| # taz.de -- Nach Debatte um Foto mit Erdoğan: Mesut Özil tritt zurück | |
| > Mesut Özil verlässt die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. Er wirft | |
| > Verbandschef Reihard Grindel und der DFB-Führung Rassismus vor. | |
| Bild: Abschied mit Kusshand – am 27. Juni beim WM-Spiel gegen Südkorea | |
| Berlin dpa | Mesut Özils krachender Rücktritt aus der Nationalelf bringt | |
| die DFB-Spitze in Erklärungsnot und befeuert die heikle Debatte über | |
| Rassismus in Deutschland. Mit seinen scharfen Vorwürfen gegen | |
| [1][Verbandschef Reinhard Grindel] und angeblich fremdenfeindliche | |
| Funktionäre hinterließ der 29-Jährige dem Deutschen Fußball-Bund eine | |
| schwere Bürde für die weitere Aufarbeitung des WM-Scheiterns. Darüber | |
| hinaus dürfte durch Özils Abrechnung die Diskussion um die Bereitschaft der | |
| Deutschen zur Integration von Migranten und deren Nachkommen wieder neu | |
| entbrennen. Für seine Abrechnung erntete Özil harte Kritik, aber auch | |
| großes Lob – nicht zuletzt aus Ankara. | |
| Özils Entscheidung sei „für die Integrationsbemühungen in unserem Land üb… | |
| den Fußball hinaus ein schwerer Rückschlag“, sagte der frühere | |
| DFB-Präsident Theo Zwanziger der Deutschen Presse-Agentur. | |
| Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) sprach von einem | |
| „Alarmzeichen, wenn sich ein großer, deutscher Fußballer wie Mesut Özil in | |
| seinem Land wegen Rassismus nicht mehr gewollt und vom DFB nicht | |
| repräsentiert fühlt“. SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel appellierte „an … | |
| Bürgerinnen und Bürger mit unterschiedlichen Wurzeln: Wir gehören zusammen | |
| und wir akzeptieren Rassismus never ever.“ | |
| In einer dreiteiligen, über die sozialen Netzwerke verbreiteten Erklärung | |
| zu seinem Rückzug aus der DFB-Auswahl, mit der er 2014 in Brasilien | |
| Weltmeister geworden war, fragte Özil am Sonntag: „Ich wurde in Deutschland | |
| geboren und ausgebildet, also warum akzeptieren die Leute nicht, dass ich | |
| Deutscher bin?“ Und weiter: „Gibt es Kriterien, ein vollwertiger Deutscher | |
| zu sein, die ich nicht erfülle? Meine Freunde Lukas Podolski und Miroslav | |
| Klose werden nie als Deutsch-Polen bezeichnet, also warum bin ich | |
| Deutsch-Türke? Ist es so, weil es die Türkei ist? Ist es so, weil ich ein | |
| Muslim bin?“ | |
| Zuvor hatte der Spielmacher des FC Arsenal die [2][umstrittenen Fotos mit | |
| dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan], die die Affäre im Mai | |
| ausgelöst hatten, vehement gegen alle Kritik verteidigt. | |
| ## Hassmails und Drohanrufe | |
| Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz | |
| (CDU), nannte es „gut, dass sich Özil endlich erklärt“. Trotz Özils | |
| türkischer Wurzeln, die er als zentralen Grund für die Einwilligung in das | |
| Treffen mit Erdogan nannte, müsse er sich als Nationalspieler aber auch | |
| Kritik gefallen lassen, wenn er sich für Wahlkampfzwecke hergebe. Dies | |
| dürfe jedoch nicht „in pauschale Abwertung von Spielern mit | |
| Migrationshintergrund umschlagen“, betonte Widmann-Mauz. | |
| Özil hatte über das Verhalten von DFB-Chef Grindel in der Erdogan-Affäre | |
| geschrieben: „In den Augen von Grindel und seinen Helfern bin ich | |
| Deutscher, wenn wir gewinnen, aber ein Immigrant, wenn wir verlieren.“ Er | |
| und seine Familie hätten hasserfüllte E-Mails und Drohanrufe erhalten, von | |
| Beleidigungen in den sozialen Netzwerken ganz zu schweigen, teilte der | |
| 92-malige Nationalspieler mit. | |
| Während sich der DFB zunächst nicht zu Özils Aussagen äußerte, warteten | |
| türkische Regierungspolitiker mit großem Lob auf. „Wir unterstützen die | |
| ehrenhafte Haltung unseres Bruders Mesut Özil von Herzen“, erklärte | |
| Sportminister Mehmet Kasapoglu. Justizminister Abdulhamit Gül gratulierte | |
| dem gebürtigen Gelsenkirchener mit türkischen Wurzeln, weil dieser mit | |
| seinem Rücktritt das „schönste Tor gegen den faschistischen Virus | |
| geschossen“ habe. Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin begrüßte Özils Aussage, | |
| dass er den türkischen Präsidenten wieder treffen würde. | |
| Die Debatte um die Fotos mit Erdogan hatte die Nationalmannschaft bei ihrer | |
| Vorbereitung auf die WM und beim Turnier in Russland belastet. Ilkay | |
| Gündogan, der sich ebenfalls mit dem türkischen Staatschef getroffen und | |
| für Fotos posiert hatte, erklärte noch während des Trainingslagers, er habe | |
| keine politischen Absichten verfolgt. Özil indes schwieg wochenlang, ehe er | |
| sich am Sonntag mit seinen über mehrere Stunden verteilten Erklärungen zu | |
| Wort meldete. Darin bestritt auch er politische Absichten. | |
| ## Verbandsspitze unter Druck | |
| In der Nationalmannschaft muss Bundestrainer Joachim Löw nun nicht nur für | |
| die nächsten Länderspiele gegen Weltmeister Frankreich am 6. September und | |
| gegen Peru drei Tage später ohne seinen früheren Musterschüler Özil planen. | |
| Die Diskussion um den Mittelfeldspieler aber hatte schon länger die | |
| sportliche Dimension überschritten und mischte sich auch in die hitzige | |
| Asyldebatte. | |
| Auch die Verbandsspitze des DFB steht nun unter gehörigem Druck – | |
| insbesondere Präsident Grindel. „Ich werde nicht länger als Sündenbock | |
| dienen für seine Inkompetenz und seine Unfähigkeit, seinen Job ordentlich | |
| zu erledigen“, kritisierte Özil den langjährigen | |
| CDU-Bundestagsabgeordneten. Mehrere Parlamentarier, darunter die | |
| Bundestagsabgeordneten Renate Künast, Omid Nouripour (beide Grüne) und | |
| Frank Schwabe (SPD), forderten den Rücktritt Grindels. | |
| Der Grüne-Abgeordnete Cem Özdemir sagte der Berliner Zeitung: „Es ist | |
| fatal, wenn junge Deutsch-Türken jetzt den Eindruck bekommen, sie hätten | |
| keinen Platz in der deutschen Nationalelf. Leistung gibt es nur in | |
| Vielfalt, nicht in Einfalt. So sind wir 2014 Weltmeister geworden. Und | |
| Frankreich jetzt.“ | |
| 23 Jul 2018 | |
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