# taz.de -- Konflikt um das Raubtier im Schwarzwald: Der Wolf und die 21 Ziegen | |
> Vor einem Jahr trieb in einem Badesee im Schwarzwald ein erschossener | |
> Wolf. Der Konflikt darüber spaltet die Bevölkerung. | |
Bild: Im Dunkeln liegt die Frage: Wer hat diesen Wolf erschossen? | |
Es ist ein heißer Tag im Juli vor einem Jahr, als Badegäste die Leiche im | |
See entdecken. Der tote Körper ist aufgedunsen wie ein Ballon, die Leiche | |
riecht nach Verwesung. Ihr aufgeblähter Bauch ragt weiß aus dem Wasser, | |
sanfte Wellen treiben sie gegen die Staumauer des Schluchsees im südlichen | |
Schwarzwald. Touristen rufen die Feuerwehr. | |
Das tote Tier erinnert die Feuerwehrleute an einen Schäferhund, groß wie | |
ein neugeborenes Kalb, deshalb bringen sie es zum Abdecker, er soll den | |
Körper entsorgen. Am nächsten Morgen bemerkt eine Nachbarin das Tier auf | |
dem Hof des Abdeckers. Sie sieht die großen Zähne, die langen Ohren, den | |
massigen Körper. Das ist kein Hund, denkt sie, und ruft im 60 Kilometer | |
entfernten Freiburg an. Dort gibt es eine Meldestelle für Wildtiere. | |
Ohne diesen Anruf wäre der Streit im Schwarzwald vielleicht nicht so heftig | |
geworden. Niemand hätte ein Kopfgeld ausgesetzt, niemand gedroht, | |
vielleicht hätten die Menschen im Tal und die in den Bergen nicht | |
aufgehört, miteinander zu reden. Aber das vergangene Jahr hat einen Spalt | |
in die Region getrieben. | |
Denn noch am selben Juliabend stellen Wissenschaftler in Freiburg fest: Das | |
tote Tier ist ein Wolf. Und einen Wolf zu töten ist eine Straftat. So steht | |
es im Bundesnaturschutzgesetz Paragraf 7, in der EG Verordnung 338 und in | |
der Berner Konvention. Deshalb schicken die Forscher den toten Körper nach | |
Berlin. | |
Im Leibniz-Institut für Wildtierforschung wird jeder Wolf obduziert, der in | |
Deutschland in Freiheit umkommt. Die Pathologen scannen die Leiche mit | |
einem Computer. Ihr Ergebnis: Der Wolf wurde geschossen. Und: Als er im | |
Schluchsee trieb, war er längst tot. | |
## Die Rückkehr der Wölfe steht bevor | |
Im Sommer 2017 nennt sich Baden-Württemberg „Wolfserwartungsland“, also | |
eine Region, die in Zukunft mit Wölfen zu rechnen hat. Der letzte dort | |
lebende Wolf wurde vor 150 Jahren erschossen. Die Rückkehr der Wölfe, | |
glaubt man in der Landesregierung, steht kurz bevor. Ende Juni ist der Wolf | |
das erste Mal im Schwarzwald gesichtet worden, er überlebte dort immerhin | |
drei Wochen. | |
Als die Polizei im August zu ermitteln beginnt, bricht ein Streit aus. | |
[1][Zwischen Wolfsfreunden und -gegnern], Naturschützern und Naturnutzern, | |
zwischen Stadt und Land. Auch nach seinem Tod, eingefroren in einer | |
Kühltruhe in Berlin, zieht das Tier noch eine Schneise durch den | |
Schwarzwald. Denn wer eine Leiche loswerden will, wirft sie nicht in den | |
beliebtesten Badesee der Region. Es sei denn, er möchte, dass sie gefunden | |
wird. | |
Anfang Oktober wenden sich sieben Naturschutzverbände wegen des | |
Schluchsee-Wolfs an die Öffentlichkeit, darunter Nabu und BUND. [2][Für die | |
Naturschützer] ist klar: Der Täter ist ein Krimineller. 2.500 Euro bieten | |
sie gemeinsam für Hinweise zur Ergreifung des Täters. Sie hoffen auf die | |
Hilfe der Bevölkerung. Nur fühlt sich manch einer im Schwarzwald nun selbst | |
verdächtigt. Damit beginnt der Konflikt. | |
