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# taz.de -- Hürdenläuferin bei der Leichtathletik-EM: Raus aus der Einsamkeit
> Beim 100-Meter-Hürdenfinale zählt Pamela Dutkiewicz zu den
> EM-Medaillenkandidatinnen. Sehr rasant ist die Deutsche in die Weltspitze
> vorgestoßen.
Bild: Zäh: Pamela Dutkiewicz (r.) lässt bei der Deutschen Meisterschaft Nadin…
Berlin taz | Auf die Frage, ob sie bei hundert Prozent sei, weicht Pamela
Dutkiewicz aus. „Ich werde nicht erfahren, was meine hundert Prozent
wären“, sagt sie im irre heißen Kinosaal des Bundesleistungszentrums
Kienbaum. Ihre Oberschenkelverletzung und Rückenprobleme, wegen denen sie
im Frühjahr sechs Wochen ausfiel, sind auskuriert, bei den Deutschen
Meisterschaften im Juli holte sie Gold, [1][und beim
100-Meter-Hürden-Finale] der Frauen [2][bei der
Leichtathletik-Europameisterschaft] am Donnerstag erwarten viele schon, sie
könne ja hier doch mal eine Medaille holen.
Dutkiewicz ist diese Saison mit 12,67 Sekunden die drittschnellste Läuferin
in Europa über 100 Meter Hürden. Schneller sind nur die beiden
Weißrussinnen Alina Talay und Elvira Herman, Erstere mit einer Fabelzeit
von 12,41 Sekunden. Dutkiewicz schwitzt nachvollziehbar in der
Interviewrunde im stickigen Kinosaal; an den Fragen freilich liegt es
nicht. Die versammelte Presse, vorwiegend Männer über 50, säuselt
hingebungsvoll Komplimente. Pamela Dutkiewicz bewältigt diesen Talk
routiniert.
Sie lacht viel, erzählt viel, ohne allzu viel zu sagen. „Das funktioniert
für mich nicht“, sagt sie, gefragt nach einem Medaillenziel. Ihr Wunsch sei
es einfach, schnell zu laufen. Frei von Druck, wie im vergangenen Jahr, als
sie überraschend bei der WM in London die Bronzemedaille gewann. Wenn sie
im Hürden-Finale eine neue Bestzeit von 12,50 Sekunden laufe und keine
Medaille hole, sei das auch okay, versichert sie.
Die Karriere der 26-Jährigen, die sich lange eher in zweiter Reihe
abspielte, hat in den letzten beiden Jahren einen gewaltigen Schub nach
vorn erfahren: 2016 EM-Finale und Halbfinale in Rio, 2017 die erste
internationale Medaille bei der Hallen-EM in Belgrad und eben diese
Bronzemedaille in London, dazu zwei deutsche Meisterschaften. Pamela
Dutkiewicz war lange mehr Kiesel als Diamant im deutschen Fördersystem, wo
vor allem die gepampert werden, die offensichtliches Weltklassetalent
haben.
## Empörtes Interview
Ihr Weg kann als Plädoyer für eine breitere, geduldigere Förderung
verstanden werden. Mit bald 27 Jahren, in gutem Alter für eine
Hürdensprinterin, kommen die Medaillen. Dass die Athletin des TV
Wattenscheid sich da oben wohlfühlt, machte sie im Frühjahr in einem etwas
naiven Interview deutlich. „Man hört immer, die armen Leichtathleten, die
armen Schwimmer. Das ist Quatsch.“ Sie lebe gut von der Leichtathletik.
„Ich muss mir über Finanzielles keine Gedanken machen, ich kann etwas
zurücklegen und genieße das.“
Gewiss sagte sie auch noch anderes, sie kritisierte, dass „der Weg nach
oben super einsam ist“, dass viele Talente fallen, weil ihre Eltern sie
nicht finanziell unterstützen können. Aber übrig blieb in den Medien
sinngemäß: Pamela Dutkiewicz findet den Kampf der Athleten für mehr Geld
lächerlich. Ihre Kollegin und Konkurrentin Cindy Roleder gab ein empörtes
Interview, wie schwer es selbst für sie als Top-Star sei, regelmäßig und
planbar zu verdienen.
In Kienbaum rudert Pamela Dutkiewicz, sichtlich dankbar für die
Gelegenheit, zurück. Das sei nur auf ihre Situation bezogen gewesen und
überhaupt, aus einem einstündigen Interview habe man sich das so
rausgepickt. „Ich habe das ganze Fördersystem erlebt. Wenn man an der
Spitze ist, lebt man gut. Der Weg dahin ist einsam.“
Dass sie durch die Dürre kam, verdankt sie vor allem der finanziellen
Unterstützung durch ihre Eltern, dem polnischen Ex-Fußballer Marian
Dutkiewicz und der ehemaligen polnische 800-Meter-Läuferin Brygida
Brzeczek. Ohne Druck, so Dutkiewicz. „Man könnte meinen, dass sie sehr
ehrgeizig waren, aber im Gegenteil. Es war eher so: Lass das Mädchen mal
machen, solange sie Spaß hat.“
## Grenzen des eigenen Körpers
Beide werden beim Finale vor Ort sein. Ihr Vater, berichtet sie, könne kaum
hingucken, der schaue immer auf die Reaktionen der Mutter. Wenn alles gut
läuft, könnte vor der Familie in Berlin eine Medaille rausspringen. Nach
der Verletzung rang sie mit dem Rhythmus. Das erste Mal über die Hürden,
das sei „ein Schock“ gewesen, gesteht Dutkiewicz. Sie sei das Tempo nicht
mehr gewohnt gewesen.
Vielleicht habe sie vorher auch nicht genug auf ihren Körper gehört. „Wir
alle trainieren mit Schmerzen, sonst würde man nicht dahin kommen, wo man
hinkommt. Aber es ist super wichtig, auf die Signale des Körpers zu achten.
Und ich verschiebe die oft.“
Pamela Dutkiewicz, die ihre Sätze oft freundlich flötet, offenbart in
solchen Momenten ihre Zähigkeit. „Ich kann gut auf die Zähne beißen.“ Bis
an die europäische Spitze hat sie das getragen, wo alle sehr eng
beieinanderliegen, bis auf Talay mit ihren 12,41 Sekunden. 12,61 Sekunden
ist der persönliche Bestwert von Dutkiewicz, da fehlt doch noch ein Stück.
12,41 Sekunden, das wäre auch neuer deutscher Rekord, die aktuellen 12,42
lief Bettine Jahn 1983. Pamela Dutkiewicz sagt: „Ich glaube aber schon, das
ist machbar.“ Jedenfalls habe sie entsprechende Premienregelungen in ihren
Verträgen verankert.
9 Aug 2018
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## AUTOREN
Alina Schwermer
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