# taz.de -- Rockermilieu und kurdische Großfamilie: Absolute Treue und brutale… | |
> Rezan Cakici ist spurlos verschwunden. Sein Fall führt in eine Welt, in | |
> der die Gesetze der Rocker und die Kultur kurdischer Großfamilien | |
> verschmelzen. | |
Bild: Rezan Cakici eckte mit seiner kurdischen Herkunft bei den türkischen Roc… | |
BREMEN/OLDENBURG/ISTANBUL taz | Die Stunden vor dem Verschwinden von Rezan | |
Cakici sind gut dokumentiert. Eine Videokamera in einer Filiale der | |
Deutschen Bank in der Oldenburger Innenstadt zeichnet am 3. Juli 2017 auf, | |
wie er um 19.25 Uhr am Automaten Geld auf sein Konto einzahlt. Um 19.51 Uhr | |
loggt sich sein Handy in das WLAN-Netz der Shisha-Bar SmokingzZ in der Nähe | |
des Oldenburger Bahnhofs ein. | |
Sein Cousin Ali Cakici sagt, er habe ihn in dieser Shisha-Bar zum letzten | |
Mal gesehen. „Rezan war gut drauf“, wird Ali Cakici später erzählen. „R… | |
hat einen ganz normalen Eindruck gemacht. Dann gab es Anzeichen dafür, dass | |
es vielleicht eine Situation geben könnte, für die es hilfreich wäre, ihn | |
zu begleiten. Ich hatte ihm angeboten, dass ich ihn begleite, das wollte er | |
aber nicht.“ Kurze Zeit später sei Rezan Cakici allein durch den | |
Hinterausgang rausgegangen. Seitdem fehlt von ihm jede Spur. | |
Rezan Cakici ist ein 1,97 Meter großes Muskelpaket, Kampfsportler, bis zum | |
Hals tätowiert. Kurze Zeit war er Chef der Hells Angels Turkey Nomads in | |
Bielefeld. In seiner Strafakte stehen rund 20 Vorstrafen wegen diverser | |
Beleidigungen, wegen Körperverletzung, Nötigung, Waffenbesitz. Der | |
30-Jährige ist auch Vater zweier Kinder. Er sei ein Familienmensch, sagt | |
sein Vater. „Rezan könnte nicht drei Tage ohne seine kleine Tochter leben.“ | |
[1][Mitten in Oldenburg ist Rezan Cakici verschwunden]. Was ist mit ihm | |
passiert? Ist er einfach abgehauen? Mit einer halben Million Euro, die er | |
seinem Cousin gestohlen haben könnte? Die Polizei vermutet Drogengeschäfte | |
im Hintergrund. Gerüchte sagen, Rezan Cakici sei nach Schweden abgetaucht. | |
Sein Vater Necat Cakici ist überzeugt, dass sein Neffe Ali hinter dem | |
Verschwinden seines Sohns steckt. Ali Cakici ist auch Rocker und Mitglied | |
der Gruppe Hells Angels Key Area Bremen. | |
## Cousin von Cakici im Verdacht | |
Der Fall Rezan Cakici führt tief hinein in eine Welt, in der die Kultur | |
kurdischer Großfamilien und die ungeschriebenen Gesetze der Rocker | |
verschmelzen. Es ist eine Welt, in der Schusswaffen allgegenwärtig sind und | |
auch einmal eine Bombe unter einem geparkten Auto explodiert. | |
Die Suche beginnt in Bremen Kattenturm – einem Stadtteil mit vielen | |
Hochhäusern, vielen Migranten und vielen Sozialhilfeempfängern. Die Frau | |
und die Kinder des Verschwundenen leben hier, und sein Vater Necat Cakici. | |
Für ein Gespräch schlägt er ein Großraumcafé vor. Er bezeichnet sich als | |
„Lehrer“, auch wenn er in Deutschland nie als solcher gearbeitet hat, | |
seriöses Auftreten, ergraute Haare. Womit er sein Geld verdient, will er | |
nicht sagen. | |
„Ich hoffe trotz allem, dass er noch am Leben ist“, sagt Necat Cakici über | |
seinen Sohn Rezan. Mehrfach hat er in den Monaten nach dem Verschwinden auf | |
seinem Facebook-Account darum gebeten, ihm ein Lebenszeichen zu senden. | |
Aber bislang hat sich Rezan nicht gemeldet. Necat Cakici erzählte der | |
