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# taz.de -- Britische Beziehungen zur EU nach Brexit: Offene Grenzen für Waren
> Theresa May setzt im Kabinett ihre neue Brexit-Strategie durch – ganz
> ohne Revolten und Rückritte. Deren Kern ist eine Freihandelszone mit der
> EU.
Bild: Diese Menschen vor dem Landsitz der Premierministerin halten wohl nicht s…
Chequers dpa | Am Ende eines monatelangen Gezerres stimmten die britischen
Minister am Freitag nach einer Marathonsitzung dem neuen Plan von
Premierministerin Theresa May für die künftige Beziehung zur EU nach dem
Brexit zu. Der Vorschlag sieht eine Freihandelszone für Waren und
landwirtschaftliche Güter zwischen Großbritannien und der EU vor.
Teilweise nimmt die Regierung in London mit dem Beschluss Abschied von
ihrem harten Brexit-Kurs. Dennoch dürfte der Plan in Brüssel auf Skepsis
stoßen. Nach der erfolgreichen Einigung des Kabinetts auf einen weicheren
Brexit-Kurs wächst zudem die Sorge vor einem Gegenschlag der Hardliner in
der Regierungspartei.
Zum ersten Mal seit dem Brexit-Votum gelang es May auf dem englischen
Landsitz Chequers, ihr zerstrittenes Kabinett auf eine Linie zu bringen.
Sie hatte sich für ihre Stellungnahme vor der Presse einen Zeitvorteil
verschafft, indem sie allen Teilnehmern ein Handyverbot erteilte. Hinter
den Fassaden könnte es kräftig rumoren, spekulierten britische Medien.
Ministerrücktritte oder gar ein Revolte blieben aber zunächst aus.
In der kommenden Woche will die Regierung ein ausführliches Dokument zur
neuen Position für die Gespräche mit der EU veröffentlichen.
EU-Chefunterhändler Michel Barnier [1][twitterte am Abend], er freue sich
auf die detaillierten Pläne. Er kündigte an, die Vorschläge würden darauf
überprüft werden, ob sie realistisch und umsetzbar seien hinsichtlich der
Verhandlungsrichtlinien der EU-Kommission.
## Nur eine von vier Freiheiten
Großbritannien will bei Waren und landwirtschaftlichen Erzeugnissen auch
nach dem Austritt aus der EU weiterhin eng an den europäischen Binnenmarkt
gebunden bleiben. Mithilfe einer Freihandelszone soll verhindert werden,
dass der grenzüberschreitende Handel und Lieferketten zwischen
Großbritannien und dem Kontinent beeinträchtigt werden. Sichergestellt
werden soll das durch ein „gemeinsames Regelbuch“, in dem London
Vorschriften und Produktstandards der EU übernimmt.
Die anderen drei Freiheiten des Binnenmarkts – Kapital, Arbeitskräfte und
Dienstleistungen – sollen aber Beschränkungen unterworfen werden. Damit
wollen die Briten die ungehinderte Einreise von EU-Bürgern stoppen und im
wichtigen Dienstleistungssektor eigene Wege gehen.
Sie nehmen dabei in Kauf, dass Banken und Versicherungen keinen
uneingeschränkten Zugang mehr zum EU-Binnenmarkt haben. Fraglich ist, ob
Brüssel sich auf einen solchen Handel einlässt. Bislang hat sich die EU auf
den Standpunkt gestellt, dass die vier Freiheiten des Binnenmarkts nicht
einzeln verhandelbar sind.
Aus der Europäischen Zollunion will London weiterhin austreten, damit das
Land eigene Handelsabkommen mit Drittstaaten wie den USA und China
schließen kann. Um trotzdem Grenzkontrollen zwischen dem britischen
Nordirland und dem EU-Mitglied Irland zu vermeiden, wollen die Briten für
Importe aus Drittländern zwei verschiedene Zollsätze erheben: einen für
Waren, die für den europäischen Markt bestimmt sind, und einen anderen für
Güter, die in Großbritannien verkauft werden sollen. Auch das dürfte in
Brüssel auf Skepsis stoßen.
## Mit dem Taxi nach Hause
Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) will sich London
höchstens indirekt unterwerfen. Die Auslegung der gemeinsamen
Vereinbarungen soll künftig in Großbritannien britischen Gerichten
zufallen. Lediglich da, wo sich das Land an EU-Regeln orientiere, werde die
Rechtssprechung des EuGH als Richtschnur herangezogen – so die Idee. In
Streitfällen zwischen London und Brüssel solle ein gemeinsames Komitee mit
der Schlichtung beauftragt oder ein unabhängiges Schiedsverfahren
eingeleitet werden.
Zustande gekommen war der Kompromiss des zerstrittenen britischen Kabinetts
nur unter größten Anstrengungen. Vor der Klausurtagung auf dem etwa 450
Jahre alten Landsitz Chequers nordwestlich von London hatte es aus dem
Umfeld der Regierungschefin geheißen, wer zurücktrete, dürfe nicht mit
seinem Dienstwagen die Rückreise ins etwa 60 Kilometer entfernte London
antreten, sondern müsse ein Taxi nehmen.
Der Streit über den Brexit-Kurs in der britischen Regierung lähmte die
Brexit-Verhandlungen in Brüssel bislang. Dabei drängt die Zeit:
Großbritannien will in weniger als neun Monaten – am 29. März 2019 – die
Staatengemeinschaft verlassen. May regiert seit einer Neuwahl im Juni 2017
nur mit hauchdünner Mehrheit und steht von mehreren Seiten unter Druck.
Sollte es zu keiner Einigung mit Brüssel kommen, will es London wohl auf
einen Austritt ohne Abkommen ankommen lassen. Die Vorbereitungen dafür
sollten verstärkt werden, teilte die britische Regierung mit.
7 Jul 2018
## LINKS
[1] https://twitter.com/MichelBarnier/status/1015331604846260230
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