Ende November ist es, als der Grünen-Politiker Reinhold Pix in ein Gasthaus | |
nahe dem Schluchsee lädt. Er will in Ruhe mit allen Beteiligten über die | |
Rückkehr des Wolfs sprechen. An Dialog – davon ist Pix überzeugt – fehlt … | |
im Moment in Deutschland. | |
## 100 wütende Menschen | |
Pix schreibt eine freundliche Einladung und bittet Bauern, Jäger und | |
Naturschützer zum Gespräch. Es solle ein gemütlicher Abend werden, mit | |
Erdnüssen und Bier. Ein Austausch zwischen Nachbarn. 50 Stühle passen in | |
den Raum, am Kopfende sitzen hinter schmalen Holztischen die | |
Podiumsteilnehmer. | |
Als die Veranstaltung beginnt, pressen sich mehr als hundert Menschen in | |
den engen Raum, mehr Interessierte warten vor der Tür. Viele von ihnen sind | |
wütend: auf die Grünen, auf die Landesregierung, auf die Naturschützer. | |
Der Abend bietet ihnen die Chance, endlich gehört zu werden. Das nutzen sie | |
aus. Sie lachen höhnisch, wenn jemand den Wolf verteidigt – und stöhnen, | |
wenn sich ein Naturschützer zu Wort meldet. | |
Irgendwann steht ein Bauer auf und sagt zu dem Politiker: „Wenn unsere | |
Vorfahren noch hier wären, wären Sie nicht mehr da.“ Die Menge applaudiert. | |
Am Rand des Podiums sitzt ein Mann, der den Streit aufmerksam verfolgt. | |
Ewald Klingele, 45, ist Vorsitzender des Ziegenzuchtvereins Südschwarzwald, | |
er trägt eine Brille und ein Karohemd. Während das Publikum immer lauter | |
wird, sagt Klingele mit ruhiger Stimme: „Wenn der Wolf kommt, müssen wir | |
gehen.“ | |
## Ziegen als Kulturpflege | |
Die Familie des Ziegenzüchters Klingele wohnt seit Generationen im | |
Schwarzwald, weit draußen hinter schroffen Bergen und kahlen Fichten, die | |
oft im Nebel verschwinden – wo die Orte Todtnau heißen und Schlechtnau und | |
sich die Straße am Höllsteig vorbei ins nächste Tal schlängelt. | |
Es ist kein schlechter Ort zum Leben, aber auch kein einfacher. Seit | |
Jahrhunderten trotzen die Menschen dem Schwarzwald Land ab, indem sie | |
darauf ihre Kühe, Ziegen und Schafe weiden lassen. Wie grüne Flicken kleben | |
die Weiden heute zwischen den dunklen Wäldern und locken Touristen an, die | |
zum Wandern kommen. Von der Landwirtschaft allein kann hier allerdings kaum | |
einer mehr leben – aber sie aufgeben wollen sie auch nicht. Ewald Klingele | |
treibt deshalb jedes Jahr im Frühling seine Ziegen die Hügel hinauf. | |
Drei Monate nach dem Wirtshausstreit steht Klingele in einem Stall neben | |
seinem Haus in Tunau und schmeißt Heu in Futtertröge. 21 Ziegen besitzt er, | |
zwei heißen Lore und Smarty. Eigentlich arbeitet Klingele in einer | |
Zahnbürstenfirma, abends geht er aber noch für ein paar Stunden in den | |
Stall. Das ist für ihn kein Hobby, er sieht das als Kulturpflege. | |
Danach setzt er sich an den Laptop: Auf dem Bildschirm erscheint eine | |
Satellitenaufnahme von der Region. Klingele zieht rote Striche über die | |
Landschaft und verbindet sie zu großen Rechtecken – dort wird er später die | |
Zäune für seine Weideflächen aufstellen. Er macht das gewissenhaft, denn | |
ein verruckelter Strich kann ihn viel Geld kosten. | |
## Weltweit stirbt die Natur | |
Klingele bekommt von der Europäischen Union Zuschüsse für seine Felder. | |
Zeichnet er ein Feld zu groß, muss er eine Strafe zahlen. Bemalt er | |
geschützte Flächen, gibt es Ärger mit den Naturschutzbehörden. Er fühlt | |
sich bevormundet von Bürokraten und Beamten. Diese Leute, glaubt er, | |
