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# taz.de -- Leiterin des neuen Digitalrats: McKinsey, Bundeswehr, Digitales
> Das Verteidigungsministerium konnte Katrin Suder nicht auf Effizienz
> trimmen. Jetzt leitet sie den neuen Digitalrat der Bundesregierung.
Bild: Katrin Suder bei einer Konferentz zur Cybersicherheit 2017
In Strukturen denken und sie gegebenenfalls verändern – das kann Katrin
Suder. Wohl auch deshalb hat Angela Merkel gerade die Neuroinformatikerin,
Linguistin und Theaterwissenschaftlerin zur Chefin ihres neu eingerichteten
Digitalrates berufen. Das Gremium, bestehend aus zehn ExpertInnen, [1][soll
die Bundesregierung beim Megathema digitaler Wandel beraten]. Und Suder hat
nicht nur die Kompetenz, sondern aktuell auch Zeit für den Job.
Einer interessierten Öffentlichkeit bekannt geworden ist Katrin Suder im
Spätsommer 2014, [2][als sie beamtete Staatssekretärin im
Verteidigungsministerium] von Ursula von der Leyen (CDU) wurde. Die
Personalie hatte Wumms. Von der Leyen hatte gleich zu Beginn ihrer
Amtsgeschäfte den umstrittenen Staatssekretär Stéphane Beemelmans gefeuert;
er war zuständig für Planung und Ausrüstung. Dessen damals 43 Jahre alte
Nachfolgerin verkörperte etwas gänzlich Neues im Bendlerblock:
Weiblichkeit, Moderne, Effizienz. Die Welt schrieb seinerzeit, Suder
erwarte „eine unendlich schwierige Arbeit, ein Höllenritt über vermintes
Gelände“.
Und so war es dann wohl auch. Je nach Interessenlage wurde Katrin Suders
Berufung wahlweise als Versprechen oder Bedrohung aufgefasst. Gleich bei
ihrem ersten Besuch beim Wehrbeschaffungsamt verfügte sie, dass sich
Projektleiter für Rüstungsaufträge ab sofort direkt an sie wenden können.
Zuvor hatte der innerministerielle Dienstweg elf Zwischenstationen
vorgesehen. Als sie bald nach Dienstantritt auch noch Elternzeit für ihr
drittes Kind nahm, war die Irritation perfekt. Ihrer Chefin,
Bundesverteidigungsministerin von der Leyen, dürfte das als siebenfacher
Mutter gefallen haben – solche Signale in die Truppe wünscht sie sich
bekanntlich.
Als Suder dann aber im März diesen Jahres, zum Start der wiederaufgelegten
Großen Koalition, bei von der Leyen ihren Rücktritt einreichte, war da auch
viel Ernüchterung. Über ihre Gründe für den Rückzug hüllt sich Katrin Sud…
in Schweigen, den Ministeriumsapparat zu reformieren ist ihr jedenfalls
nicht gelungen. Aus ihrem Umfeld ist auch zu hören, Suder habe wieder mehr
Zeit für ihre Frau und die drei Töchter haben wollen. Ihre Ehefrau ist die
Fußballfunktionärin Katja Kraus.
Seit dem Weggang aus dem Verteidigungsministerium war Katrin Suder frei.
Bis dahin hatte sich ihre Karriere im Galopp entwickelt. Nach ihrem
Physikstudium in Bochum promovierte sie in Aachen über Neuroinformatik.
Dort machte sie auch ihren Bachelor in Literatur- und Theaterwissenschaft.
Während des Studiums gründete sie die Theatergruppe „Der poetische Anfall�…
für die sie einige Stücke inszenierte.
Im Jahr 2000 begann sie für die Unternehmensberatung McKinsey zu arbeiten.
Das ist jene Beratungsfirma, die Firmen gegen viel Honorar erzählt, wie man
Geld einsparen kann. 2007 übernahm sie das Berliner Büro, 2010 wurde sie
als erste Frau Direktorin bei McKinsey. Dort befasste sie sich mit
Diversity Management, sie erarbeitete für die Bundesagentur für Arbeit
Reformprojekte, für das Land Berlin eine Konzeption zur Verbesserung der
Gründerkultur. Suder ist parteilos, politisch gilt sie als Grünen-nah.
Nun ist Katrin Suder also Chefin des Digitalrates. Bei ihrer Vorstellung am
Dienstagnachmittag werden die Lebensläufe aller zehn Mitglieder des
Gremiums verteilt. Auf ihrem Blatt steht in der zweiten Zeile: „27.
September 1971 geboren in Mainz; verheiratet mit Katja, drei Töchter“.
Suder – weißes Hemd, dunkle Hose, Sneakers – umreißt die Aufgabe des Rate…
„Wir sollen die Bundesregierung beraten, wir sollen sie antreiben, und wir
sollen sie unterstützen.“
Ziel sei es, die westeuropäische und deutsche Gesellschaft zu erhalten –
trotz der sich vollziehenden Änderungen sämtlicher Lebensbereiche durch die
Digitalisierung. Dabei unterscheidet sie zwischen „zwangsläufigen und
gestaltbaren“ Richtungen. Im Klartext: sich den von anderen rasant
entwickelnden Gesellschaften wie etwa China gesetzten Standards klug
anpassen, ohne westliche Werte aufgeben zu müssen.
Das dürfte schwierig werden. Deutschland ist digitalpolitisch spät dran.
Nach dem Okay aus dem Kabinett am Mittwoch sagte Regierungssprecher Steffen
Seibert, der Rat sei dafür da, „der Regierung die richtigen Fragen zu
stellen“, sie fachlich zu unterstützen und, wo es sein muss, sie auch
anzutreiben. Das Gremium, dessen Direktorin sie nun ist, soll sich
mindestens zweimal jährlich treffen. Die kluge Frau Suder dürfte das bei
Weitem nicht auslasten.
22 Aug 2018
## LINKS
[1] /Ein-grosser-Schritt-fuer-die-Menschheit/!5530195
[2] /Ex-McKinsey-Beraterin-im-Ministerium/!5211778
## AUTOREN
Anja Maier
## TAGS
Katrin Suder
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Schwerpunkt Angela Merkel
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