Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Brückeneinsturz in Italien: Eine ungeheure Tragödie
> Im italienischen Genua sind 200 Meter einer Autobahnbrücke eingestürzt.
> Dutzende Menschen starben. Nun wird über Infrastruktur debattiert.
Bild: Trümmer auf Häuser, Hallen und Straßen: eingestürzte Autobahnbrücke …
BERLIN taz | „Oh Gott, oh Gott, oh heiliger Gott“, ist die Stimme auf dem
Video zur hören, langgezogen, entsetzt. Der Grund der Verzweiflung:
Unscharf im strömenden Regen ist zu sehen, wie ein Brückenpfeiler
einstürzt. Etwa 200 Meter einer vierspurigen Autobahnbrücke in der
norditalienischen Stadt stürzte um die Mittagszeit ein und begrub dabei
Gebäude und Autos unter sich.
Am frühen Nachmittag sprach das Verkehrsministerium bereits von 22
Todesopfern. Die Zahl stieg bis zum frühen Abend auf 35. Und sie wird wohl
noch weiter steigen, warnte auch Staatssekretär Edoardo Rixi bei einem
Fernsehinterview in Genua. „Es ist inakzeptabel, dass eine so wichtige
Brücke nicht in einer Art und Weise gebaut war, dass ein Einsturz
ausgeschlossen ist.“ Es zeichne sich eine „ungeheure Tragödie“ ab, schri…
Verkehrsminister Danilo Toninelli auf Twitter. Laut der italienischen
Nachrichtenagentur Ansa sind auch zwei Überlebende aus den Trümmern gezogen
worden.
Bei der Autobahnbrücke handelt es sich um die Ponte Morandi an der A10. Die
viel befahrene Autobahn führt von Genua an der Küste entlang nach
Ventimiglia zur Grenze nach Südfrankreich, sie ist eine Hauptverkehrsader.
Die Brückenanlage aus den 60er Jahren wird auch Polcevera-Viadukt genannt
und überspannt in Genua sowohl Gleisanlagen als auch Wohnblöcke und ein
Gewerbegebiet. Der abgestürzte Brückenteil soll Zeitungsangaben zufolge
über dicht besiedeltes Gelände geführt haben. Zwar sei die größte Strecke
auf den Fluss Polcevero gekracht, doch riesige Trümmer seien auch auf
Häusern, Hallen und Straßen gelandet, auch Gebäude des italienischen
Energietechnik-Unternehmens Ansaldo Energia seien betroffen.
Zum Zeitpunkt des Einsturzes seien etwa 30 Fahrzeuge sowie mehrere Lkw über
das Viadukt gefahren, zitiert die Zeitung La Repubblica den italienischen
Katastrophenschutz. „Zahlreiche Autos“ seien zwischen den Trümmern
eingequetscht worden, melden Agenturen.
## „Neugierigen bleiben bitte zu Hause“
Die Rettungskräfte waren im Großeinsatz, suchten mit Spürhunden nach
Menschen in den Trümmern. Das italienische Rote Kreuz habe Einheiten aus
den Nachbarregionen mobilisiert, schrieb der Präsident der Organisation,
Francesco Rocca. Psychologenteams stünden bereit. Auf Twitter bat er
Schaulustige um Zurückhaltung: „Die Neugierigen bleiben bitte zu Hause, die
Straßen werden von Rettungsfahrzeugen genutzt.“ Der Eisenbahnverkehr rund
um Genua wurde eingestellt.
Bestürzt zeigten sich auch europäische PolitikerInnen: „Nach dem
schrecklichen Brückeneinsturz sende ich den Menschen in Genua und in
Italien meine Anteilnahme“, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel laut
Regierungssprecher Steffen Seibert. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron
bot Italien nach dem Einsturz Unterstützung an.
Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte wollte am Abend nach Genua
reisen. Verkehrsminister Toninelli sprach der Stadt seine Anteilnahme aus
und sagte, man stehe in engem Kontakt zu den Autobahnbetreibern.
Das Viadukt war vor zwei Jahren instandgesetzt worden – doch Bauarbeiten
waren auch in diesen Tagen im Gange. Betreiber ist das Unternehmen
Autostrade, das vom Atlantia-Konzern kontrolliert wird. Autostrade
erklärte, an dem Viadukt sollte mit den Arbeiten das Fundament der Fahrbahn
verstärkt werden. Auf der Brücke selbst habe ein Baukran gestanden. „Die
Arbeiten und der Gesamtzustand der Brücke wurden ständig überwacht“, teilte
das Unternehmen mit. „Die Einsturzursache wird gründlich untersucht, sobald
es sicher ist, die Unglücksstelle zu betreten.“
## Fotos mit Rissen
Eine emotionale Diskussion über die stark überholungsbedürftige
Infrastruktur Italiens tobte bereits kurz nachdem die Nachricht bekannt
wurde: In den sozialen Netzwerken teilten NutzerInnen Fotos, die vom
Polcevera-Viadukt stammen sollen und auf denen tiefe Risse zu sehen sind.
Zudem sind die letzten Unglücksfälle nicht lange her: Im März 2017 starb
ein Paar, als bei Ancona an der Adriaküste eine Brücke auf ihr Auto
stürzte. Im Oktober 2016 wurde ein Rentner in seinem Auto auf einer
Schnellstraße zwischen Mailand und Lecco von Brückenteilen tödlich
getroffen.
(mit Agenturen)
14 Aug 2018
## AUTOREN
Eva Oer
## TAGS
Italien
Infrastruktur
Brücken
Genua
Sparpolitik
Genua
Autoverkehr
Genua
Bangladesch
## ARTIKEL ZUM THEMA
Der EU-Sparkurs und der Brückeneinsturz: Nicht schuldig, aber schizophren
Die EU ist nicht schuldig am Einsturz der Brücke von Genua. Die
schizophrene Politik Brüssels gehört dennoch auf den Prüfstand.
Brückeneinsturz in Genua: Autobahnbetreiber droht hohe Strafe
Nach dem Einsturz der Ponte Morandi mit zahlreichen Toten drohen Politiker
dem Betreiber mit Lizenzverlust und einer Strafe von bis zu 150 Millionen
Euro.
Verkehrsexperte über marode Straßen: „Der Transport ist viel zu billig“
Nach dem Brückenunglück in Genua wird nach Überlebenden gesucht. Helmut
Holzapfel warnt vor Schäden durch LKW-Verkehr auch in Deutschland.
Mindestens 22 Tote: Autobahnbrücke stürzt bei Genua ein
Italiens Verkehrsminister spricht von einer „Tragödie“. Bei Genua stürzt
eine vierspurige Autobahnbrücke ein. Mindestens 22 Menschen kommen dabei
ums Leben.
Fünf Jahre nach Rana-Plaza-Unglück: Kein Stoff für faire Kleidung
Vor fünf Jahren ereignete sich in Bangladesch der Einsturz der Textilfabrik
mit über 1000 Toten. Deutsche Firmen arbeiten an besseren
Arbeitsbedingungen.
Minneapolis: Viele Tote bei Brücken-Einsturz
Schweres Unglück im US-Staat Minnesota: Eine achtspurige Autobahnbrücke ist
über dem Mississippi zusammengekracht. Dutzende Fahrzeuge fielen in den
Abgrund.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.