| # taz.de -- Halbfinale Frankreich – Belgien: Nicht jedes Tor tut einem Spiel … | |
| > Das erwartete Fußballfest blieb aus. Mit eher zynischem Fußball zieht | |
| > Frankreich gegen Belgien ins Finale der WM ein. | |
| Bild: Hazard: das Ende | |
| St. Petersburg taz | Selbst die Enttäuschung konnte diese Belgier nicht in | |
| die Knie zwingen. Als der Schiedsrichter dieses teilweise furiose Spiel in | |
| Sankt Petersburg abpfiff, sank keiner – wie sonst üblich zu solchen | |
| Anlässen – auf den Rasen und vergrub sein Gesicht und seine Trauer in den | |
| Grashalmen. Oder suchte in umgekehrter Lage mit Blick auf den Sternenhimmel | |
| nach Erklärungen für die ungerechte Welt und die 0:1-Niederlage. Sie | |
| standen einfach nur da, viele die Hände in den Hüften. Ihr Adrenalin, das | |
| diese Weltmeisterschaft in Verbindung mit ihrem großen Können so belebt | |
| hatte, war immer noch am Wirken. Es schien, als wollten sie das Ende ihrer | |
| großen Ambitionen im Halbfinale einfach nicht akzeptieren. | |
| Aufrechter als die Belgier kann man sich nicht aus dem Rennen um den | |
| wichtigsten Pokal im Weltfußball verabschieden. Was der ewige Geheimfavorit | |
| so alles kann, das hat man in den vergangenen Jahren schon oft gehört. | |
| Gesehen hat man es zum ersten Mal bei diesem Turnier in Russland. | |
| In den Ausscheidungsspielen haben sie konstant den attraktivsten, | |
| einfallsreichsten und flexibelsten Fußball gezeigt. Gegen Japan im | |
| Achtelfinale haben sie trotz eines 0:2-Rückstandes vorgeführt, wie man auch | |
| das Bollwerk einer tiefstehenden Abwehr auseinandernehmen kann, um die | |
| Partie dann mit dem schönsten Kontertor dieser WM zu entscheiden. Gegen | |
| Brasilien präsentierten sie sich als Defensivkünstler, die letztlich mit | |
| genial schnell vorgetragenen Gegenangriffen bestachen. | |
| Sie spielten fast ein wenig französisch. Und gegen Frankreich selbst konnte | |
| man wieder auf das Team zählen, das über so viele Jahre die Erwartungen | |
| notorisch enttäuscht hatte. Warum es trotzdem nicht zum großen Glück | |
| gereicht hat? Vielleicht, meinte Trainer Roberto Martinez nach dem Spiel, | |
| habe im letzten gegnerischen Drittel der letzte präzise Pass gefehlt, um | |
| dann die Abwesenheit von etwas zu beklagen, was man eh kaum beeinflussen | |
| kann: „Es hat ein wenig das Glück gefehlt.“ | |
| Denn über seine Spieler wollte er sich eigentlich nicht beklagen. Im Grunde | |
| hob er hervor, hatten sie alles richtig gemacht. „Es war eine starke | |
| Vorstellung meines Teams.“ Sie hatten Frankreichs größte Stärke, die | |
| rasanten, auf den pfeilschnellen Kylian Mbappé ausgerichteten | |
| Gegenangriffe, unterbinden können, obwohl sich die Mannschaft von Didier | |
| Deschamps dafür tief fallen ließ und Belgien die Initiative überließ. | |
| ## Ausgebuffte Verteidigungsarbeit | |
| Vor allem in der ersten Halbzeit entwickelte sich aus dieser | |
| Ausgangssituation heraus ein hoch interessanter Wettbewerb der Ideen. | |
| Vornehmlich die wieder als Flügelspieler eingesetzten Kevin De Bruyne und | |
| Eden Hazard sorgten für einigen Wirbel und Gefahr im französischen | |
| Strafraum. Und bei den Franzosen ließen Benjamin Pavard und vor allem | |
| Olivier Giroud schön herausgespielte Möglichkeiten ungenutzt. | |
| Die Möglichkeit eines Treffers stand in dieser intensiven | |
| Auseinandersetzung bis zur 51. Minute ständig im Raum. Paradoxerweise nahm | |
| dann der Kopfballtreffer von Samuel Umtiti ein wenig die Energie aus der | |
| Partie. Nicht jedes Tor muss einer Partie gut tun. Gegen die nun noch | |
| stärkere, ausgebuffte Verteidigungsarbeit der Franzosen kamen die Belgier | |
| nur noch selten an. | |
| „Das Standardtor war entscheidend“, stellte Martinez fest, um damit zu | |
| Recht noch einmal den marginalen Unterschied zwischen diesen beiden Teams | |
| hervorzuheben. Dem Trainer ist vor der Zukunft nicht bange. Nach dem | |
| Turnier, sagte er, werde man sich wieder zusammenfinden müssen. Und es | |
| würden mit der Zeit gewiss neue Talente des belgischen Fußballs dazukommen. | |
| Die Altersstruktur der so überragenden belgischen Offensive ist mit De | |
| Bruyne (27) und Hazard (27) und Romelu Lukaku (25) immer noch sehr | |
| vielversprechend. | |
| Nach dieser Weltmeisterschaft weiß man, dass man sich auf dieses | |
| Versprechen verlassen kann. Bei der nächsten Europameisterschaft ist diese | |
| Mannschaft gewiss kein Geheimfavorit mehr. Aber noch ist die WM nicht | |
| beendet. Am Samstag steht das Spiel um Platz drei in Sankt Petersburg an. | |
| Martinez sagte, natürlich sei es schwer, sich für dieses Spiel zu | |
| motivieren. Er gab jedoch zu bedenken: „Es passiert nicht oft, dass man | |
| Dritter einer Weltmeisterschaft werden kann. Das einzige Mal hatte Belgien | |
| diese Möglichkeit 1986, als man Vierter wurde.“ Einen historischen Erfolg | |
| können sie also sogar noch in dieser Woche der bitteren Niederlage | |
| erreichen. | |
| 10 Jul 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Johannes Kopp | |
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