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# taz.de -- SPD-Wahlliste in Bremen: Älter, männlicher, deutscher
> Die Bremer SPD stellt sich für die Landtagswahl auf – die Basis übt
> Kritik, vor allem Frauen und Jusos fühlen sich übergangen. Doch die
> Partei lässt alles so wie geplant.
Bild: Liegt in seiner Partei voll im Trend: Bremer Spitzenkandidat Carsten Siel…
Bremen taz | Am Ende gibt es nur eine einzige, nun ja: Kampfkandidatur auf
diesem SPD-Parteitag. Und zwar um Platz 68, den letzten Platz auf der Liste
derer, die in Bremen-Stadt zur Bürgerschaftswahl kandidieren. Ansonsten
setzen die Sozialdemokraten demonstrativ auf Geschlossenheit: Die Liste
wurde mit großer Mehrheit genau so beschlossen, wie es sich die
Mandatskommission vorher ausgedacht hat.
Das heißt nicht, dass es keine Kritik gegeben hätte, ganz im Gegenteil:
Schon vor dem Parteitag zogen der Ex-Abgeordnete Jens Dennhardt aus
Hemelingen und der profilierte Kulturpolitiker Daniel de Olano aus der
Östlichen Vorstadt ihre Kandidaturen zurück, weil sie ganz am Ende der
Liste antreten sollten – ihre Stadtteile sind schon weiter vorne platziert,
so die parteiinterne Logik.
Elf Genossen wurden ganz aussortiert, sonst wäre der vorgeschriebene
Frauenanteil von 40 Prozent nicht zu erreichen gewesen – nun stehen 35
Männer neben 23 Frauen. Zudem ist auf den aussichtsreichen ersten 20
Plätzen nur eineR der stadtbremischen KandidatInnen jünger als 40, und bis
Platz 15 stehen nur Biodeutsche auf der Liste.
Gerade mal zwölf aller stadtbremischen BewerberInnen haben einen
Migrationshintergrund. Hinzu kommen noch zehn KandidatInnen aus
Bremen-Nord, über die am Samstag auf einem eigenen Parteitag entschieden
wurde.
## Sozialdemokratisches Zeitalter „noch nicht am Ende“
Ex-Innensenator Peter Sakuth, Chef der Mandatskommission, erntete für seine
Kritik an der „fehlenden Bodenhaftung“ der SPDler in der „Berliner
Raumstation“ viel Applaus. Er sieht den „Schulterschluss mit den
Gewerkschaften“ als „vordringliche Aufgabe“ der SPD, auch den
Finanzkapitalismus will er gerne „zähmen“.
Die Zukunft seiner in Umfragen darbenden Partei sieht er positiv: „Das
sozialdemokratische Zeitalter ist noch nicht am Ende.“ Ansonsten lästerte
er über den CDU-Spitzenkandidaten, fand aber für Die Linke lobende Worte.
Und für den nächsten Senat hat der Bauunternehmer auch schon Forderungen:
Das Bauressort müsse wieder „rot“ werden.
Vorne auf der Liste sind alle Funktionsträger gut abgesichert: Da stehen
SenatorInnen, der Unterbezirks- sowie die ParteichefIn, der
Landtagspräsident und der Fraktionschef, dazu die drei
SeiteneinsteigerInnen, zu denen neben dem IG-Metall-Chef Volker Stahmann
auch der frühere Landesvorsitzende Andreas Bovenschulte zählt.
## Arbeiterviertel kaum repräsentiert
Überproportional gut vertreten sind auf der Liste auch die urbanen Zentren,
also die Östliche Vorstadt oder Schwachhausen, die früheren SPD-Hochburgen
Gröpelingen und Walle müssen sich mit je einem sicheren Listenplatz
begnügen, während etwa Kattenturm und Kattenesch gar nicht vertreten sind,
wie ein ehemaliger Abgeordneter von dort monierte. Und Huchting, das
ohnehin nur einen Kandidaten stellt, den Innenpolitiker Sükrü Senkal, ist
erst auf Platz 22 gelistet.
Manche Fachbereiche sind auch hinten runtergefallen: Gesundheitspolitikerin
Stephanie Dehne, die selbst von der Linkspartei gelobt wird, hat auf Platz
28 schlechte Karten. Und der Sprecher des Zentralelternbeirats, Pierre
Hansen aus Gröpelingen, steht nur auf Platz 58. Er sei damit „nicht
glücklich“, sagte er – und plädierte doch dafür, alles so zu lassen wie
vorgeschlagen. Vielleicht sei seine schlechte Platzierung „falsch“ gewesen,
räumte ein Mitglied der Mandatskommission ein.
Scharfe Kritik kam insbesondere von den Frauen und den Jusos. Die Liste
entlarve den SPD-Slogan „jünger, weiblicher, bunter“ als bloßes „Gerede…
kritisierte einer, die Liste sei „extrem überaltert“, schimpfte ein
anderer. Dass kein einzigeR Azubi oder StudierendeR auf einem sicheren
Listenplatz stehe, sei „bedenklich“. Andere Jusos sind resigniert: „Alles
bleibt so, wie es ist“, sagte einer, „und wir wurden wieder übergangen.
Dafür sollen wir Wahlkampf machen?“
Bewirkt hat die Kritik nichts: Versuche, die Liste noch zu ändern, blieben
aus.
23 Sep 2018
## AUTOREN
Jan Zier
## TAGS
SPD Bremen
Schwerpunkt Bürgerschaftswahl Bremen 2023
Carsten Sieling
Bremen
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Grüne Bremen
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