Polizei von seinem Verdacht gegen seinen Neffen Ali Cakici. Der setzte sich | |
nach Istanbul ab. | |
An dem Abend, an dem Rezan Cakici verschwand, warteten zwei Freunde von Ali | |
Cakici in einem Auto in der Nähe der Shisha-Bar. Das weiß die Polizei durch | |
die Auswertung von WhatsApp- und GPS-Daten. Allerdings verlieren sich die | |
Spuren. Die Polizei hat die Ermittlungen mittlerweile erfolglos | |
eingestellt. Nicht weil die Ermittler Ali Cakici für unschuldig hielten, | |
sondern weil sie weder eine Leiche noch ein nachweisbares Motiv gefunden | |
haben. | |
Necat Cakici sagt, er habe kein Vertrauen zu der „dreckigen Justiz“, er | |
spricht im Gespräch mit der taz am wochenende offen von „Selbstjustiz“. | |
Wenn es jetzt zu einem Zusammentreffen mit Ali kommen würde, dann „kann die | |
Polizei die Leichen auf der Straße einsammeln“. Dass sein Sohn auch kein | |
unbeschriebenes Blatt ist, darüber spricht der Vater nicht so gern. | |
Abdullah Rezan Cakici, geboren 1988 in Westerstede im Nordwesten | |
Niedersachsens, hatte es in Bielefeld zum Rockerboss gebracht. Er hatte | |
sich hochgekämpft in dieser Welt mit ihren eigenen Regeln und | |
Ehrvorstellungen. Dann stürzte er ab. 2013 geriet er ins Visier der | |
Polizei, die seine Rocker im Verdacht hatte, die Diskoszene in Bielefeld | |
beherrschen zu wollen. Und „beherrschen“ heißt in der Regel: Schutzgeld | |
kassieren. Schwer bewaffnete Spezialkräfte kesselten die damals 33 Turkey | |
Nomads von Rezan Cakici ein. | |
## Out in bad standing – Fatwa in Rockerkreisen | |
Der wehrte sich großmäulig – vor Gericht landete schließlich nur ein | |
Verfahren wegen Beamtenbeleidigung. „Idioten“ soll er die Polizisten | |
genannt haben. Das brachte ihm sechs Monate ohne Bewährung ein, offenbar | |
eine „Strafe mit Rockerzuschlag“, schimpfte er damals. Zum Verhängnis | |
wurden Cakici nicht die Ermittlungen der Polizei. Schwerwiegender war, dass | |
er mit einem Bekenntnis zu seiner kurdischen Herkunft und der PKK in der | |
eigenen Rockergruppe aneckte. | |
Die Führung der [2][Hells-Angels-MC-Nomads-Turkey-Rocker] in der Türkei | |
erklärte Rezan Cakici 2014 für out in bad standing. Das ist eine Fatwa in | |
Rockerkreisen – jeder Aspirant, der den Ausgeschlossenen beseitigt, tut | |
damit ein gutes Werk. Die Polizei soll deshalb sogar einen Personenschutz | |
für Cakici erwogen haben. | |
Cakici reagierte mit einem emotionalen Video auf YouTube. „Ich bin stolz, | |
Kurde zu sein“, erklärte er dort. „Meine Familie ist zehnmal so groß wie | |
Hells Angels Türkei.“ Und er drohte den Turkey Nomads: „Ich habe Eier aus | |
Stahl. Wer ein Mann ist, soll kommen. Ich kämpfe bis zum letzten Tropfen. | |
Ich werde auf jeden Fall ein paar von euch mitnehmen.“ Das war im Sommer | |
2014, wenige Tage später entschuldigte er sich für seine Kriegserklärung. | |
Der Konflikt sei damals direkt in Izmir beigelegt worden, er habe dabei | |
geholfen, sagt sein Cousin Ali Cakici. Später verkehrte Rezan Cakici wieder | |
in Rockerkreisen. Er hatte immer wieder Streit mit diesem oder jenen, aber | |
es gab keine grundsätzlichen Probleme mit den Rockern. Deshalb spricht | |
nichts dafür, dass die Hells Angels Turkey hinter seinem Verschwinden | |
stecken. | |
## Ahnte er, dass es Probleme geben würde? | |
Am 29. Juni 2017, ein paar Tage vor seinem Verschwinden, postet Rezan | |
