# taz.de -- Streit um Marke „Die Mannschaft“: Reines Arbeiten an der Oberfl… | |
> Zu künstlich sei der Begriff „Die Mannschaft“ für die DFB-Elf, sagt | |
> Verbandspräsident Grindel – und will ihn streichen. Ist das eine gute | |
> Idee? | |
Bild: Grindel will „Die Mannschaft“ abschaffen, aber nur den Namen | |
## Ja, sagt Markus Völker | |
Denn die Kreation dieser „Wort-Bildmarke“ war ein Marketingflop. Der | |
Manager der Nationalmannschaft, Oliver Bierhoff, hatte ja schon so ein | |
komisches Gefühl, als er den Schriftzug „Die Mannschaft“ überall in | |
Fußballland plakatieren ließ. Vorsichtshalber sagte er, es gehe „nicht | |
primär um Verkaufsziele“, sondern „um Identifikation, um Werte, für die d… | |
Mannschaft steht“. Im Wertebaukasten befanden sich allerlei Teile: | |
„Leistung, Respekt, Fair-Play, Toleranz, Spielfreude, Leidenschaft und | |
Integration.“ | |
Mit diesen Versatzstücken gelingt jedes Impulsreferat im | |
Führungskräfteseminar. Und an genau diese Klientel richtete sich der Slogan | |
von der „Mannschaft“ – vorangestellt ein Artikel, der die Exklusivität d… | |
Produkts betonen sollte. Das kennt man aus der Werbung: das Auto, das Bier, | |
der Schokoriegel. Nun also: die Mannschaft. Das sollte knackiger klingen, | |
ein Alleinstellungsmerkmal hervorheben, denn in anderen Sportarten mochten | |
sie hierzulande auch mit (National-)Mannschaften antreten, aber im | |
Vergleich zur Fußballabteilung des DFB sind das nur kleine Fische. Aus dem | |
neuen „Branding“ sprach die Hybris eines Branchenführers, der die Handball- | |
oder Basketballnationalmannschaft zu lächerlichen Adabeis degradierte. | |
Im Grunde versuchte Bierhoff etwas zu patentieren, was zum Allgemeingut | |
gehört. Die Mannschaft ist ein Substantiv, das im 19. Jahrhundert eine | |
Heimat im Duden gefunden hat. Aber ist sie auch eine Marke? Nicht zwingend. | |
Sie wird nur dann „nachgefragt“, wenn das Angebot stimmt. In Russland | |
stimmte so gut wie gar nichts. Leistung, Leidenschaft, Spielfreude? | |
Fehlanzeige. Integration und Respekt? Nun ja. „Die Mannschaft“ war nur noch | |
ein hohler Zeichenkörper, ein Knochen ohne Mark. | |
Bierhoffs Marketinggag ist zu einem Symbol des Scheiterns geworden. | |
Reinhard Grindels Idee, den Slogan zu tilgen, ist daher gar nicht so | |
schlecht, auch wenn den DFB-Präsidenten wohl andere Motive antreiben: Er | |
möchte an der Basis punkten, seinen Posten behalten und dem Herrn Bierhoff | |
auch ein wenig ans Bein treten. | |
## Nein, sagt Johannes Kopp | |
Sicherlich kann man dieses Etikett lächerlich finden. Schließlich hat das | |
deutsche Nationalteam Jahrzehnte ohne das feierlich eingeführte Label „Die | |
Mannschaft“ gut gelebt. Den Namen hatten die DFB-Kicker im Ausland ohnehin | |
schon weg. Seit Jahren sprach man dort von „El Mannschaft“ und „La | |
Mannschaft“ oder schlicht „Mannschaft“, wenn es um die Deutschen ging. | |
Die Sehnsucht von Teammanager Oliver Bierhoff nach einem eigenen Etikett | |
war den besseren wirtschaftlichen Vermarktungsmöglichkeiten nach dem | |
WM-Titelgewinn geschuldet. Man wollte als Marke reüssieren wie die | |
spanische „La Furia Roja“, die französischen „Les Bleus“ oder die | |
italienische „La Squadra Azzurra“. DFB-Präsident Reinhard Grindel, der nun | |
die Abschaffung dieses Etiketts diskutieren will, treibt wiederum die | |
Sehnsucht nach größerer Anerkennung bei den deutschen Fans, welche die | |
Abgehobenheit von Deutschlands Eliteteam beklagen. | |
Der Vorstoß von Grindel unterscheidet sich jedoch überhaupt nicht von der | |
Bierhoff’schen Herangehensweise. Es ist ein Arbeiten an der Oberfläche. | |
Der Vorschlag von Grindel ist auch nur ein weiterer Marketinggag. Ein | |
Versuch, die Handlungsfähigkeit des DFB gegenüber der verselbstständigten | |
Organisationseinheit Nationalmannschaft wieder zu erlangen. Allerdings | |
liegen die Probleme des Deutschen Fußball-Bundes deutlich tiefer, als dass | |
man sie mit dem Abziehen von Etiketten beseitigen könnte. Das wäre reine | |
Symbolpolitik. | |
Wichtiger sind dagegen die konkreten Vorschläge Grindels, die | |
Abschottungsmanie des deutschen Nationalteams zu beenden, zugänglicher zu | |
werden, die öffentlichen Trainingseinheiten zu erhöhen und die Ticketpreise | |
zu senken. Das Marketing-Etikett „Die Mannschaft“ könnte man nach dem | |
gesellschaftsspaltenden [1][Versagen des DFB im Fall von Mesut Özil] für | |
neue relevante Inhalte stehen. Für gelebte Integration etwa, die sich | |
bewusst vom Begriff des Nationalen verabschiedet, und wo die | |
Zusammengehörigkeit sich über „Die Mannschaft“ definiert. | |
20 Aug 2018 | |
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[1] /Kommentar-Ruecktritt-aus-der-Nationalelf/!5523190 | |
## AUTOREN | |
Markus Völker | |
Johannes Kopp | |
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