# taz.de -- Missstände in Bremer Pflegeeinrichtung: Für die Alten bleibt alle… | |
> Auch nach zweimaligem Betreiberwechsel steht die ehemalige | |
> „Seniorenresidenz“ Kirchhuchting wegen gravierender Mängel unter | |
> Beobachtung der Heimaufsicht. | |
Bild: Allein unterwegs: In Kirchhuchting fehlt unter anderem Personal | |
BREMEN taz | Es kehrt, so scheint’s, immer nur kurzzeitig Ruhe ein in der | |
ehemaligen „Seniorenresidenz“ Kirchhuchting: Denn die Pflegeeinrichtung, | |
die seit dem vergangenen Jahr „Haus Invita“ heißt, steht erneut unter | |
engmaschiger Beobachtung der bremischen Wohn- und Betreuungsaufsicht | |
(Heimaufsicht). | |
Dabei wollte die jetzige Betreiberin, die WH Care Holding GmbH, doch alles | |
besser machen: Im Juni 2017 hatte sie die Einrichtung von der Curata | |
Holding übernommen. Die wiederum hatte die „Seniorenresidenz“ Ende 2015 | |
übernommen und [1][so vor der Schließung bewahrt]. Die stand bevor aufgrund | |
„schwerwiegender Gefahr für Leib und Leben“ für die BewohnerInnen durch | |
massive Mängel bei der Hygiene, der pflegerischen und medizinischen | |
Versorgung sowie in der Pflegedokumentation, so das Bremer Sozialressort. | |
Mit dem neuen Betreiber lief es zwar besser, aber noch lange nicht gut: | |
Trotz des Wechsels hielt die Heimaufsicht an dem verhängten Aufnahmestopp | |
fest und kontrollierte die Einrichtung zunächst engmaschig, später noch | |
mindestens einmal im Monat. Laut Sozialressort lief das Haus „nicht ohne | |
Beanstandung, aber immer in enger Begleitung auf einem Niveau, dass man die | |
Einrichtung nicht schließen musste“. | |
Und dann, im Mai 2017, stieß Curata, sowohl für die Behörde als auch für | |
die Belegschaft [2][überraschend, die „Residenz“ schon wieder ab]. Der | |
kommissarische Einrichtungsleiter für den neuen Betreiber WH Care sagte | |
damals: „Was die vorherigen Betreiber hier veranstaltet haben, war | |
fürchterlich. Wir übernehmen eine Einrichtung ohne Identität und Seele.“ | |
Aber abgesehen von der Namensänderung in „Haus Invita“ scheint sich nicht | |
viel geändert zu haben. „Immer wieder hat es dort kritische Situationen | |
gegeben“, sagt Reinhard Leopold, Gründer der Bremer Angehörigen-Initiative | |
„Heim-Mitwirkung“ und Regionalbeauftragter des Pflegeschutzbundes BIVA. In | |
„Wellenbewegungen“ sei es zwischendurch besser geworden, „vielleicht, weil | |
dann die Heimaufsicht vor Ort war“. Aber dann seien wieder Beschwerden an | |
ihn herangetragen worden. | |
So soll die Heimleitung versäumt haben, dafür Sorge zu tragen, dass | |
Pflegebedürftige den für sie passenden Pflegegrad erhielten. Während | |
PflegerInnen zu fachfremden Arbeiten beispielsweise in der Küche verdonnert | |
worden seien, sollen Schwerstpflegefälle lediglich von einer Pflegehelferin | |
versorgt worden sein. Leopold berichtet von einer Anzeige wegen des Sturzes | |
einer Bewohnerin und von einer Medikamenten-Überdosierung mit schlimmen | |
Folgen. | |
Letzteres bestätigt Günther Egidi, ein ansässiger Hausarzt, der gemeinsam | |
mit weiteren KollegInnen im Dezember einen Brief an die Heimaufsicht | |
verfasst hat: „Eine unserer Patientinnen musste wegen | |
Medikamenten-Überdosierung auf Grund von Pflegefehlern auf die | |
Intensivstation. Es drängt sich uns teilweise der Eindruck auf, dass | |
