# taz.de -- Maltas Rolle bei der Flüchtlingsrettung: In Szene gesetzt | |
> Derzeit ist kein Rettungsschiff auf dem Mittelmeer, warnen NGO's. Auch | |
> wenn Malta die „Aquarius“ anlegen ließ, sind weitere Einsätze gefährde… | |
Bild: Sie dürfen jetzt an Land gehen – aber Malta scheint viel dafür zu tun… | |
Berlin taz | Seit Tagen hatte das Rettungsschiff MS Aquarius nur wenige | |
Kilometer von Malta entfernt auf [1][die Erlaubnis] gewartet, einen Hafen | |
ansteuern zu dürfen. Doch zwischen [2][der Ankündigung] von Maltas | |
Regierungschef Joseph Muscat, die Einfahrt zu gestattet, und der | |
tatsächlichen Ankunft der Aquarius mit 141 Geretteten an Bord vergingen | |
fast 24 Stunden: Erst am Mittwochnachmittag um 14.50 fuhr es es in die | |
„Boiler Wharf“ – ein staatliches Gelände gegenüber dem | |
Kreuzfahrtschiff-Terminal von Valletta – ein. | |
Vielleicht lag es auch daran, dass die Regierung von Malta es sich nicht | |
nehmen lassen wollte, eine Pressetribüne inklusive Sonnenschutz für die | |
wartenden Fotografen aufzubauen. Das „konkrete Beispiel für europäische | |
Führung und Solidarität“, wie Muscat die Einigung nannte, sollte wohl | |
entsprechend in Szene gesetzt werden. | |
Der Deal: Die 141 Menschen von der Aquarius, die von den NGOs SOS | |
Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen gemeinsam betrieben wird, werden Malta | |
von fünf EU-Staaten abgenommen. Deutschland nimmt nach Angaben des | |
Bundesinnenministeriums bis zu 50 von ihnen auf, Spanien 60, Portugal 30, | |
die übrigen gehen nach Luxemburg und Frankreich. | |
Malta, nicht dumm, hatte die Gunst der Stunde genutzt: Dafür, dass es sich | |
als Anlaufstelle für die Aquarius bereit gestellt hatte, sprang auch für | |
Malta etwas heraus. Die Hälfte der 114 Menschen, die Maltas Küstenwache | |
selbst am Montag aus Seenot gerettet hatte, werden ebenfalls EU-intern | |
umverteilt. | |
## Rettungsschiffe werden wohl am Auslaufen gehindert | |
Was mit den Geretteten passiert, ist also halbwegs geklärt. Offen hingegen | |
ist, wie es [3][mit den Rettern weitergeht]. Denn die letzten NGO-Schiffe, | |
die nach Malta gekommen waren, hatte die Regierung in Valletta prompt lahm | |
gelegt: Seit Juni dürfen weder [4][die „Sea Watch“], noch das Suchflugzeug | |
„Moonbird“ oder das Rettungsschiff Lifeline wieder zu einem Einsatz | |
aufbrechen. Offiziell soll geprüft werden, ob mit den Registrierungen alles | |
in Ordnung ist, beziehungsweise soll Libyen den Einsatz des | |
NGO-Suchflugzeugs Moonbird in seinem Luftraum „anfordern“. Doch sehr viel | |
wahrscheinlicher ist, dass die Malta schlicht verhindern will, dass die | |
Seeretter auslaufen und nach wenigen Tagen mit womöglich Hunderten | |
Geretteten zurück kommen. | |
Der Ärzte ohne Grenzen-Geschäftsführer Florian Westphal sagte, mögliche | |
Gesetzesverstöße müssten natürlich von Behörden geprüft werden können, | |
„aber nicht so, dass der Eindruck entsteht, man wolle die humanitäre Arbeit | |
lahmlegen.“ | |
Die SOS Méditerranée-Geschäftsführerin Verena Papke erinnerte am Mittwoch | |
in Berlin daran, dass es „da draußen derzeit überhaupt kein Rettungsschiff | |
mehr im Einsatz“ gibt. Die einzige Ausnahme war die unter der Flagge von | |
Gibraltar fahrende Aquarius. Der könnte es nun ähnlich ergehen: Das | |
französische Magazin Le Marin berichtete, dass die Regierung von Gibraltar | |
am 13. August ein Kommuniqué verbreitete. Demnach wurde der Aquarius zur | |
Auflage gemacht, die Rettungen einzustellen, weil es in Gibraltar nur als | |
Vermessungsschiff registriert sei. Es ist durchaus möglich, dass Malta dies | |
zum Vorwand nimmt, jetzt auch die Aquarius zu blockieren. | |
Papke sagte, die Aquarius sei zwar nicht in Gibraltar, aber bei der | |
International Maritime Organization als Rettungsschiff registriert. „Das | |
war seit zwei Jahren so und wurde nie beanstandet“, so Papke. „Es stellt | |
sich die Frage, warum das nun zu diesem Zeitpunkt als Problem gesehen | |
wird.“ Unabhängig von der Registrierung sei ohnehin jedes Schiff zur | |
Seerettung verpflichtet. | |
## Gibraltar will Aquarius die Lizenz entziehen | |
Gibraltar hat offenbar angedroht, dass die Aquarius bis zum 20. August ihre | |
Lizenz verlieren könnte. Dann müsste sie die Flagge des Landes annehmen, in | |
dem ihr Reeder ansässig ist. SOS Mediterranee hat die Aquaris bei der | |
Bremer Reederei Jasmund Shipping gechartert. Der nächste Flaggenstaat wäre | |
also Deutschland. Das Schiff werde „sobald wie möglich wieder in den | |
Rettungseinsatz rausfahren“, sagte Papke. Die NGO habe Beschwerde gegen den | |
angedrohten Entzug der Flagge eingelegt. Sollte diese keinen Erfolg haben, | |
werde das Schiff „vermutlich unter deutscher Flagge weiterfahren“. | |
15 Aug 2018 | |
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## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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