun wird die Räumung ausgesetzt.
Bild: Entsetzen im Hambacher Forst: Trauernde AktivistInnen nach dem Absturz ei…
Berlin/Hambacher Forst taz | Der Hambacher Forst steht am
Mittwochnachmittag unter Schock. Um kurz vor 16 Uhr ist ein Mann aus etwa
15 bis 20 Metern Höhe abgestürzt. Er landete auf dem Rücken und wurde nach
ersten Angaben der Polizei schwer verletzt. Am frühen Abend gab es dann die
erschütternde Nachricht, dass er seine schweren Verletzungen nicht überlebt
hat.
Kurz darauf dann die Meldung von der NRW-Landesregierung: Die
Räumungsarbeiten im Hambacher Forst werden „bis auf weiteres“ ausgesetzt.
„Wir können jetzt nicht einfach so weitermachen“, sagte NRW-Innenminister
Herbert Reul (CDU) in Düsseldorf.
„Ein Mann, der das Leben der Baumhausbewohner dokumentiert hat, ist ums
Leben gekommen“, sagte Paul Kemen, Sprecher der Polizei Aachen. Er sei
durch mehrere Bretter einer Brücke zwischen zwei Baumhäusern gestürzt.
Obwohl sofort medizinische Rettungsmaßnahmen eingeleitet wurden und ein
Rettungshubschrauber landete, verstarb er noch vor Ort. „Der Vorgang ist
sehr tragisch“, sagte Kemen.
Nach seinen Angaben stand der Fall „in keinem Zusammenhang mit
polizeilichen Arbeiten zur Räumung der Baumhäuser“. Vielmehr habe die
Polizei dabei helfen wollen, eine Speicherkarte des Verunglückten an einen
Kollegen am Boden zu übergeben. „Zu diesem Zweck ist ein Kollege von mir
mit dem Kollegen in Richtung Baumhaus gegangen“, sagte Kemen. „Man
verabredete gerade, wie ein Austausch der SD-Karte erfolgen kann, als der
Mann abstürzte.“
Alle Räumungsmaßnahmen im Wald, der für den Braunkohletagebau von RWE
gerodet werden soll, wurden vorläufig eingestellt. An der abgeschirmten
Unfallstelle herrschten Trauer und Entsetzen – bei AktivistInnen ebenso wie
bei Polizeikräften. Der Unfallort wurde für weitere Ermittlungen
abgesperrt. „Den Bewohnern der Baumhäuser wird jegliche Hilfe angeboten“,
erklärte der Polizeisprecher.
## Unfall während Räumung von Beechtown
Vertreter der WaldbesetzerInnen reagierten erschüttert auf den Todesfall.
„Ich bin zutiefst erschüttert und fassungslos, dass dieser Mensch, der ein
Freund von uns ist und das Leben im Wald dokumentiert hat, heute im
Hambacher Forst sein Leben verloren hat“, sagte eine Aktivistin, die sich
als Kali vorstellte, unter Tränen auf einer kurzfristig einberufenen
Pressekonferenz. Als Konsequenz wurde die Forderung erhoben, die Arbeiten
im Wald einzustellen. „Ich finde nicht, dass hier weiter eine Räumung
stattfinden soll“, sagte Lutz, ein weiterer Aktivist. „Es dürfen keine
weiteren Menschenleben gefährdet werden.“
Ähnlich äußerten sich die Bürgerinitiative Buirer für Buir, die die
WaldbewohnerInnen unterstützt hat, sowie die Initiativen Ende Gelände und
Aktion Unterholz, die zu Protesten im Wald aufgerufen hatten. „Wir sprechen
der Familie und Freunden des Verstorbenen Journalisten unser tief
empfundenes Beileid aus“, erklärten sie auf Twitter. Kein weiterer Mensch
dürfe im Wald zu Schaden kommen. „Wir fordern deshalb die Landesregierung
von Nordrhein-Westfalen auf, die mit massivem Tempo durchgeführte
gefährliche Räumung des Hambacher Forstes sofort zu beenden“, so die
Initiativen.
Die Waldbesetzer reagierten erschüttert auf den Todesfall. „Wir sprechen
der Familie und Freunden des Verstorbenen Journalisten unser tief
empfundenes Beileid aus. Wir trauern um den Menschen.“ Weiter forderten sie
ein Ende der Arbeiten. „Wir fordern die Polizei und RWE auf, den Wald
sofort zu verlassen und diesen gefährlichen Einsatz zu stoppen. Es dürfen
keine weiteren Menschenleben gefährdet werden“, schrieben sie. „Was jetzt
nötig ist, ist ein Moment der Ruhe.“
Der Unfall ereignete sich während der Räumung des Baumhausdorfes
Beechtown. Dort sind die Baumhäuser mit zahlreichen Seilbrücken miteinander
verbunden. Hubsteiger, mit denen die AktivistInnen von Polizisten aus den
Baumhäusern geholt werden, waren nicht in unmittelbarer Nähe des Unfalls im
Einsatz, sondern etwa 20 Meter entfernt.
Die AktivistInnen wollen mit der Waldbesetzung verhindern, dass der Rest
des Hambacher Forstes für den Braunkohletagebau Hambach gerodet wird. Über
mehrere Jahre hatten sie dafür mehr als 50 Baumhäuser errichtet.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Text wurde im Laufe des Abends mehrfach
aktualisiert.
19 Sep 2018
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
Anett Selle
Bernd Müllender
## TAGS
Schwerpunkt Hambacher Forst
Rodung
Unfall
Nordrhein-Westfalen
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Polizei
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