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# taz.de -- Kolumne Ich meld mich: Handreichungen für die weite Welt​
> Werbung, das war einmal. Heute läuft das unter „kreative Kommunikation“.
> Da werden dann lustig-phantasiereiche Storys erzählt.
Bild: Kuhfladen, fein säuberlich gestapelt: Getrocknet sind sie gut zum Werfen…
Früher mal hieß es Werbung, und es ging darum, LeserInnen, HörerInnen und
ZuschauerInnen möglichst einprägsam beizubiegen, dass eine Kneipp-Kur in
Bad Wörishofen Tote erweckt, die Schnitzel in Jensens Landgasthof
klodeckelgroß sind und am Strand von St. Peter-Ording auch der
schmerbauchige Klaus-Dieter eine geneigte Lieselotte finden könne.
Dann hat irgendjemand den Werbern verklickert, dass ihr Geklapper kein
Schwein mehr hinterm Ofen hervorlockt. Und einsichtig beschlossen sie: Wir
hören sofort auf mit Reklame. Und betreiben nunmehr „Kommunikation“. Wir
trommeln nicht mehr penetrant herum. Sondern liefern „content“ – will
sagen: Wir erzählen Geschichten. Lustige, anrührende, lehrreiche
Geschichten. „Storys“, die LeserInnen, HörerInnen, ZuschauerInnen und die
neu dazugekommenen UserInnen für den Überlebenskampf in der wilden, weiten
Welt rüsten und ihnen gar das berühmte Schmunzeln auf die Lippen zaubern.
Seitdem können sich JournalistInnen nicht mehr retten vor dem Output der
kreativen Kommunikatoren. Sie ertrinken fast in der Flut erstaunlicher
Meldungen, die einerseits von dem erprobten Know-how der beworbenen Firmen
künden sollen, aber nicht weniger von der Pfiffigkeit der beauftragten
Agentur.
Umfragen gehen da immer. Und Listen sind auch eine sichere Bank. 5 Prozent
der Deutschen haben beim Stöbern im Duty-Free-Shop schon mal ihren Flug
verpasst. 13 Prozent aller ICE-FahrerInnen hatten schon mal Sex auf dem
Zugklo.
Der Kuhfladen führt nach Meinung von 88 Prozent aller Befragten die
Rangfolge der weltweit vorhandenen ungewöhnlichen Weitwurfobjekte an, nur
knapp gefolgt von Gummistiefeln und Teebeuteln.
Wertvoller allerdings, for you and me and Hans-Dieter und Lieselotte, die
heute Jonathan und Merle heißen, sind die Tipps für unterwegs, die
Handreichungen für ein entspanntes Reisen. Wer auf einem Flughafen
übernachten muss, sollte besser einen Pullover dabeihaben, rät die
fürsorgliche Reiseversicherung.
Warum eine Wüstenwanderung mit Platt-/Spreizfüßen beschwerlich, mit
X-Beinen dagegen zum reinen Vergnügen wird, analysiert ein
Wanderschuhhersteller. Dass Tomatensaft über den Wolken ein
Mineralienspender ist und nicht bläht, erfährt man aus einer
Reisezeitschrift. Sie empfiehlt auch, in den USA nicht nach einem rubber
zu fragen, wenn man, was ja oft vorkommt, ein Radiergummi sucht – der
bezeichne ein Kondom, ha!
Was zu tun ist, wenn der Koffer weg ist, weiß die Firma, die gegen
Fluggesellschaften klagt. Dass es im polnischen Międzyzdroje ganz tolle
Waffeln und in Donggang, Taiwan, den allerfrischsten Fisch gibt, verrät die
Plattform, die dort zufällig ein paar nette Hotels kennt. Wie man sich in
Äthiopien begrüßt – bis zu zehn Küsschen auf die Wange –, erklärt die
Suchmaschine, die einen auch gern dorthin verfrachtet. Und warum der Brilli
im Ohr in den Favelas von Rio keine gute Idee ist, in Moskau dagegen der
Oberbringer …
(Nur zwei der Meldungen sind übrigens erfunden. Aber es gibt sie sicher
schon. Sie sind nur noch nicht eingetrudelt.)
26 Aug 2018
## AUTOREN
Franz Lerchenmüller
## TAGS
Werbung
Kommunikation
Frühstück
Reisen
Reisen
Massentourismus
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