wollten ihm jetzt auch noch den Wolf aufdrücken. Klingele sagt: „Wenn eine | |
meiner Ziegen gerissen wird, dann höre ich endgültig auf. Dann soll sich | |
der Staat um die Weiden kümmern.“ | |
Einer der Menschen, die Klingele für den Ärger verantwortlich macht, heißt | |
Axel Mayer. Er hat ein rundes Gesicht mit einem weißen Stoppelbart und | |
lässt an einem Freitagmorgen Minztee durch die Kaffeemaschine in seinem | |
Freiburger Büro laufen. Mayer, 62 Jahre alt, ist Geschäftsführer der | |
BUND-Zweigstelle Südlicher Oberrhein. | |
Er erzählt gerne von seinen Kämpfen: Vom AKW in Wyhl und von den | |
Besetzungen gegen das Chemiewerk in Marckolsheim. Mayer versucht seit | |
vierzig Jahren, den Planeten zu retten. Er sagt: „Der Wolf ist das badische | |
Nashorn.“ Er meint: Weltweit stirbt die Natur. Wer das Nashorn retten | |
möchte, muss auch den Wolf retten wollen. | |
Ziegenzüchter Klingele wohnt gerade 43 Kilometer von Freiburg entfernt – | |
doch die beiden Männer trennt mehr als ein Gebirgspass. Für Ewald Klingele | |
bedeutet die Rückkehr des Wolfs das Ende seines Lebensgefühls, einen | |
schmerzlichen Verlust. Für Axel Mayer ist es eine der schönsten | |
Entwicklungen der letzten Jahre. Eine Kostbarkeit. | |
## Den Wolf bewundern | |
„Heutzutage gibt es diese Angst vor Fraßfeinden. Die Leute glauben, man | |
nehme ihnen etwas weg“, sagt Mayer, während er aus einem Stapel Flyer | |
zieht: zum Schmetterlingssterben und zur Bedrohung der Pflanzenvielfalt. | |
Vor zwanzig Jahren wären die Leute nicht so in Panik verfallen, glaubt er. | |
Etwas habe sich in der Gesellschaft verändert. | |
Der Wolf ist nur eines von vielen Projekten, für die Mayer kämpft. Er | |
ärgert sich über die Touristen im Schwarzwald, die Vogeleier zertrampeln, | |
und über Konzerne, die die Wälder zerstören. „Die Angst vor dem Wolf, das | |
ist doch bloß ein Rotkäppchenreflex.“ | |
Einmal, vor Jahren, ist Mayer beim Campen in der mongolischen Steppe einem | |
Wolf begegnet. Sie standen sich ein paar Minuten gegenüber, der | |
Naturschützer und das Raubtier. Dann seien beide ihrer Wege gegangen. Er | |
habe sich nicht vor dem Wolf gefürchtet, sagt Mayer. Er habe ihn bewundert. | |
Der Schluchsee-Wolf hatte sich den Schwarzwald nie als Lebensraum | |
ausgesucht. Er war zufällig dort gelandet, 600 Kilometer südlich seines | |
Geburtsorts in der Lüneburger Heide. Ein junger Rüde mit grauem Rückenfell. | |
Er war weit gekommen, hatte es geschafft, ein Land zu durchqueren, | |
durchzogen von einem für Wildtiere tödlichen Straßennetz – und vielleicht | |
wäre er noch weitergewandert, in die Schweiz oder nach Italien. | |
## Ein Projektil beendet den Weg des Wolfes | |
Dann durchschlug ein Projektil seine Brust und blieb in der Leber stecken. | |
In Berlin fanden die Forscher die Kugel, sie steckte noch im Körper: Ein | |
Sieben-Millimeter-Kaliber, abgefeuert von einer Langwaffe, die | |
üblicherweise zur Jagd von Wildschweinen und Rehen benutzt wird. | |
Am 24. November 2017 macht das Landeskriminalamt deshalb eine Razzia bei | |
den Jägern rund um den Schluchsee. 30 Beamte mit schusssicheren Westen | |
durchsuchen die Waffenschränke und beschlagnahmen 13 Gewehre, um sie mit | |
der Kugel aus dem Körper des Wolfes abzugleichen. Ein Sprecher des NABU | |
sagt: „Das war höchste Zeit. Bei den Jägern hier gilt: Schießen, schaufeln, | |
