# taz.de -- Proteste in Uganda: Aufruhr gegen „Social Media Tax“ | |
> Die Steuer auf soziale Medien treibt Jugendliche auf die Straße. Ihr | |
> Anführer: Bobi Wine, Rapper und Ugandas jüngster Abgeordneter. | |
Bild: Polizei räumt Demonstranten von der Straße, Kampala, 11. Juli | |
KAMPALA taz | Es stinkt nach Tränengas im Zentrum von Ugandas Hauptstadt | |
Kampala. Polizisten in Schutzanzügen und Helmen feuern Gummigeschosse in | |
den geschäftigen Straßen, einer ballert mit der Kalaschnikow in die Luft. | |
Dann rennt die Menschenmenge, die sich in den geschäftige in alle | |
Richtungen davon. Übrig bleiben rund ein Dutzend Leute in knallroten | |
T-Shirts mit dem Aufdruck eines Smartphones und dem Schriftzug: „This Tax | |
must go“ (Diese Steuer muss weg). | |
Die Ugander protestieren gegen die sogenannte [1][Soziale-Medien-Steuer, | |
die zu Beginn des Monats eingeführt worden war]. Um mit Smartphone oder | |
Computer Onlinedienste wie Whatsapp, Twitter, Facebook oder Tinderzu | |
nutzen, wird jetzt eine Steuer von umgerechnet 0,04 Euro pro Tag fällig – | |
sonst tut sich in diesen Apps nämlich nichts. | |
Knapp eine Woche nach Einführung der Steuer riefen nun Abgeordnete des | |
Parlaments und Aktivisten zu Protesten auf. Allen voran: Robert Kyagulanyi, | |
landesweit bekannt unter seinem Künstlernamen Bobi Wine. | |
[2][Der 36-Jährige ist der jüngste Abgeordnete im Parlament] und Ugandas | |
berühmtester Rapper. Seine Anhänger nennen ihn „Ghetto Präsident“, weil … | |
in seinen Songs und in der Politik die Stimme der Jugend vertritt, knapp | |
Dreiviertel der 44 Millionen Einwohner. Diese Jugendlichen hat er über die | |
sozialen Medien aufgerufen, ihm bei seinem Protestmarsch durch die | |
Hauptstadt zu folgen. | |
Doch kaum sind Schüsse zu hören, laufen die Protestler davon. Bobi Wine | |
steht in seinem roten T-Shirt inmitten einer kleinen Traube rot gekleideter | |
Anhänger fast alleine da. Polizisten umzingeln ihn, greifen nach seinen | |
Armen, wollen ihn verhaften. Da kommt es zum Handgemenge und es gelingt | |
ihm, davonzulaufen. | |
Später heißt es: Er habe sich ins Parlament geflüchtet. Auf Twitter | |
schreibt der Parlamentarier: „Man sagt mir, dass die Polizei mich sucht. | |
Bin hier am Parlament, kommt und holt mich.“ Bislang unbestätigten | |
Berichten zufolge wurde Wines Bruder und ein weiterer Abgeordneter | |
verhaftet. | |
## „Uganda ist einfach kacke“ | |
Jack Kurio steht am Straßenrand und beobachtet das Handgemenge: „Uganda ist | |
einfach kacke“, flucht der junge Mann mit den Rastazöpfen lauthals. „Die | |
Wirtschaft ist am Boden, die Währung auch und jetzt sollen wir auch noch | |
diese verdammte Steuer zahlen“. Der junge Mann zückt sein Smartphone und | |
ruft die Twitter-App auf. Am oberen Rand seines Displays leuchtet das | |
Symbol eines Schlüssels. Er nutzt eine VPN-Anwendung, womit es sich | |
verbergen lässt, in welchem Land man gerade online geht – ein Weg, die | |
unbeliebte Steuer zu umgehen. In Uganda schnellten vergangene Woche die | |
Online-Suchanfragen nach „VPN“ in die Höhe. | |
„Ich hab kein Geld – und selbst wenn ich es hätte, würde ich es nicht tun… | |
sagt Kurio. Warum nicht? „Weil diese Regierung korrupt ist und wir von | |
unseren Steuergeldern nichts bekommen: Straßen, Schulen, Krankenhäuser – | |
alles ist in einem schlechten Zustand“, klagt er. | |
In seiner Nachricht an das Volk, die Ugandas Präsident Yoweri Museveni | |
vergangene Woche über die sozialen Medien hat verbreiten ließ, kritisiert | |
er die Ugander als faul, weil sie sinnlos ihre Zeit mit „chatten“ | |
verbringen würden „und sogar lügen“, so der 73-Jährige Präsident, der | |
selbst gar kein Handy besitzt. „Und dann sind sie auch noch allergisch | |
dagegen, einen moderaten Beitrag an ihr Land zu geben, dessen Wohlstand sie | |
zweckentfremden.“ | |
Und tatsächlich: Ugandas Steuereinnahmen belaufen sich auf nur 14 Prozent | |
des Bruttosozialproduktes. Der Grund: Die Mehrheit der Bevölkerung geht | |
noch zur Schule, die meisten Erwachsenen sind in der Landwirtschaft oder im | |
informellen Sektor tätig. Viele geben das Geld, das sie verdienen, noch am | |
selben Tag wieder aus, die Einkommen werden nirgendwo verbucht. Und die, | |
die einen Job haben, lassen sich das Gehalt in bar oder per mobilem | |
Geldtransfer geben. | |
Aber auch diese Zahlungsart via Handy wird jetzt seit Beginn des Monats mit | |
besteuert. Auf Einzahlung, Transfer und das Abheben von mobilem Geld | |
verlangt der Staat 0,5 Prozent. Was die Ugander am meisten aufregt, ist die | |
Doppel- und Dreifachbesteuerung: Wer nämlich seine Whatsapp-Steuer zahlen | |
will, der muss das via mobilem Geldtransfer tun – und darauf werden dann | |
noch mal Steuern fällig. | |
12 Jul 2018 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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