Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Boom der Windkraftindustrie ist zu Ende: Abwärts mit dem Luftstrom
> Nach jahrelanger Hochkonjunktur geht der Umsatz der Windkraftindustrie
> zurück. Tausende Jobs wurden schon gestrichen, weitere sind in Gefahr.
Bild: In der Krise: Die Windkraftbranche steht am Ende ihres jahrelangen Booms
Berlin taz | Es sieht nicht gut aus für die deutsche Windkraftindustrie.
Marktführer Enercon aus Aurich plant in seinen zahlreichen
Tochtergesellschaften den Abbau von mehr als 800 Stellen, bei Nordex aus
Rostock brach der Umsatz im ersten Halbjahr 2018 um 36 Prozent gegenüber
dem Vorjahreszeitraum ein – der Konzern fuhr einen Verlust von gut 40
Millionen Euro ein. Das in Luxemburg ansässige Unternehmen Senvion büßte im
ersten Halbjahr gar fast 44 Prozent seines Umsatzes ein.
Entsprechend beschreibt die IG Metall Küste die Stimmung der Beschäftigten
der Branche als „extrem angespannt“. Die durchschnittliche Auslastung der
Fabriken sei zwar aktuell mit 86 Prozent noch zufriedenstellend. Aber: Die
Auftragsentwicklung soll in den kommenden Jahren – von den Sparten Service
und Wartung abgesehen – stark zurückgehen.
Seit Anfang 2017 sind laut IG Metall bereits über 2.000 Arbeitsplätze
verloren gegangen. Fabriken wie die von Senvion in Husum, Powerblades in
Bremerhaven oder Carbon Rotec in Lemwerder wurden geschlossen. Der Trend
wird sich nach Einschätzung der Gewerkschaften fortsetzen: Bis Ende des
Jahres erwarten sie in fast 40 Prozent der Unternehmen den Abbau von
Personal.
## 140.000 Arbeitsplätze in Gefahr
Der erfolgsverwöhnte Windsektor steht am Ende einer Boomphase. Der
Bundesverband Windenergie (BWE) sieht bereits jeden siebten der insgesamt
140.000 Jobs in der Branche in Gefahr. Im Jahr 2017 waren in Deutschland an
Land Windkraftanlagen mit einer Rekordleistung von 5.333 Megawatt neu ans
Netz gebracht worden, noch mal 15 Prozent mehr als im bereits sehr guten
Jahr 2016. Hinzu kamen außerdem 1.250 Megawatt auf See, womit das Jahr 2017
im Offshore-Segment das zweitstärkste Jahr in der Geschichte war – nur 2015
war noch mehr Anlagenleistung aufgebaut worden.
Für das Gesamtjahr 2018 rechnet der (BWE) nun mit einem Zubau an Land
zwischen 3,300 und 3.500 Megawatt – ein „tiefer Einschnitt“. Allerdings:
Der Vergleich mit den Vorjahren ist nur bedingt aussagekräftig, denn die
Rekordzahlen waren stark durch Vorzieheffekte geprägt angesichts absehbarer
Gesetzesänderungen.
Somit ist der Rückgang für die Branche zwar nicht überraschend, aber sein
Ausmaß. Seit 2016 das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) novelliert wurde,
war klar, dass der Neubau von Windkraftanlagen in Deutschland künftig
erheblich eingeschränkt würde. Denn mit dem neuen Gesetz werden die
EEG-Vergütungen nicht mehr für eine unlimitierte Anzahl von Anlagen
gewährt. Stattdessen wird nun die Zubaumenge durch Ausschreibungen
gesteuert.
## Tatsächlich nur wenige Anlagen genehmigt
Von 2018 bis 2020 erhalten an Land so jeweils nur noch Neuanlagen mit 2.800
Megawatt einen Zuschlag. Zwar hatte die Bundesregierung im Frühjahr im
Koalitionsvertrag noch Sonderausschreibungen von jeweils 2.000 Megawatt in
den Jahren 2019 und 2020 angekündigt, aber die sollen nun wohl erst 2021
kommen.
Zusätzliche Ausschreibungsmengen würden im Moment auch gar nicht viel
bringen, denn: Es fehlt an baureifen Projekten, weil in den letzten beiden
Jahren nur wenige Anlagen genehmigt wurden. In der Ausschreibungsrunde im
Mai waren bereits weniger Gebote eingereicht worden, als an Volumen
ausgeschrieben war. Branchenvertreter nennen das bereits einen
„Genehmigungsnotstand“.
20 Aug 2018
## AUTOREN
Bernward Janzing
## TAGS
Windkraft
Windräder
Windkraft
Strukturwandel
Greenpeace-Studie
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
Energiespeicher
## ARTIKEL ZUM THEMA
Senvion in der Krise: Windanlagenbauer wird zerlegt
Nach monatelanger Zitterpartie ist klar, dass Senvion sein
Insolvenzverfahren nur stark geschrumpft überstehen wird. Hunderte Jobs in
Gefahr.
Insolvenz bei Senvion: Windenergiepionier pleite
Der Windenergie-Anlagenbauer Senvion hat Insolvenz angemeldet. Damit steht
auch das Bremerhavener Offshore-Terminal infrage.
Studie von Greenpeace: Klimaziel 2020 doch noch machbar
Alle Kohlekraftwerke abschalten? Laut Greenpeace-Studie kein Problem. Dann
könnte Deutschland auch sein Klimaziel 2020 erreichen.
Recycling von Ökostrom-Anlagen: Neuer Wind mit alten Rädern
Weil die Förderung ausläuft, boomt der Handel mit gebrauchten
Windkraftanlagen. Nicht alle Hersteller sind von diesen Geschäften
begeistert.
Streit ums Erneuerbare-Energien-Gesetz: Grüne machen Wind für Förderung
Die Große Koalition verkämpft sich bei der Förderung der Erneuerbaren
Energien. Der Bundestag verhandelt jetzt einen Gesetzentwurf der Grünen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.