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# taz.de -- Demos gegen Rentenreform in Russland: „Ich will nicht bei der Arb…
> Zehntausende demonstrieren in Russland gegen die geplante Rentenreform.
> Die Kommunistische Partei fordert ein landesweites Referendum.
Bild: „Russland braucht eine Polizei- und Gerichtsreform, keine Rentenreform�…
Zigtausende sind am Samstag dem Aufruf der Kommunistischen Partei
Russlands, anderer linker Gruppen und Gewerkschaften gefolgt und haben in
90 russischen Städten gegen die geplante Rentenreform demonstriert. Auch
andere Kräfte wie die Linke Front, die Rotfront, Anhänger des
Oppositionellen Alexej Nawalny, die liberale Jabloko-Partei und
Gewerkschafter waren dabei.
Allein in Moskau, so die Radiostation „Echo Moskau“, waren mehr als 10.000
Menschen auf die Straße gegangen. Sergej Udalzow von der „Linken Front“
spricht sogar von 50.000 demonstrierenden Gegnern der geplanten
Rentenreform in Moskau.
Die Reform sieht eine bis 2028 zu vollziehende etappenweise Erhöhung des
Renteneintrittsalters vor. Männer, die derzeit mit 60 Jahren Rentner
werden, sollen dann ab 65 Jahren ihre Rente erhalten, Frauen, die derzeit
mit 55 in Rente gehen, sollen dann bis zum 63. Lebensjahr auf ihre Rente
warten. Schon heute arbeiten viele Menschen in Russland auch als Rentner
weiter, reichen doch die meistens unter 200 Euro liegenden Rentenbeträge
kaum zum Leben aus.
Am 24. September soll das Gesetz zur Rentenreform in zweiter Lesung
verabschiedet werden.
## Ruf nach Rücktritten
Auf Plakaten und Transparenten wie „Vor dem Tod obdachlos“, „Die
Rentenreform ist Raub an der Bevölkerung“, „Gegen den sozialen Terror der
Machthaber“, „Ich will nicht bei der Arbeit sterben“ machten die
Demonstranten ihrem Unmut Luft. Immer wieder wurde auch der Ruf nach einem
Rücktritt von Präsident Putin und Regierungschef Medwedjew laut. In St.
Petersburg forderten die Demonstranten gar Parlamentsneuwahlen.
Einer der Organisatoren, Sergej Udalzow, verbrannte Porträts von Dmitri
Medwedew und Wladimir Putin mit den Worten „Brennt in der Hölle, ihr Feinde
Russlands“. Der Chef der Linken Front war von 2013 bis 2017 in Haft, weil
er bei einer Demonstration auf dem Bolotnij-Platz Unruhen angestiftet haben
soll.Ausgerechnet am Tag der Eröffnung der Fußball-Weltmeisterschaft am 14.
Juni hatte die russische Regierung die geplante Rentenreform
bekanntgegeben. Offensichtlich hatte man damit gerechnet, dass diese
Nachricht im Trubel der Spiele untergehen würde. Und tatsächlich blendeten
die Euphorie der Weltmeisterschaft und das Verbot jeglicher Aktionen
währenddessen den Unmut über die Reform zunächst aus. Doch sofort mit dem
Ende der Fußballweltmeisterschaft meldete die Kommunistische Partei
Demonstrationen an.
Im Gegensatz zu den Demonstrationen im März vergangenen Jahres, als
Anhänger des Oppositionspolitikers Alexej Nawalni in Dutzenden russischen
Städten gegen Korruption demonstriert hatten, ist der Widerstand gegen die
Regierung nicht nur außerparlamentarisch. Auch im Parlament, das in der
Regel von der Regierung eingebrachte Gesetzesentwürfe weitgehend
diskussionslos absegnet, regt sich Widerstand. So haben alle Parteien außer
der Regierungspartei „Eines Russland“ die Rentenreform abgelehnt.
## Landesweites Referendum gefordert
Für die Regierung ist es ein schwerer Imageschaden, das ausgerechnet
Natalja Poklonskaja, Star der russischen Medien, als einzige Abgeordnete
der Regierungspartei gegen die Rentenreform gestimmt hatte. Die von der
Krim stammende Staatsanwältin hatte 2014 die russische Annexion sofort
unterstützt, alle Ämter in der Ukraine niedergelegt und war am 11. März
2014 zur Generalstaatsanwältin der Krim ernannt worden. Seit 2016 ist die
Juristin, die in der Ukraine mit Haftbefehl gesucht wird,
Parlamentsabgeordnete der Regierungspartei „Eines Russland“ in der
staatlichen Duma.
Unterdessen hat die Leiterin der Zentralen Wahlkommission, Ella Pamfilowa,
bekannt gegeben, dass man einem Antrag der Kommunistischen Partei, ein
landesweites Referendum zur Rentenreform durchzuführen, aus formalen
Gründen nicht stattgeben könne.
Auch eine weitere Gesetzesänderung dürfte für Unmut in der Bevölkerung
sorgen: Am vergangenen Samstag segnete der Föderationsrat die Erhöhung der
Mehrwertsteuer von derzeit 18 auf 20 Prozent ab.
29 Jul 2018
## AUTOREN
Bernhard Clasen
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