# taz.de -- Asylrechtsverschärfung Maghreb-Staaten: Grüne meiden eine Festleg… | |
> Die von den Grünen mitregierten Länder könnten im Bundesrat eine | |
> Verschärfung des Asylrechts verhindern. Doch das Thema ist heikel. | |
Bild: Tarek Al-Wazir (r.) hält sich bei der Diskussion um sichere Herkunftssta… | |
BERLIN taz | Eigentlich sind die Grünen stolz darauf, in der | |
Flüchtlingspolitik klare Kante für Humanität zu zeigen. So lehnen sie zum | |
Beispiel den Plan der Großen Koalition ab, Tunesien, Algerien, Marokko und | |
Georgien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären, um dorthin schneller | |
abschieben zu können. Diese Staaten seien nicht sicher, betont die | |
Bundestagsfraktion der Grünen – und verweist auf | |
Menschenrechtsverletzungen. | |
[1][Doch ganz so klar, wie sie tun, ist die Haltung der Grünen dann doch | |
wieder nicht.] Denn nach wie vor ist offen, ob sie das Gesetz im Ernstfall | |
im Bundesrat blockieren würden – oder ob sie es passieren ließen. Hessens | |
grüner Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir hat es am Dienstag auf mehrfache | |
Nachfrage vermieden, sich zum Abstimmungsverhalten seiner Landesregierung | |
in der Länderkammer festzulegen. | |
Der Bundestag habe bisher kein Gesetz beschlossen, sagte Al-Wazir in | |
Berlin. „Schauen wir mal, was er beschließt. Und dann schauen wir wiederum, | |
wie wir damit umgehen.“ Ein Erfolgsrezept der schwarz-grünen Koalition in | |
Hessen sei, dass man dann, wenn eine Situation eintrete, erstmal intern | |
rede. „Aber das können wir erst machen, wenn was auf dem Tisch liegt.“ | |
In der Tat hat sich das Parlament noch nicht abschließend mit dem Gesetz | |
befasst. Doch eigentlich liegen die relevanten Fakten auf dem Tisch. Das | |
Bundeskabinett hat Mitte Juli einen Gesetzentwurf von Innenminister Horst | |
Seehofer (CSU) beschlossen, der das Vorhaben präzise dokumentiert. Al-Wazir | |
müsste sehr genau wissen, was auf ihn zukommt. | |
## Al-Wazirs Wort hat in dieser Frage Gewicht | |
Der pragmatische Realo steht bei linken Grünen unter Verdacht, bei dem | |
heiklen Thema allzu kompromissbereit zu sein. Er regiert in Hessen mit der | |
CDU, die für die Asylrechtsverschärfung ist – und würde die schwarz-grüne | |
Koalition gerne fortsetzen. Al-Wazirs Wort hat in dieser Frage Gewicht. | |
Die Grünen regieren in neun Bundesländern mit und können deshalb Gesetze im | |
Bundesrat stoppen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried | |
Kretschmann, der ebenfalls mit der CDU regiert, würde für die | |
Asylrechtsverschärfung stimmen – und hat das auch im Koalitionsvertrag | |
vereinbart. Die Große Koalition bräuchte nur noch die Stimmen eines | |
weiteren von den Grünen mitregierten Landes, um das Gesetz durchzubringen – | |
zum Beispiel die von Hessen. | |
Grünen-Chef Robert Habeck verwies am Dienstag nach einer Klausurtagung des | |
Parteivorstandes, bei der Al-Wazir zu Gast war, auf Kriterien des | |
Bundesverfassungsgerichts. Jenes habe sehr klar definiert, wann ein | |
Herkunftsstaat als sicher gelten könne. Nach Auffassung „der meisten Grünen | |
auch in den Ländern“ seien die Kriterien für die Maghreb-Staaten „nicht | |
erfüllt“, betonte Habeck. | |
Al-Wazir räumte ein, dass sich in der Sache nichts verändert habe seit dem | |
letzten Anlauf. „Das ist auch klar.“ [2][Das ist eine Anspielung auf die | |
Situation vor eineinhalb Jahren.] Das Gesetz war im März 2017 schon einmal | |
am Widerstand der Grünen im Bundesrat gescheitert. In den Maghreb-Staaten | |
ist Homosexualität strafbar, immer wieder kommt es zu Misshandlungen gegen | |
Schwule und Lesben – auch durch die Polizei. | |
Die Große Koalition hatte das Gesetz nach der Kölner Silvesternacht 2015/16 | |
aufgelegt, in der es zu sexuellen Übergriffen durch Männer aus Nordafrika | |
kam. | |
4 Sep 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Abstimmung-zu-Asylrechtsverschaerfungen/!5494961 | |
[2] /Deutsche-Asylpolitik/!5387738 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
## TAGS | |
Maghreb | |
Abschiebung | |
Herkunftsstaaten | |
Bündnis 90/Die Grünen | |
Tarek Al-Wazir | |
Schwerpunkt Flucht | |
Annalena Baerbock | |
Horst Seehofer | |
Grüne | |
Schwerpunkt Afghanistan | |
Abschiebung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Flüchtlinge auf dem Mittelmeer: Marokkos Marine schießt auf Boot | |
Eine Frau sei getötet, drei weitere Insassen verletzt worden, teilten | |
marokkanische Behörden mit. Der Kapitän habe nicht auf Anweisungen | |
reagiert. | |
Höhenflug der Grünen: Grün im Glanze dieses Glückes | |
Mit der linksliberalen Offensive gelingt den Grünen gerade fast alles. | |
Selbst der linke Flügel verstummt vorm Vorstandsduo. Doch ist man sich | |
einig? | |
Innenminister Seehofer zu Migration: „Mutter aller politischen Probleme“ | |
Bei einem Treffen der CSU-Landesgruppe äußert sich Horst Seehofer zum Thema | |
Migration. Er bezeichnet die „Migrationsfrage“ als die „Mutter aller | |
Probleme“. | |
Abstimmung zu Asylrechtsverschärfungen: Testfall für grüne Willkommenskultur | |
Die Grünen sehen sich als Bastion für Weltoffenheit. Doch nun droht ein | |
Dilemma im Bundesrat. Steht die Ökopartei zu ihren Überzeugungen? | |
Sicheres Herkunftsland Afghanistan: Krasse Fehleinschätzungen | |
Die Lage im Land sei überwiegend sicher, das Risiko für Abgeschobene | |
gering, findet das Auswärtige Amt. Mit der Realität hat das wenig zu tun. | |
Deutsche Asylpolitik: Nur ein Grüner macht mit | |
Kretschmann will Maghrebländer gemeinsam mit CDU und CSU zu „sicheren | |
Herkunftsstaaten“ machen. Im Bundesrat hat das Gesetz keine Mehrheit. |