falsche Medikamente verabreicht wurden“, heißt es da. Sicher können die | |
Mediziner sich nicht sein, denn: „Das Pflegepersonal konnte auf | |
wiederholtes Nachfragen keine Auskunft darüber geben, welche Medikamente | |
unsere Patientin denn real bekommen habe.“ | |
## Zu wenig Personal | |
Immer wieder, sagt Leopold, werde außerdem über zu wenig Personal im „Haus | |
Invita“ geklagt. In den vergangenen Wochen hätten seinen Informationen nach | |
zehn MitarbeiterInnen die Einrichtung verlassen. | |
„In der Einrichtung arbeiten momentan vergleichsweise viele | |
Leiharbeitskräfte“, sagt Bernd Schneider, Sprecher der Sozialbehörde, bei | |
der die Heimaufsicht angesiedelt ist. In der Vergangenheit, sagt er, habe | |
es in der Tat immer mal wieder Unregelmäßigkeiten gegeben, „aber das war | |
alles vergleichsweise moderat“. | |
Seit Kurzem gebe es aber Probleme, „bei denen es sich nicht um Bagatellen | |
handelt“, sagt er. „Die Heimaufsicht hat deswegen in mehreren Bereichen | |
Auflagen erteilt und betreut die Einrichtung zurzeit eng.“ Das Haus habe | |
sich einen freiwilligen Belegungsstopp auferlegt, der allerdings nur mit | |
dem Einverständnis der Heimaufsicht wieder rückgängig gemacht werden könne. | |
„Erfreulicherweise zeigt man sich in der Einrichtung sehr | |
kooperationsbereit und einsichtig“, sagt Schneider. | |
## Helfer kommen und gehen | |
Das klingt freilich anders in einer Stellungnahme der in Garbsen ansässigen | |
Heimbetreiberin WH Care Holding GmbH. Auf Anfrage der taz teilte | |
Unternehmens-Geschäftsführer Markus Mollik per Mail mit: „Derzeit haben wir | |
einen Bewohner, der ganz spezifisch die Sozialbehörden auf den Arm nimmt, | |
teils zahlt und teils nicht zahlt und letztlich es sich zur Aufgabe gemacht | |
hat, jede Einrichtung und auch Firma in Verruf zu bringen. Wir begegnen | |
diesen Menschen erst einmal nicht mit Hass, sondern mit Zuversicht, dass | |
Sie wieder Freude am Leben gewinnen.“ | |
So viel Gnade und Zuversicht bringt er seinen MitarbeiterInnen nicht | |
entgegen: „In den letzten Monaten haben wir viele Helfer eingestellt und | |
einige sind auch wieder gegangen. Wir sondieren hier aus und akzeptieren es | |
einfach nicht, wenn Mitarbeiter ebenfalls nicht bestimmte Regeln | |
einhalten.“ Über sein Unternehmen sagt er: „Die WH Care genießt in mehrer… | |
Bundesländern einen guten Ruf.“ | |
## Unterschiedliche Beschwerden | |
Laut Sozialbehörde sind mehrere unterschiedliche und voneinander | |
unabhängige Beschwerden bei der Heimaufsicht eingegangen. „Und | |
BewohnerInnen der Einrichtungen berichten, dass das Personal freundlich | |
sei, aber immer gehetzt wirke“, sagt Schneider. | |
Möglicherweise sei die momentane Schieflage darauf zurückzuführen, dass es | |
zurzeit nur eine kommissarische Einrichtungsleitung im Haus Invita gebe, | |
sagt Schneider. Aber auch das bestreitet Mollik: Die Einrichtungsleitung, | |
behauptet er, sei lediglich im Urlaub. „Insgesamt“, schreibt er, „können | |
wir unsere Qualität vorzeigen und auch belegen, sodass wir Interpretationen | |
seitens Dritter grundsätzlich vermeiden.“ | |
10 Sep 2018 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schnase | |
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