# taz.de -- Kolumne Unter Leuten: Campen in Spandau | |
> Wo Spree und Havel zusammenfließen, ist ein Paddlerparadies. Demnächst | |
> will unser Autor dort auch den Campingplatz ausprobieren. | |
Bild: Ein Paddlerparadies Spandau: die Havel mit Zitadelle | |
Wer braucht schon Mallorca oder die Malediven, wenn er auch nach Spandau | |
fahren kann. Spandau, das ist der Bezirk im Westen Berlins, in dem Spree | |
und Havel zusammenfließen. Für Paddler gibt es Klein-Venedig, ein Idyll aus | |
mit Seerosen bewachsenen Flussarmen, das auch Kleingärten und Spelunken mit | |
hemdsärmeligen Stammgästen beherbergt. Die Liegewiesen an der Havel sind | |
leerer als die Copacabana. Nur die fünfspurige Heerstraße muss man sich | |
wegdenken. Ansonsten ist Spandau ein Sommerurlaubsparadies. | |
Doch es ist kein echter Urlaub, wenn man nach einem entspannten Tag am | |
Wasser wieder in seine Wohnung in der aufgeheizten Berliner Innenstadt | |
zurückmuss. Warum also nicht mal campen? Direkt am Havelufer, beim Berliner | |
Camping-Club. Einem der wenigen Zeltplätze in der Hauptstadt. Seit ich mir | |
vor Kurzem ein Kajak gekauft habe, bin ich öfters an den Wohnmobilen | |
vorbeigepaddelt. Ich habe mich nie getraut, dort anzulegen. Camping hat ja | |
einen durchwachsenen Ruf. Mir kommen der Geruch von ungelüfteten | |
Schlafkabinen, verbrannter Grillwurst und schalem Bier in den Sinn. | |
Es ist Samstagnachmittag, als ich beschließe, mir den Camping-Club genauer | |
anzuschauen. Ich parke den Wagen vor der Anlage. Hinter dem Eingang treffe | |
ich zwei Platzwärtinnen. Eine hält ihren Kopf gerade über einen | |
Rasensprenger. „Aus dem Vorstand? Ja, Alexander müsste da sein“, sagt die | |
andere. | |
Alexander ist ein gemütlicher Mann Anfang 30 in breiten, gemusterten | |
Badeshorts. Er führt mich zu seinem Wohnmobil. „Die Campingstühle sind noch | |
von meinem Stiefvater, die wackeln etwas“, sagt seine Frau Cindy. Wir | |
setzen uns ans Vorzelt. | |
1953 wurde der Verein gegründet, erzählt Alexander. „Damals war Westberlin | |
eingeschlossen, man brauchte Grünflächen zur Erholung.“ Neben Kleingärten | |
ist so auch der Berliner Camping-Club entstanden. „Mein Opa hat schon an | |
der Havel gecampt, mein Vater hat seine Mutter hier kennengelernt“, sagt | |
Alexander. Und auch er ist im Club verwurzelt. „Gleich nach meiner Geburt | |
sind wir vom Krankenhaus hier rausgefahren.“ | |
Die 82-jährige Waltraud setzt sich zu uns. Seit knapp 60 Jahren campt sie | |
auf dem Platz. Das Geld war knapp damals. „Erst ham wa Hauszelte jekoft. | |
Dann ham wa nen Klappfixwagen jehabt. Dann 71 den ersten Wohnwagen. Und so | |
ging dit weiter.“ Von Anfang April bis Mitte September ist Waltraud auf dem | |
Campingplatz. „Durchgehend“, sagt sie. Wird ihnen das nicht zu eng? „Ach | |
wat“, sagt Waltraud. „Wir haben doch allet!“ So richtig allein sein möch… | |
hier eh niemand. | |
Nach einer starken Tasse Kaffee verabschiede ich mich mit dem Versprechen, | |
bald mit meinem Kanu wiederzukommen. Für eine Nacht oder auch zwei. Das | |
reicht fürs Erste. | |
11 Aug 2018 | |
## AUTOREN | |
Philipp Eins | |
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