| # taz.de -- Kolumne Heult doch!: Mit Holzschwert und Handy! | |
| > Eltern sollen sich weniger mit ihren Smartphones und mehr mit ihren | |
| > Kindern befassen, fordert die Bildungsverwaltung. Stimmt – bedingt, mein | |
| > Kolumnistin Anna Klöpper. | |
| Bild: Man kann nicht ständig Ritter spielen … | |
| Die Berliner Bildungsverwaltung hat eine neue Aufklärungskampagne für | |
| Eltern ersonnen. Sie heißt: „Heute schon mit Ihrem Kind gespielt?“ Auf den | |
| entsprechenden Flyern, mit denen sie gerade die Kita-Garderoben und | |
| Kinderarztpraxen flutet, sind ein Vater und ein Kind auf dem Spielplatz zu | |
| sehen. Der Vater lehnt an der Schaukel und lächelt entspannt sein | |
| Smartphone an. Das Kind sitzt auf der Schaukel und guckt sehr ernst. | |
| Vielleicht weil die Schaukel nicht schaukelt, denn Papa hat ja keine Zeit | |
| zum Anschubsen. Vielleicht, weil es mittags Spinat in der Kita gab. Man | |
| weiß es nicht. | |
| Die Rückseite des Flyers gibt „Tipps für den Alltag“: Da steht etwa, dass | |
| man das Telefon beim Essen aus der Hand legen und überhaupt öfter mal stumm | |
| schalten soll. Man solle nicht nur mit der WhatsApp-Gruppe reden, sondern | |
| auch mit dem eigenen Kind. Und überhaupt: „Denken Sie daran, auch in Ihrer | |
| Mediennutzung sind Sie Vorbild für Ihr Kind.“ | |
| Dem stimme ich zu. Ich bin absolut dafür, dass man mit seinem Kind redet. | |
| Ich finde es nervig, wenn Leute beim Suppe löffeln WhatsApps verschicken. | |
| Ich gucke auf dem Spielplatz trotzdem auf mein Smartphone. | |
| ## Immer nur der kleine Dino | |
| Es ist nämlich so: Ich halte es inzwischen für ein Missverständnis, dass | |
| für eine glückliche Kindheit die Eltern zwingend beim Sandburgen bauen | |
| mithelfen müssen. Ich glaube, dass eine Uni-Karriere für das Kind auch dann | |
| noch möglich ist, wenn man sich als Mutter weigert, beim Dinospiel | |
| mitzumachen (wo man ohnehin immer bloß der doofe kleine Dino sein darf, der | |
| am Ende gefressen wird, nie der T-Rex, den spielt nämlich das Kind). | |
| Ich glaube also, dass diese Kampagne ein paar sehr richtige Punkte hat. Und | |
| zugleich ziemlich überflüssig ist. | |
| Nehmen wir die potenzielle Zielgruppe des sogenannten bildungsfernen | |
| Milieus: Ich bezweifele, dass zu viele Nachrichten auf dem Smartphone der | |
| Grund sind, warum Eltern sich nicht für die Fehlzeiten ihres Kindes in der | |
| Schule interessieren. Und der zweiten potenziellen Zielgruppe, den | |
| sogenannten bildungsnahen Eltern, wird völlig unnötig ein schlechtes | |
| Gewissen gemacht – denn mangelnde Aufmerksamkeit ist nicht ihr Problem. | |
| Im Gegenteil. | |
| ## Desinteresse ist nicht das Problem | |
| Auf den Spielplätzen, auf denen ich unterwegs bin, ist die große Mehrheit | |
| der Eltern außerordentlich interessiert daran, was mal aus dem Nachwuchs | |
| wird. Und mit dem Kind auf der Wippe abhängen und Steinchen von rechts nach | |
| links zu schippen fällt da genauso unter frühkindliche Förderung wie | |
| Kinderturnen und Musikschule. | |
| Mails zu checken statt mit dem Kind zu spielen, ist dort nicht okay. | |
| (Anders sieht es übrigens beim Zeitung lesen von Eltern aus, gegen das es | |
| bezeichnenderweise auch keine Kampagne gibt.) | |
| Dabei sind Spielplätze ganz wunderbare Orte, die Kinder einfach mal in Ruhe | |
| zu lassen. Sich ein bisschen zu entspannen, bevor man sie zum | |
| Klavierunterricht bringt. Tut dem Kind gut, tut einem selbst gut. | |
| Denn: Kinder können alleine spielen. Wirklich. Sie sind sogar richtig gut | |
| darin, wenn man sie einfach mal lässt. Mein großer Sohn zum Beispiel hatte | |
| während seiner Kita-Zeit ein einziges, großes Hobby: Ritter spielen. Es hat | |
| mich auf die Dauer sehr müde gemacht, mit einem Holzschwert auf dem | |
| Spielplatz zu stehen. | |
| Nicht immer Ritter sein | |
| Der kleine Bruder ist jetzt in der Kita, er hat das gleiche Hobby wie der | |
| Große. Aber ich finde, es gibt eine Grenze, wie oft ein erwachsener Mensch | |
| Ritterkampf spielen kann. Inzwischen behaupte ich ihm gegenüber, dass ich | |
| nicht Ritterkampf spielen kann, weil das ein Kinderspiel ist und ich ja | |
| erwachsen bin. | |
| Mein Kind hat mich neulich mitleidig angeschaut und gesagt, ich könne ja | |
| leider nicht Ritter mit ihm spielen. Ich sei ja leider schon viel zu groß. | |
| Erziehungsziel erreicht. | |
| Also updaten Sie Ihren Kalender, lesen Sie Ihre Mails oder SpiegelOnline | |
| oder meinetwegen auch die Zeitung. Vergessen Sie einfach nicht, später beim | |
| Essen das Smartphone (oder die Zeitung) aus der Hand zu legen. Und die | |
| Hausaufgaben zu kontrollieren. Und ab und an mal mit dem Kind zu reden. | |
| Meist hat man dafür mehr Kraft, wenn man auf dem Spielplatz nicht Ritter | |
| spielen musste. | |
| 9 Sep 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Klöpper | |
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