# taz.de -- Großbritanniens Austritt aus der EU: Wie tot ist Mays Brexit-Plan? | |
> Die britische Premierministerin geht auf ihre Gegner ein und vermeidet | |
> damit Niederlagen im Parlament. Doch ihre Autorität nimmt ab. | |
Bild: Die Stimmung ist schlecht – auch wenn May ihren Gegnern entgegengekomme… | |
Wenn sowohl das Brexit-Zentralorgan Daily Telegraph als auch der | |
EU-enthusiastische Independent gleichzeitig feststellen, Theresa Mays | |
Brexit-Plan sei „tot“, hat Großbritanniens Premierministerin ein Problem. | |
Verwirrung herrschte am Dienstag, nachdem das britische Unterhaus am | |
Montagabend mit Zustimmung der Regierung eine Reihe von Beschlüssen fasste, | |
die Mays gerade erst festgelegtem Brexit-Kurs widersprechen. | |
Anlass war die Verabschiedung eines Handelsgesetzes, das die | |
Wiederherstellung nationaler Außenhandelskompetenzen nach dem EU-Austritt | |
regelt. Dieses eigentlich banale Gesetz erhielt neue Brisanz, nachdem | |
Premierministerin May auf einer Kabinettsklausur am 6. Juli und in einem | |
[1][Weißbuch] am 12. Juli eine fortdauernde Bindung Großbritanniens an die | |
EU im Güterverkehr durchgesetzt hatte, mit einem „gemeinsamen Regelwerk“, | |
Regelharmonisierung und Zollpartnerschaft – zum Zorn von Brexit-Hardlinern | |
wie Außenminister Boris Johnson und Brexit-Minister David Davis, die ihre | |
[2][Ämter niederlegten]. | |
Die Hardlinerfraktion bei den Konservativen, geführt vom Abgeordneten Jacob | |
Rees-Mogg, droht seitdem mit einem Misstrauensvotum gegen May und brachte | |
vier Änderungsanträge zum Handelsgesetz ein, die aus ihrer Sicht das | |
Weißbuch konterkarieren sollen: So wird eine von der EU als Notlösung | |
gewünschte Zollgrenze zwischen Nordirland und dem Rest des Landes | |
gesetzlich ausgeschlossen, ebenso ein Verbleib Großbritanniens im | |
Mehrwertsteuersystem der EU. | |
Um eine Niederlage zu vermeiden, nahm die Regierung kurz vor der Abstimmung | |
die Anträge an – zur Begeisterung der Brexit-Hardliner und zur Empörung der | |
EU-Freunde in der eigenen Partei. Die sprachen von „Kapitulation“, | |
schafften es allerdings nicht, genügend Abgeordnete von Labour und | |
Liberaldemokraten zu mobilisieren, um der Regierung eine Niederlage | |
beizufügen. Eine Abstimmung verloren sie mit nur drei Stimmen – weil zwei | |
Liberale das Votum schwänzten und drei Labour-Abgeordnete mit der Regierung | |
stimmten. | |
## Was bleibt nach den Verhandlungen mit Brüssel noch übrig? | |
Was das für Mays Brexit-Plan bedeutet, daran scheiden sich jetzt die | |
Geister. Sowohl Gegner als auch Befürworter des Plans bezweifeln, dass von | |
einem Plan, den May selbst nach nur vier Tagen an die Wünsche ihrer | |
innerparteilichen Gegner anpasst, nach monatelangen Verhandlungen mit | |
Brüssel noch irgendetwas übrig sein wird. | |
Gleiches gilt für Mays Autorität insgesamt, die mit jedem Tag | |
angeschlagener erscheint, sowie für die politische Stimmung, die nach neun | |
Rücktritten aus der Regierung, anschwellenden Kampagnen für eine zweite | |
Brexit-Volksabstimmung und einer am Montag verhängten Geldstrafe gegen die | |
einstige Brexit-Kampagne „Vote Leave“ wegen falsch deklarierter | |
Referendumswahlkampfausgaben zunehmend vergiftet wirkt. Der 70-jährige | |
konservative Abgeordnete Nicholas Soames, Enkel von Winston Churchill, | |
sagte am Montagabend, er habe in 35 Jahren im Parlament noch nie „eine so | |
wirklich unangenehme und tief verunsicherte Stimmung“ verspürt. | |
17 Jul 2018 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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