Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Chemieunfall auf der Krim: Späte Evakuierung
> Erst zwei Wochen nach einem Chemieunglück wurden Schüler auf der von
> Russland annektierten Halbinsel evakuiert – und informiert.
Bild: Auf der Krim wurde erst Wochen nach einem Chemieunfall evakuiert
Kiew taz | In der Ortschaft Perekop auf der Krim hat der Herbst vorzeitig
Einzug gehalten. Dort sind die Blätter gelb, die Nadelbäume von einer
orangefarbenen Schicht überzogen. Das Gras hat rostbraune Streifen. Die
Luft riecht nach Schwefel, als hätte jemand gerade Streichhölzer entzündet.
Auf den Lippen spüren die Bewohner einen leichten Metallgeschmack. Dies
berichtet die Moskauer Zeitung Kommersant.
Inzwischen geben auch die Behörden der von Russland annektierten Krim zu,
was die Bewohner der Stadt bereits seit dem 23. August spüren: Das
Titandioxidwerk in der Stadt Armjansk ist Quelle der Giftstoffe. Dort
werden Pigmente für Lacke und Düngemittel produziert. Die von Russland
eingesetzten Behörden sagen, große Hitze habe zu chemischen Reaktionen in
einem Speicherbecken geführt. Dieses sei wegen der von der Ukraine nach der
Annexion eingestellten Wasserlieferungen völlig ausgetrocknet. Ukrainische
Experten hingegen vermuten, dass Salzwasser in dem Becken, in dem
Schwefelsäure verdünnt wird, die ungewollten chemischen Reaktionen
ausgelöst hat.
Erst vor wenigen Tagen veröffentlichten die Behörden Empfehlungen für die
Bevölkerung: Man solle medizinische Masken tragen, Haut und Kopf bei
Aufenthalten im Freien schützen, die Haustüren nicht offen lassen und
Klimaanlagen abschalten.
Zudem wurden 4.000 Schüler aus der Stadt Armjansk und deren Vororten wegen
hoher Schwefeldioxidwerte zu außerplanmäßigen Ferien in Sanatorien
„geschickt“. Das Wort Evakuierung in den Mund zu nehmen, scheuen sich die
Behörden. Die Ukraine sperrte wegen des ungeklärten Chemieunfalls auf der
Krim am Freitag die Grenzübergänge zur Schwarzmeerhalbinsel. Zudem wurden
Schulen und Kindergärten in der Nähe des Unglücks geschlossen, Bauern
sollten ihr Vieh in Sicherheit bringen, teilte die Behörde des
südukrainischen Gebiets Cherson mit.
## Das Krankenhaus ist überfüllt
Viele Anwohner in Armjansk klagen indes über verstärkte Kopfschmerzen,
Atemnot und Hautausschläge. Andere haben Schnupfen und rote Augen.
Asthmatiker leiden besonders. Das städtische Krankenhaus, so die in Moskau
erscheinende Nowaja Gaseta, ist überfüllt. Die Ärzte müssten bereits
Patienten wieder nach Hause schicken. Jeden Tag müssten Anwohner zudem
einen schmutzigen rostbraunen Schleim von ihren Autos, Dächern und Zäunen
wischen, so die Nowaja Gaseta.
„Hier auf der Krim ärgert man sich darüber, dass die meisten Kinder in
Sanatorien untergebracht sind, die schon lange außer Betrieb sind. Wieso
ist für sie kein Platz in gewöhnlichen und gut funktionierenden
Erholungsheimen?“, sagte der in Sewastopol lebende Igor Panjuta zur taz.
Das ukrainische Verteidigungsministerium sieht die Schuld für die
Katastrophe bei Russland. Die russische Armee habe, so ein Sprecher, vom
13. bis zum 19. August ein Manöver in dem betreffenden Gebiet durchgeführt.
Dabei sei ein Geschoss versehentlich in diesen künstlichen See geraten. Die
Behörde forderte eine internationale Untersuchung des Vorfalls.
7 Sep 2018
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Evakuierung
Krim
Gift
Chemieunfall
Chemieunfall
Schwerpunkt Pressefreiheit
Ukraine
Peter Altmaier
Russland
## ARTIKEL ZUM THEMA
Brand in französischer Chemiefabrik: Wie bei einer Ölpest
Nach dem Brand in einer Chemiefabrik in Rouen in der Normandie werfen
Umweltorganisationen den Behörden vor, die Folgen herunterzuspielen.
Pressefreiheit in der Ukraine: YouTube kuscht vor Moskau
Ukrainische Journalisten sollen ein Video über die Festnahme eines
Krimtataren löschen. Youtube setzt damit eine Forderung Russlands durch.
Olga Pavlenko nach Geheimdienstaktion: Krim-Aktivistin ergreift die Flucht
Die Aktivistin Olga Pavlenko wurde am Telefon bedroht und vom russischen
Inlandsgeheimdienst besucht. Jetzt hat sie fluchtartig die Krim verlassen.
Pipeline von Russland nach Deutschland: Verhandlungen über Gastransit
Russland und die Ukraine reden in Berlin über die Folgen der Gaspipeline
Nord Stream 2. Trump mildert derweil seine Kritik daran ab.
Kommentar GUS-Austritt der Ukraine: Immer mehr Gegner
Die Ukraine will aus der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) austreten.
Dabei geht es vor allem um das Verhältnis zu Russland.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.