Cakici auf Facebook ein Foto von sich, dazu schreibt er: „Erzähl den Leuten | |
nur das, was du die wissen lassen möchtest.“ An wen richtete sich diese | |
Botschaft? Ahnte er, dass es Probleme geben würde? | |
Rezan Cakici hatte kein Geld für die teuren Autos, mit denen er gern | |
vorfuhr. Der Porsche Cayenne, den er nutzte, war von dem Bremer Unternehmer | |
Rainer Westendorff für ihn geleast worden und auf dessen Firma angemeldet | |
gewesen – „weil ich für die Fahrzeuge weniger Versicherung zahlen muss“, | |
erklärte der Unternehmer später der Polizei. Vielleicht war das aber auch | |
der Dank dafür, dass Rezan Cakici den Transportunternehmer einmal auf einer | |
schwierigen Geschäftsreise nach Izmir begleitet hatte. | |
Auf Rechnung des deutschen Unternehmers verfügte der Rocker zudem über zwei | |
SUVs von Audi. Mit einem war er am 3. Juli unterwegs, bevor er verschwand. | |
Westendorff behauptete gegenüber der Polizei, Cakici habe für diese | |
Verträge seine Unterschrift gefälscht, weswegen er das Geld von ihm | |
zurückgefordert habe, mit Frist bis zum 3. Juli 2017. Ausgerechnet. | |
Die Polizei geht davon aus, dass hinter dem Verschwinden der Streit um | |
große Summen aus Drogengeschäften steht. Sie hat umfangreiche | |
elektronische Spuren ausgewertet, die die Handykommunikation und die | |
GPS-Ortung der Autos hinterlassen haben– ohne eindeutiges Ergebnis. In vier | |
Monaten seien fast eine halbe Million Euro verschwunden, die in seiner | |
Wohnung versteckt waren, klagte Ali Cakici in einer SMS wenige Tage vor dem | |
Verschwinden von Rezan Cakici gegenüber Andree Pröhl, dem „Chef“ seiner | |
Rockergruppe Hells Angels Key Area Bremen – und er habe einen „Verdacht“. | |
## „Ein Westersteder Junge“ | |
Der Verdacht richtete sich gegen seinen Cousin, den verschwundenen Rocker | |
Rezan Cakici, denn dieser hatte einen Schlüssel zu Ali Cakicis Wohnung. Ali | |
Cakici war auch der Letzte, der Rezan Cakici am 3. Juli 2017 gesehen und | |
gesprochen hat. Ist Rezan Cakici mit dem Geld abgehauen, oder wurde er | |
deswegen ermordet? | |
Ali Cakici erklärt sich zu einem Treffen mit der taz am wochenende in | |
Istanbul bereit. Er schlägt das vornehme Szenelokal Cafe'de Keyff vor. Ein | |
heller, hoher Raum, es läuft englischsprachige Popmusik. Die Kellner sind | |
gekleidet wie in einem 5-Sterne-Hotel, zwei kommen auf Cakici zu und | |
begrüßen ihn mit herzlicher Umarmung. Scheinbar alte Freunde. Cakici ist | |
wie sein Cousin bis zum Hals tätowiert, breite Schultern, breite Arme, | |
Rockersymbole auf der Jacke – jeder soll sehen, dass er zu den Hells Angels | |
gehört. | |
Er sei „ein Westersteder Junge“, sagt er über sich selbst. 1979 ist er in | |
dem niedersächsischen Örtchen geboren, seine Eltern kamen aus den | |
kurdischen Bergen als Gastarbeiter nach Deutschland. Ali Cakici ist am 24. | |
Juli 2017 über Nacht aus Oldenburg nach Istanbul abgehauen. Er wollte eine | |
Eskalation mit Rezans Vater vermeiden, sagt er, eigentlich habe er nur kurz | |
in Istanbul bleiben wollen. Aber dann ermittelte die Staatsanwaltschaft | |
gegen ihn – und in Untersuchungshaft wollte er auf keinen Fall. | |
Acht Jahre, ein Fünftel seines Lebens, hat er hinter Gittern verbracht, | |
Gewalttaten, Waffen, Drogen, Falschgeld. Aber seit 2001 ist er nicht mehr | |