schweigen.“ Monate später sind die Jäger über diese Schmach noch immer | |
nicht hinweg. | |
Anfang März tagt der Schluchsee-Jagdverband im Restaurant Hirschen im Ort | |
Fischbach, zehn Minuten vom See entfernt. 15 Männer sitzen in einem | |
holzvertäfelten Raum, an den Wänden hängen Geweihe und eine Kuckucksuhr. | |
Kellnerinnen in Tracht bringen große Biergläser. | |
Am Kopfende eines Tisches erhebt sich ein Mann mit Schnauzer. Christoph | |
Kaiser ist der Vorsitzende des Verbands. In breitem Badisch sagt er: „Da | |
unte in Freiburg hätts e Haufe Grüne, e Haufe Nabu-Vertreter, die übe e | |
unheimliche Druck aus. Mir sin doch kei Kriminelle.“ | |
## Auch der Wolf darf existieren | |
Die da unten sind Kaisers Gegenspieler, die Grünen, die Naturschützer. „Die | |
fahren hier am Wochenende her, zertrampeln den Wald und wollen uns | |
erzählen, wie wir mit der Natur umgehen sollen“, sagt er. Bei einem toten | |
Kind im See, meint Kaiser, hätte sich niemand so aufgeregt. | |
Unten im Tal sitzen Frauen und Männer mit Blazer und Kapuzenpullis in der | |
Freiburger Innenstadt im Wirtshaus Schützen und sprechen über Politik. | |
Einige von ihnen tragen Babys in Tüchern vor der Brust, ein großes grünes | |
Banner hängt an der Wand: Mitgliederversammlung der Freiburger Grünen. | |
Fast 20 Jahre lang war hier ein Grünen-Politiker Bürgermeister. Anfang Mai | |
wird er schließlich abgewählt. An diesem Abend geht der Internationale | |
Frauentag zu Ende. „Frauen*kampftag“ steht auf den Flyern. Eine ältere Frau | |
mit Filzjacke setzt die Tasse mit Ingwertee ab und sagt: „Natürlich hat | |
jedes Tier eine Existenzberechtigung.“ | |
Über Jahre hinweg hatten es die Grünen mit einem Spagat geschafft, sich die | |
Macht in der Region zu sichern, indem sie den unterschiedlichen Gruppen | |
vermittelten: Ökologie ist gut für euch alle. Die Wirtschaft wuchs, | |
Traditionen wurden bewahrt und die moralischen Ansprüche der Linken | |
befriedigt. Und jetzt? | |
## Der Wolf und die Macht | |
Einige Monate nach seinem Versuch, einen Dialog zu gestalten, sitzt der | |
Grünenpolitiker Reinhold Pix in seinem Büro am Rande der Freiburger | |
Altstadt und klopft energisch auf den Tisch, um jedes seiner Worte zu | |
unterstreichen. „Ich lasse mir von diesem Wolf nicht die Macht stehlen.“ | |
Pix arbeitet als Landtagsabgeordneter in Stuttgart, sein Wahlkreis liegt im | |
südlichen Schwarzwald. Viele seiner Wähler sind Biobauern, die Schafe oder | |
Kühe halten. Pix hatte es geschafft, eine konservative Wählerschaft von | |
sich zu überzeugen. Jetzt muss er ihnen den Wolf verkaufen. | |
Er muss die richtigen Worte für den Ziegenzüchter Klingele finden – und für | |
den Naturschützer Mayer. „Der Wolf hat eine Existenzberechtigung, weil …�… | |
sagt er, dann bricht er ab. Setzt wieder an: „Man muss sich halt mal | |
zusammensetzen und darüber sprechen.“ | |
Seine Partei steht für eine wolfsfreundliche Politik. Also sucht der | |
Politiker Pix nach Kompromissen: Herdenschutzhunde, mehr Geld für Zäune, | |
Wolfsmanagement. Man müsse da doch einen gemeinsamen Nenner finden. Aber | |
die Landwirte wollen keine Kompromisse – und sie wollen keinen Wolf. | |
## Ohne Bio-Kunden keine Existenz | |
Dabei ist die Ironie dieser Geschichte, dass die Landwirte längst abhängig | |
von den Städtern sind, die ökologisch bewusst leben. Man merkt das an einem | |
Samstagmorgen, als weiße Bullis aus den Bergen ins Tal fahren. Darin: Käse, | |
