| # taz.de -- Ausstellung „Fan.tastic Females“: Frauen entern die Kurve | |
| > Das FC-St.-Pauli-Museum zeigt eine Ausstellung über weibliche | |
| > Fußballfans. Sie soll die Vielfalt dieser Fankultur sichtbar machen. | |
| Bild: Feiern sich auch gern mal selbst: Frauen in der Fankurve | |
| Hamburg taz | Ein paar Freund*innen überredeten Gülistan Tanrıverdi, mit | |
| ins Stadion zu gehen. „Seit ich die Stimmung bei meinem ersten Spiel erlebt | |
| habe, konnte ich die Tribünen nicht mehr verlassen“, sagt sie. Jedes Spiel | |
| ihres Amed SK in der kurdischen Provinz Diyarbakır besucht sie. Auch, weil | |
| es im Amed-Block anders zugeht als in anderen Stadien. Frauen werde hier | |
| große Wertschätzung entgegengebracht, sagt Tanrıverdi. | |
| Immer wieder steht der kurdische Verein auch im Zentrum politischer | |
| Auseinandersetzungen. Als Ex-St.-Pauli-Spieler Deniz Naki für den Amed SK | |
| spielte und einen Sieg den Opfern des türkisch-kurdischen Konflikts | |
| widmete, belegte der türkische Fußballverband (TFF) ihn zunächst mit einer | |
| Sperre für zwölf Spiele. Mittlerweile ist Naki auf Lebenszeit gesperrt. | |
| Wegen Fangesängen, die angeblich „ideologische Propaganda“ enthielten, | |
| verbot der TFF den Amedspor-Fans lange den Besuch von Auswärtspartien. | |
| „Unser einziger Wunsch ist, dass Amedspor die Meisterschaft gewinnt, um | |
| damit ein Zeichen zu setzen gegen all die Ungerechtigkeiten, die uns | |
| widerfahren“, sagt Tanrıverdi. | |
| Es sind die Geschichten von Frauen wie Tanrıverdi, die die BesucherInnen | |
| der Ausstellung „Fan.tastic Females“ derzeit im Hamburger Millerntorstadion | |
| kennenlernen. „Frauen haben schon lange einen Platz im Fußball“, sagt Antje | |
| Grabenhorst, Bildungsreferentin und eine der Macherinnen. „Das wird aber | |
| oft nicht sichtbar.“ | |
| Die Ausstellung soll das ändern und die „Diversität und Farbenfreude | |
| weiblicher Fankultur sichtbar machen“, so Grabenhorst. Noch bis zum 22. | |
| September ist sie beim FC St. Pauli zu Gast und wird von Vorträgen und | |
| Diskussionsrunden begleitet. Im Anschluss zieht sie weiter ins | |
| Volksparkstadion. | |
| Schon Anfang des 20. Jahrhunderts organisierten sich Frauen in Vereinen und | |
| Verbänden – inoffiziell und gegen großen, vor allem männlichen Widerstand. | |
| Frauen gehörten an den Herd, nach Hause zu den Kindern und nicht auf den | |
| Fußballplatz, lautete meist die Begründung. Erst seit Anfang der | |
| 1970er-Jahre erlaubten europäische Vereine auch Frauen das Fußballspielen | |
| offiziell. | |
| Seit Januar 2018 dürfen Frauen auch in Saudi-Arabien einige Stadien | |
| betreten. Damit ist der Iran heute das einzige Land, in dem weiblichen Fans | |
| der Zutritt weiterhin verwehrt wird. Und obwohl sie auf den Tribünen | |
| weltweit immer mehr Platz einnehmen, werden Fanfrauen oft nicht als | |
| relevante Gruppe wahrgenommen. So mussten die Macherinnen der Ausstellung | |
| erfahren, dass in vielen Ländern keine Zahlen zum Anteil weiblicher Fans in | |
| den Stadien erhoben werden. | |
| „Die Geschichtsschreibung im Fußball wird von Männern dominiert“, sagt | |
| Grabenhorst. Sie selbst ist Anhängerin von Werder Bremen und dort in der | |
| Fanszene aktiv. „Frauen werden oft einfach vergessen, wenn von Fans | |
| gesprochen wird,“ sagt sie. Mit fast 80 Videoporträts und rund acht Stunden | |
| Film rückt die Ausstellung Frauen aus ganz Europa nun in den Mittelpunkt. | |
| Zum Beispiel die Norwegerin Karen Espelund, die sich lange für den | |
| norwegischen Frauenfußball engagierte und 2012 als erste Frau ins | |
| UEFA-Exekutivkomitee berufen wurde. Oder die Belgierin Katriene Van der | |
| Borght, die von ihrem Ex-Freund mit ins Stadion genommen wurde, weil Frauen | |
| am Muttertag kostenloser Eintritt gewährt wurde. Seit der Trennung geht sie | |
| regelmäßig ins Stadion und schenkt dort Bier aus. Es sind Frauen, die in | |
| eine Fußballwelt hineingeboren wurden, Frauen, die bei Ultras aktiv sind | |
| oder Frauen, die sich in Vereinen und Netzwerken engagieren. | |
| Die Porträts sind das Herzstück der Ausstellung. Sie können via QR-Code auf | |
| dem eigenen Tablet oder Handy, mit einem Ticketcode später auch zu Hause | |
| angeschaut werden. „Wir sind ein Jahr lang jeden Monat in ein anderes Land | |
| gereist, um die Fanfrauen zu treffen“, sagt Grabenhorst. | |
| „Fan.tastic Females“ entstand über einen Zeitraum von fast zwei Jahren und | |
| wurde durch FörderInnen und Crowdfunding finanziert. Die Ausstellung | |
| informiert auch ausführlich über die Geschichte von Frauen im Fußball | |
| weltweit. „Wir haben sehr viel Zeit in das Projekt investiert“, sagt | |
| Grabenhorst. „Weil wir so sehr daran geglaubt haben.“ | |
| 17 Sep 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Marthe Ruddat | |
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