verurteilt worden, betont er. Zwar hat die Polizei in Oldenburg ihre | |
Ermittlungen gegen ihn beendet, aber die Staatsanwaltschaft hat das | |
Verfahren noch nicht eingestellt. Sie hat aber nach Aussage seines Anwalts | |
angekündigt, dass dies demnächst passieren wird. Dann will Ali Cakici nach | |
Oldenburg zurück, wo es derzeit kein Hells-Angels-Chapter gibt. | |
## Kurdische Großfamilien und Rockerkultur | |
Ali Cakici ist ein gesprächiger Typ. Die Hells Angels sind für ihn eine | |
„Bruderschaft“, erklärt er. Man stehe füreinander ein wie unter richtigen | |
Brüdern. Man ist gemeinsam stark und feiert gemeinsam wie in einer großen | |
Familie. Zwischen der Mentalität kurdischer Großfamilien und der Kultur der | |
Rocker gibt es manche Seelenverwandtschaft: Es sind regionale | |
Gemeinschaften mit absoluter Treue nach innen und im Zweifelsfall brutaler | |
Härte nach außen. „Ein Teil einer Bruderschaft zu sein, kann man nicht in | |
Worte fassen, man muss es tatsächlich leben“, sagt Ali Cakici. „Ich bin | |
stolz darauf, bei dem besten MC der Welt Mitglied zu sein.“ | |
Rockerclubs wie die Hells Angels haben ihre eigene Moral und ihre eigenen | |
Machtstrukturen. Dazu gehört, dass es keinerlei Kooperation mit Polizei und | |
Justiz gibt. Wer so etwas tut, ist eine „Bullenfotze“ und wird ausgegrenzt. | |
„Ich würde niemals zulassen, dass dem Club oder meinen Brüdern Schaden | |
entsteht“, sagt Ali Cakici. Zur internen Moral der Hells Angels gehört | |
auch, dass man sich bei Drogengeschäften nicht erwischen lassen darf: „Wer | |
wegen Drogengeschäften verurteilt wird, fliegt sofort raus“, erzählt | |
Cakici. | |
Und er betont, dass der „Familienkrieg“ der Cakicis nichts mit dem | |
Rockerclub zu tun habe. In ihrer Familie sei die Gemeinschaft schon lange | |
zerfallen, schon seit Jahrzehnten gebe es Konflikte. Seit dem Verschwinden | |
seines Cousins Rezan behandele man sich wie Fremde. Wenn das Gespräch auf | |
Necat Cakici kommt, den Vater des verschwundenen Cousins, versteinert sich | |
Ali Cakicis Gesicht: Mit haltlosen Beschuldigungen habe der ihn in | |
kurdischen Kreisen in Verruf gebracht. | |
Necat Cakici hat viele Kontakte, immerhin war er einmal im Vorstand des | |
Bremer Kulturvereins Birati, den der Verfassungsschutz für eine | |
Tarnorganisation der PKK hält. Durch den Familienstreit sei inzwischen | |
seine Oldenburger Trockenbaufirma ruiniert, erzählt Ali Cakici. Stolz zählt | |
er auf, auf welchen renommierten Baustellen er und seine Leute gearbeitet | |
haben: Die Männer von Cakici Trockenbau seien die besten Verputzer von | |
Rigipsplatten in Norddeutschland gewesen. | |
## Es geht immer um Geld und Macht | |
Er und sein Cousin hätten immer ein vertrauensvolles Verhältnis gehabt, | |
sagt Ali Cakici. Deswegen treffe ihn der Vorwurf, er habe mit dessen | |
Verschwinden zu tun, hart. „Wenn es jetzt ein Zusammentreffen geben würde | |
mit Necat, dann würde es heftig knallen. Egal wann, egal wo, eine Seite | |
würde das nicht überleben.“ | |
Seine Meinung über seinen Onkel ist denkbar schlecht: „Necat war immer ein | |
Totalversager, er hat von mir finanzielle Unterstützung bekommen, weil es | |
eine Familie ist. Und mein Vater hatte Necat aus Köln geholt, wo er als | |
Spielsüchtiger Schulden hatte.“ Die Polizei fand in Necat Cakicis Tasche | |
bei einer Kontrolle im Juli 2017 mehrere Packungen Viagra, ein Bündel | |