Wurst, Gemüse, frischer Joghurt in Gläsern. | |
Auf großen Märkten in der Freiburger Altstadt drängen sich Studenten vor | |
Bauernständen, um regionale Produkte zu kaufen. Viele Schwarzwälder Bauern | |
haben sich auf Feinkost spezialisiert. Sie brauchen die grünen Kunden in | |
der Stadt. Ohne sie kommen sie nicht aus. | |
Drei Monate nach der Razzia gibt es noch immer keine Hinweise auf den | |
Täter. Die Jäger haben ihre Waffen zurückbekommen, aus keiner wurde der | |
tödliche Schuss auf den Wolf gefeuert. Fragt man den Jagdvorsitzenden | |
Christoph Kaiser nach seinem Verdacht, dann antwortet er: „Nicht nur die | |
Jäger haben Waffen zu Hause. Bei vielen Bauern werden sie seit | |
Generationen weitergegeben.“ Sie würden auf Dachböden und unter | |
Wohnzimmerdielen lagern. Die meisten davon seien nicht registriert. | |
Vor Kurzem verkündete der badische Bauernverband: „Es muss endlich Schluss | |
sein mit der Willkommenskultur für Wölfe.“ Wenn die Landesregierung zum | |
Dialog nach Stuttgart einlädt, fahren nun Dutzende Bauern aus dem | |
Schwarzwald gemeinsam hin, um eine wolfsfreie Zone zu fordern. Einige von | |
ihnen erklären öffentlich: „Wenn der Wolf kommt, schießen wir.“ | |
## Der Wolf ist ein Symbol | |
Vor zwei Jahren streunte ein wilder Hirtenhund durch den Schwarzwald, riss | |
Schafe und Hirsche, dann verschwand er. Vermutlich wurde auch er | |
erschossen. Kaum einer regte sich darüber auf. Der Wolf hingegen ist ein | |
Symbol: für die Urangst vor der ungezähmten Natur einerseits, für eine | |
romantische Verklärung andererseits. Hinter dem Konflikt um das Tier steht | |
die Frage: Wie viel Natur will der Mensch zulassen – oder sich zumuten? | |
Am Tag des Wolfes, am 30. April, taucht plötzlich ein weiterer Wolf in | |
Baden-Württemberg auf. [3][Er reißt 32 Schafe,] die Region ist in Aufruhr. | |
Der Bauernverband schimpft wieder auf den NABU, in einigen Orten zünden | |
[4][Schäfer] große Mahnfeuer an, um vor dem Wolf zu warnen, der | |
Ziegenzüchter Klingele sagt: „Ich kann mich nicht mehr entspannen. Es | |
interessiert niemanden, was mit uns passiert.“ | |
Und selbst Reinhold Pix von den Grünen meint, man müsse nun vielleicht über | |
die Entnahme von Problemwölfen nachdenken. Nur lebten die gerissenen Schafe | |
hundertdreißig Kilometer nördlich des Schluchsees, das ist beinahe so weit | |
entfernt wie Italien. | |
Am Rande eines Waldstücks kurz vor der Schweizer Grenze steht eine große | |
Plastikfigur, sie lächelt. Es ist ein Wolf in einer grünen Hose, der mit | |
einem roten Hut winkt. Er heißt Lupsi. Das klingt niedlicher als Lupus, das | |
lateinische Wort für Wolf. Lupsi ist eine Erfindung der Tourismusbehörde, | |
er ist das Maskottchen eines Wolfserlebnispfades. | |
Es gibt hier kein Wolfsrudel, aber das spielt keine Rolle. Auf großen | |
Tafeln klärt Lupsi über das Raubtier auf, für Kinder wurden kleine | |
Lernspiele aufgebaut. Ein lebendes Tier aber bekommt nur zu sehen, wer nach | |
Stuttgart in den Zoo fährt. | |
15 Jul 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Umfrage-des-Naturschutzbunds/!5501780 | |
[2] /Bioverbaende-zum-Schutz-vor-Woelfen/!5478996 | |
[3] http://www.sueddeutsche.de/panorama/baden-wuerttemberg-wolf-reisst-mehr-als… | |
[4] /Guter-Appetit/!5510818 | |
## AUTOREN | |
Paul Hildebrandt | |
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