# taz.de -- Linke kritisiert Abschiebung: Endstation Kabul | |
> 46 Afghanen wurden Dienstag nach Kabul abgeschoben, darunter drei aus | |
> Brandenburg. Die Linke attackiert deshalb den Koalitionspartner SPD. | |
Bild: Die aus Deutschland abgeschobenen Afghanen kommen in Kabul an | |
BERLIN taz Mit 46 Afghanen an Bord hob die Maschine am Dienstagabend vom | |
Münchener Flughafen ab; gegen 8.30 Uhr Ortszeit landete sie am Mittwoch in | |
Kabul. Zu den Abgeschobenen gehören auch [1][drei Männer aus Brandenburg]. | |
Zwei von ihnen, die in Cottbus und Forst lebten, wurden erst am Montag bzw. | |
Dienstagmorgen festgenommen. Beide steckten noch im Erst-Asylverfahren, | |
ohne dass diese verbindlich abgeschlossen wurden. Eilanträge gegen die | |
Abschiebung waren jedoch kurz vor dem Abschiebeflug gescheitert. Ein | |
dritter Afghane saß bereits seit einiger Zeit im Abschiebegefängnis in | |
Hannover. | |
Die Linken-Landtagsabgeordnete Andrea Johlige hatte am Flughafen vergeblich | |
versucht, zu den Afghanen vorgelassen zu werden. Am Tag danach ist sie | |
immer noch darüber konsterniert, dass das rot-rot regierte Brandenburg in | |
das Bürgerkriegsland abgeschoben hat. „Es zeigt, dass wir einen Dissens in | |
der Koalition haben“, sagt Johlige mit Blick auf die SPD und das von ihr | |
geführte Innenministerium. „Das Hauptproblem ist, dass sich das | |
Innenministerium rauszieht und auf die Verantwortung der Kommunen | |
verweist.“ Das Thema werde in der Koalition zu besprechen sein, so die | |
asylpolitische Sprecherin der Linksfraktion. | |
Zuvor hatte Brandenburg erst einmal nach Afghanistan abgeschoben, im März | |
2017 traf es einen gut integrierten Mann, der seinen Lebensunterhalt selbst | |
bestritt und in einer eigenen Wohnung lebte. Damals hatte die Brandenburger | |
Koalition einen Beschluss gefasst, demnach alle Spielräume ausgenutzt | |
werden sollten, um nicht nach Afghanistan abzuschieben. „Diese Spielräume | |
sind jetzt nicht ausgenutzt wurden“, sagt Johlige. | |
## Freibrief für die Kommunen | |
Das hat womöglich mit einem Schreiben des Innenministeriums an die Kommunen | |
und Ausländerbehörden von Anfang Juli zu tun. Unter der Überschrift | |
„Rückführung nach Afghanistan“ wird darin informiert, dass „der Bund die | |
Aussetzung bzw. Beschränkung der Rückführungen nach Afghanistan für nicht | |
mehr geboten“ halte. Demnach hänge die Abschiebung „stark von der | |
persönlichen Situation der Ausreisepflichtigen ab“. Für Johlige ist das ein | |
Freibrief, jeden Afghanen abschieben zu können. Sie fordert eine andere | |
Kommunikation: „Man hätte auch schreiben können, dass man die | |
Lageeinschätzung des Bundes nicht teilt.“ | |
Das Innenministerium hatte auf Anfrage darauf verwiesen: „Grundsätzlich | |
muss Abschiebungen immer eine sorgfältige Prüfung des Einzelfalles | |
vorausgehen.“ Dass zwei der nun Abgeschobenen in der Zuständigkeit der | |
Stadt Cottbus waren, könnte derweil noch eine andere Erklärung haben. Im | |
nächsten Jahr stehen Landtagswahlen an und angesichts der rechten | |
Mobilisierungen in der Stadt droht die CDU den Wahlkreis Cottbus an die AfD | |
zu verlieren. Ein hartes Vorgehen bei Abschiebungen könnte ein Versuch | |
sein, wieder Boden gut zu machen. | |
Myrsini Laaser, Rechtsanwältin der drei Afghanen äußerte sich am Mittwoch | |
auf ihrer Facebookseite. So sei bei einem ihrer Mandanten, der vor der | |
Taliban geflohen sei, der Asylantrag als „offensichtlich unbegründet“ | |
abgewiesen worden. Dies sei bei Fällen aus Afghanistan „untragbar“ – „… | |
sieht auch das Bundesverfassungsgericht so.“ Ein Urteil gegen den | |
„offensichtlich rechtswidrigen“ Bescheid wurde nicht abgewartet und kann | |
nun erst im Nachhinein angegriffen werden. „Eine Abschiebung im laufenden | |
Asylverfahren haben wir insbesondere aus Brandenburg nicht erwartet“, so | |
Laaser. | |
Auch sprächen gesundheitliche Gründe gegen die Abschiebung, so Laaser. Der | |
21-jährige Mann, der in der Unterkunft in Forst arbeitet, leidet laut der | |
Sozialarbeiterin der Gemeinschaftsunterkunft unter panischer Angst und hat | |
bereits versucht sich das Leben zu nehmen. | |
Der Brandenburger Flüchtlingsrat kritisiertet, die Abschiebungen stünden | |
„im Widerspruch zu den eigene Aussagen des Brandenburger Innenministeriums“ | |
nur Gefährder oder Straftäter abzuschieben. „Offensichtlich stehen | |
stattdessen überwiegend Kranke und Schutzbedürftige auf der Abschiebeliste | |
der Landesregierung“. | |
Die Sammelabschiebung am Dienstagabend war die insgesamt 15. in das | |
bürgerkriegsgebeutelte Land. Seit Dezember 2016 wurden etwa 350 Menschen | |
nach Kabul ausgeflogen. Einschränkungen bei der Abschiebung – nur | |
Straftäter, Gefährder und Menschen, die sich weigern, bei ihrer | |
Identitätsfeststellung mitzuwirken –, die seit einem Anschlag auf das | |
deutsche Botschaftsgebäude in Kabul im Mai 2017 bestanden, wurden im Juni | |
aufgehoben. | |
15 Aug 2018 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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