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# taz.de -- Leichtathlet Karsten Warholm: Springender Comic-Held
> In Berlin beginnt die Leichtathletik-Europameisterschaft. Der
> Hürdenlauf-Weltmeister Karsten Warholm aus Norwegen wird ein Hingucker
> sein.
Bild: Belastungsresistent: der gelernte Zehnkämpfer Warholm hat sich zuletzt s…
Berlin taz | Karsten Warholm lässt sich ohne Umstände diesen orangefarbenen
Becher in die Hand drücken. Er lächelt mit Becher und einem älteren Herrn
an seiner Seite in die Kameras. Der ältere Herr ist Jörg Woltmann,
[1][„Berliner Porzellan-Patriot“ (Handelsblatt)] und [2][Eigentümer der
Königlichen Porzellan-Manufaktur KPM.] Karsten Warholm ist Europas bester
Hürdenläufer über 400 Meter. Im Vorjahr ist der Norweger sogar Weltmeister
auf dieser Strecke geworden. Eine kleine Sensation, die der damals
21-Jährige mit einem Wikingerhelm auf dem Kopf feierte.
Bänker Woltmann erhofft sich ein wenig Glanz für sein
Traditionsunternehmen, das er vorm Zugriff der Chinesen gerettet hat,
mithin einen Imagetransfer von der [3][Europameisterschaft der
Leichtathleten.] Woltmann, 71, graubeiger Anzug und Hemd in Rosé, sieht aus
wie einer dieser Westberliner Lebemänner, Warholm wie ein fröhlicher
Praktikant, dem die Welt der Leichtathletik offensteht.
Der Kontrast könnte nicht größer sein. Der Läufer trägt ein blaues T-Shirt,
Slim-fit-Jeans, die er hochgekrempelt hat, und auf seinen weißen Sneakers
prangt eine Erdbeere. Eine Erdbeere? Woltmann muss ihn für radikal
underdressed halten in seinem hochpreisigen Porzellan-Imperium.
„Ich bin ein junger Kerl, der einfach schnell rennen und Spaß haben will“,
sagt Karsten Warholm, dem die Unbekümmertheit aus jeder Pore dringt. Der
Wirbel um seine Person macht ihm nichts aus. Er genießt die Aufmerksamkeit,
Leichtathleten stehen ja nicht so oft im Fokus der Öffentlichkeit. Warholm
wird in Berlin nicht nur über die 400 Meter Hürden antreten, sondern auch
über die normale Stadionrunde.
## Berauscht von der Leistung
Das klingt nach einer Tortur, aber der europäische Verband hat es den
Sprintern heuer mit den Doppelstarts etwas einfacher gemacht. Die besten
zwölf des Jahres ziehen direkt ins Halbfinale ein, weswegen der Norweger
nur vier Läufe absolvieren muss, jeden Tag von Dienstag bis Freitag einen.
Die nötige physische Härte für sechs Starts hätte er aber auch gehabt.
Er ist gelernter Zehnkämpfer. Diese Typen wirft so schnell nichts um, sie
sind belastungsresistent, können viel mehr verknusen als viele Kollegen.
Einmal, 2015 bei der U20-EM in Eskilstuna/Schweden, ist er im Zehnkampf –
und zusätzlich über 400 Meter angetreten. „Das war das Anstrengendste, was
ich jemals gemacht habe, das Laktat schießt dir nur so in den Muskel.“
Er hat da übrigens zwei Silbermedaillen gewonnen. Und im Vorjahr hat er
einen weiteren Härtetest mit Bravour bestanden. Bei der U23-EM im
polnischen Bydgoszcz ist er sechs Mal über die Stadionrunde gehirscht und
hat dabei Gold und Silber gewonnen, als wäre es ein Leichtes.
Für Warholm ist es in den vergangenen Jahren nur vorangegangen,
atemberaubend schnell. Berauscht von seiner Leistung überschritt er eine
Grenze nach der anderen. Einen norwegischen WM-Titel hatte vor Warholm nur
Ingrid Kristiansen gewonnen, 1987 über 10.000 Meter, jetzt ist er neben den
Brüdern Henrik, Filip und Jakob Ingebrigtsen (1.500 und 10.000 m) die
Identifikationsfigur für norwegische Leichtathletikfans, und nicht nur für
die.
## Boom auf der Strecke
Er hat schnell gesehen, dass der Wechsel vom Zehnkampf (Bestleistung gut
7.700 Punkte) zu den 400 Metern Hürden die wohl beste Entscheidung seines
Lebens gewesen ist. Andere haben vorgemacht, wie gut das funktionieren
kann: Die Belgierin und vormalige Siebenkämpferin Tia Hellebaut wurde 2008
Hochsprung-Olympiasiegerin, Dafne Schippert aus den Niederlanden
200-Meter-Weltmeisterin.
Seine Bestleistung hat er unter dem Osloer Trainerguru Leif Olav Alnes –
„Doktor Sprint“ genannt – im Vorjahr auf 48,22 Sekunden verbessert. Dieses
Jahr war er fast noch mal eine halbe Sekunde schneller: 47,81. Seine
Bestzeit ohne die Hindernisse: 44,87 Sekunden. Und obwohl er also noch mal
etwas draufgepackt hat auf seiner Lieblingsstrecke mit den 91,44 Zentimeter
hohen Hürden, sind andere schneller gewesen, allen voran der in
Saudi-Arabien geborene und für Katar startende Abderrahman Samba, der beim
Meeting in Paris nach nur 46,98 Sekunden die Ziellinie überquerte.
Knapp dahinter rangieren in der Jahresbestenliste der US-Amerikaner Rai
Benjamin (47,02) und Kyron McMaster von den Britischen Jungferninseln
(47,54). Das sind viele Zahlen, sie unterstreichen vor allem eines: den
unglaublichen Boom auf dieser Strecke. Die 400 Meter Hürden sind auf jedem
Sportfest ein echter Hingucker. Das ist wie in den besten Zeiten von Edwin
Moses und Harald Schmid.
Dass Warholm jetzt bei dieser EM im kubanischen Türken Yasmani Copello nur
einen ernstzunehmenden Konkurrenten hat, macht der Norweger mit seiner
Extravaganz locker wett. In diesen Tagen wird er stets gefragt, [4][ob er
nicht vielleicht der neue Usain Bolt sei.] „Um ehrlich zu sein“, sagt er
dann, „in der Leichtathletik gibt es fast jedes Jahr einen neuen Wonderboy,
ich denke da nicht viel drüber nach.“
An Bolt wird der Wirtschaftsstudent nicht so schnell heranreichen, das ist
ihm klar, aber auf Werbeplakete für diese EM hat es der Mann aus dem
norwegischen Dorf Ulsteinvik geschafft. Er ist da als Ente mit Wikingerhelm
in der Hand zu sehen. [5][Ein Comic-Held in der deutschen
Donald-Duck-Ausgabe] ist er schon mal.
6 Aug 2018
## LINKS
[1] https://www.handelsblatt.com/unternehmen/mittelstand/familienunternehmer/ko…
[2] /Edles-Geschirr-aus-Tiergarten/!5318743
[3] /Leichtathletik-EM-in-Berlin/!5521102
[4] /Kolumne-Erwachsen/!5330171
[5] /Donald-Duck-wird-84-Jahre-alt/!5511130
## AUTOREN
Markus Völker
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