# taz.de -- Dokumentarfilm zum Schiff „Iuventa“: Die Geschichte junger Seen… | |
> Die NGO „Jugend Rettet“ will weitermachen, obwohl ihr das Schiff genommen | |
> wurde. Der Kinofilm „Iuventa“ zeigt die Arbeit der Crew und macht Mut. | |
Bild: Im August 2017 wurde die „Iuventa“ von den italienischen Behörden fe… | |
BERLIN taz | Der Mann ist barfuß, seine Kleidung durchnässt. Darüber trägt | |
er eine orangene Schwimmweste. Er geht in die Knie, betet und küsst das | |
Deck. Er ist in Sicherheit. Es sind Szenen der Erleichterung, Szenen aus | |
dem [1][Dokumentarfilm „Iuventa“]. Das Stück trägt den Namen des Schiffes, | |
mit dem seit Juli 2016 über 14.000 Menschen auf dem Mittelmeer vor dem | |
Ertrinken gerettet wurden. Am Montag feierte der Film in Berlin Premiere. | |
Als der italienischer Filmemacher Michele Cinque zum ersten Mal von dem | |
Schiff hörte, war er sofort fasziniert. Entstanden ist eine Dokumentation, | |
die die bewegende Geschichte einer jungen Crew und ihrem Engagement für | |
Gerechtigkeit erzählt. | |
Der Film zeigt, welche Persönlichkeiten hinter [2][„Jugend Rettet“], einer | |
der [3][viel diskutierten NGOs], stecken. Wie viel Mut und Kraft es | |
braucht, Menschen vor dem Ertrinken zu retten. Und wie schwer es ist, mit | |
dem Erlebten fertig zu werden, den Weg zurück in ein normales Leben zu | |
finden. Mit an Bord der Fotograf César Dezfuli. Der Film zeigt, wie er die | |
Rettungsmissionen begleitet, auf engstem Raum mit der Crew lebt und den | |
Geschichten der Geflüchteten lauscht, ihnen zuhört. Er hält die Menschen | |
fest. Es sind Porträts jener, die von der „Iuventa“ in Sicherheit gebracht | |
wurden. | |
Regisseur Cinque begleitete die junge Crew nach Berlin, filmt die Planung | |
und die harte Arbeit an Land, die die Rettungseinsätze erst möglich macht. | |
Der Film ist ehrlich, berichtet authentisch von internen Diskussionen, | |
zeigt den Zwiespalt. Die Kamera ist auf Gründer Jakob Schoen gerichtet. Er | |
spricht zu seinen Mitstreitern: „Jeden Schritt den wir in die | |
Professionalisierung gehen, muss die Politik nicht mehr gehen. Das macht | |
mir Bauchschmerzen.“ | |
Die jungen Aktivisten wollen Leben retten, doch wollen sie dies nicht für | |
immer tun müssen, wollen kein Ersatz sein, für die gescheiterte Politik der | |
Europäischen Union. „Iuventa“ dokumentiert den politischen Kampf, den sich | |
„Jugend Rettet“ zur Aufgabe machte. Die Crew ist frustriert. „Als ich von | |
der Iuventa zurück nach Deutschland kam, hatte ich das Gefühl, dass die | |
Medien versuchen, das Thema aus der Berichterstattung herauszuhalten“, sagt | |
Kapitän Benedikt Funke im Film. | |
## Zwischen Frustration und Zusammenahlt | |
Gemeinsam mit Kapitän Funke, Gründer Schoen, und dem Fotografen César | |
Dezfuli, fuhr Michele Cinque zu einem Flüchtlingslager auf Sizilien. Es ist | |
das größte in ganz Italien. Sie treffen zwei Jungen. Sie waren die ersten, | |
die die „Iuventa“ rettete. Der Fotograf hat ein Geschenk für sie. Auf | |
glänzendem Fotopapier hat er ihre Rettung festgehalten. „Eines Tages werden | |
meine Kinder diese Fotos sehen“, sagt einer der Jungen, diesen Moment würde | |
er nie vergessen. „Die Iuventa hat unser Leben gerettet“, murmelt der | |
andere und blickt auf die Bilder in in seiner Hand. Die Freude des | |
Wiedersehens wird beschattet von der Tatsache, dass die Geretteten nach | |
sechs Monaten immer noch in Italien festsitzen. | |
Die ruhige Stimme von Cinque leitet den Zuschauer durch die Geschichte der | |
„Iuventa“. Der italienische Filmemacher und seine Kollegin Martina Cocco | |
verstehen ihr Handwerk. Sie zeigen ehrliche Gefühle, die schlechten und die | |
guten Momente. Mit ihrer Kamera fangen sie ein, was die europäische Politik | |
in den letzten Jahren bewegte. Erzählen die Geschichte jener, die den Tod | |
auf dem Mittelmeer riskieren und auf ein besseres Leben hoffen. Es sind | |
beeindruckende Szenen. Schöne Bilder. Erschreckende Bilder. Bilder, die | |
Gänsehaut machen. | |
Monate später, am Hafen von Lampedusa. „Die haben uns das Schiff unterm | |
Arsch weggeklaut“, sagt Kathrin, Chefin jener Mission, die ein abruptes | |
Ende fand. In der Nacht zum zweiten August 2017 wurde die „Iuventa“ | |
aufgrund einer Ermittlung wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung, | |
beschlagnahmt. Seitdem liegt das Schiff von „Jugend Rettet“ im Hafen von | |
Lampedusa. Festgesetzt. Eine Erlaubnis, den Hafen zu verlassen gibt es | |
nicht. | |
„Ich dachte die Realität habe die Iuventa hart genug getroffen, doch ich | |
habe mich geirrt“, sagt Michel Cinque und zeigt den Abend, der die | |
Rettungsmissionen der jungen Crew beendete. Doch sie wollen weiterkämpfen, | |
nicht aufgeben, den Mund aufmachen. Sie haben keine Angst davor angeklagt | |
zu werden. Leben zu retten habe aus Sicht der Crew nichts mit Schmuggel zu | |
tun. Die letzten Szenen zeigen die Mitglieder von „Jugend Rettet“ auf | |
[4][Demonstrationen], bei ihrem Einsatz für Menschenrechte. „Wir haben | |
nichts zu verbergen und möchten so bald es geht wieder in das | |
Rettungsgebiet zurückkehren“, sagt Kathrin. | |
Der Film von Michel Cinque erzählt die Geschichte der „Iuventa“ und ihrer | |
Crew. Zeigt ihre Entwicklung, die Höhen und Tiefen an Land und auf See. | |
Berichtet ehrlich und unverblümt von jenen Menschen, die es sich zur | |
Aufgabe machten, andere aus Seenot zu retten. Zeigt ihren Kampf gegen die | |
Behörden, ihre Frustration. „Iuventa“, ein Film über Menschlichkeit und | |
Zusammenhalt. | |
12 Jul 2018 | |
## LINKS | |
[1] http://www.iuventa-film.de/ | |
[2] https://jugendrettet.org/de/ | |
[3] /!5516013/ | |
[4] /!5519391/ | |
## AUTOREN | |
Charlotte Köhler | |
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