50-Euro-Scheine und eine Pistole. Im September hat er deshalb einen | |
Gerichtstermin wegen illegalen Waffenbesitzes. Womit Necat Cakici sein Geld | |
verdient, will auch Ali nicht sagen: „Ich belaste niemanden.“ | |
Zur Kultur der Rocker gehören die Symbole des Reichtums und die kraftvollen | |
Wörter. Es geht immer um Geld und Macht, in der Kombination mit | |
Schusswaffen ein explosives Gemisch. Im Streit der Cakici-Familie hat es | |
bereits zu einem ersten Todesopfer geführt. | |
Bei einer Gerichtsverhandlung vor dem Oldenburger Landgericht erzählt der | |
Vater Necat Cakici, dass er am 27. Juli 2017 Ali noch einmal eindringlich | |
habe fragen wollen, was er über das Verschwinden seines Sohn weiß. Deswegen | |
sei er zusammen mit seinem Bruder Zülfü an jenem Tag zu dessen Firma nach | |
Oldenburg gefahren. Aber Ali Cakici war da schon Richtung Türkei | |
verschwunden. Necat, eine Pistole in der Umhängetasche, traf nur auf den | |
Angestellten Mustafa Y., auch ein Rocker, aber kein „Member“ der Hells | |
Angels. | |
## Ein erstes Todesopfer und eine Bombe unterm Auto | |
Es sei anfangs nur kurz um das Verschwinden von Rezan Cakici gegangen. | |
Mustafa Y. berichtete später vor Gericht, er habe gegenüber dem Vater nur | |
wiederholt, dass er darüber nichts wisse. Necat Cakici habe dann aber Geld | |
gefordert. Ob das „Schutzgeld“ sein solle, habe er als erste Reaktion den | |
Vater des verschwundenen Rockers gefragt. Als er die Polizei anzurufen | |
versuchte, ist Zülfü Cakici mit einem Messer auf Mustafa Y. losgegangen, | |
nicht ahnend, dass der eine Pistole im Hosenbund hatte. | |
Zülfü Cakici wurde durch einen Schuss getötet. Der Angeklagte Mustafa Y. | |
habe in Notwehr geschossen, urteilte das Landgericht. Die zwei Jahre und | |
sechs Monate Haft bekam er wegen illegalen Waffenbesitzes. Necat Cakici | |
aber geht von einem gezielten Mord aus, was nach dem kurdischen Ehrenkodex | |
Sühne verlange: „Wenn das Gericht mein Gewissen nicht beruhigt, dann ist | |
das für mich ein Auftrag zur Selbstjustiz“, sagt er im Gespräch mit der taz | |
am wochenende. | |
Die Entlassung von Mustafa Y. auf Bewährung dürfte noch in diesem Jahr | |
bevorstehen. Und wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Ali Cakici | |
eingestellt hat, will der im Herbst zurückkommen nach Oldenburg. Schon im | |
Herbst 2017 hat es geknallt: Necat Cakici hatte sein Auto am 7. November | |
2017 vor seiner Wohnung abgestellt, kurze Zeit später explodierte darunter | |
ein Sprengsatz. Das sei eine „Handschrift“ aus dem Rockermilieu, erklärte | |
die Polizei. Aber wer drohen und wen weswegen warnen wollte – das wissen | |
die Ermittler nicht. | |
„Kurze Zeit vorher soll es Drohungen gegen meine Familie gegeben haben“, | |
erzählt Ali Cakici in Istanbul. Die Polizei habe seine Frau und die Kinder | |
abgeholt. „Zu ihrem eigenen Schutz, hat man meiner Frau gesagt.“ Er habe | |
bei der Polizei in Oldenburg angerufen und nachgefragt, „wie ernst ich | |
diese Bedrohung nehmen muss“. Die Polizei wollte dazu nichts sagen. Nur | |
wenige Stunden später explodierte dann die Handgranate unter dem Auto | |
seines Onkels. Ali Cakici sagt dazu: „Solche Zufälle gibt es.“ | |
13 Aug 2018 | |
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Klaus Wolschner | |
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