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# taz.de -- Abschluss Nato-Gipfeltreffen: Einig uneinig
> Die Verbündeten wollen künftig mehr Geld für die Verteidigung ausgeben.
> Die Stimmung wechselte zwischen versöhnlichen und polemischen Tönen.
Bild: Der Schein trügt: Zwischendurch herrschte Krisenstimmung auf dem Nato-Gi…
Brüssel taz | Nach massivem Druck durch US-Präsident Donald Trump hat sich
die Nato zum Abschluss ihres zweitägigen Gipfeltreffens in Brüssel zu noch
größeren Verteidigungsanstrengungen bekannt. Das vereinbarte
Zwei-Prozent-Ziel solle schneller erreicht werden, womöglich schon 2019.
Ursprünglich war 2024 vereinbart worden.
Trump sprach von einem Erfolg und sicherte den Alliierten Bündnistreue zu.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die von Trump attackiert worden war,
gab sich zufrieden.
„Ich kann Ihnen sagen, dass die Nato jetzt wirklich eine fein abgestimmte
Maschine ist“, sagte Trump. „Die Leute zahlen Geld, das sie vorher nie
gezahlt haben. Und sie sind glücklich, das zu tun.“ Merkel stellte eine
weitere und schnellere Erhöhung der deutschen Verteidigungsausgaben in
Aussicht. Es gehe um „Ausrüstung, nicht um Aufrüstung“, betonte sie.
Die versöhnlichen Töne zum Ende des Brüsseler Treffens standen in scharfem
Kontrast zu den Ereignissen der vergangenen zwei Tage. Zu Beginn des
Gipfels hatte Trump die Energiepolitik der Bundesregierung attackiert und
behauptet, Deutschland sei ein „Gefangener Russlands“. Außerdem forderte er
Deutschland und andere Alliierte ultimativ zu einer Erhöhung der
Verteidigungsausgaben auf – auf bis zu 4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
## Stoltenberg berief Krisensitzung des Nato-Rats ein
Am Donnerstag kam es zunächst um Eklat. Obwohl sich die Alliierten bereits
am Mittwochabend auf weitgehende, vor allem gegen Russland gerichtete
Beschlüsse geeinigt hatten, rollte Trump die Debatte über die Lastenteilung
erneut auf. Diplomaten berichteten, der US-Präsident habe mit einem
amerikanischen Alleingang gedroht, falls es nicht umgehend zu einer
weiteren Aufrüstung kommen solle. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg
berief eine Krisensitzung des Nato-Rats ein.
Was dort genau geschah, blieb auch nach dem Ende des Gipfels unklar.
Stoltenberg blieb in seiner Abschluss-Pressekonferenz Details der
Sondersitzung schuldig. „Wir hatten alle das Gefühl, dass die Debatte um
die Lastenteilung nicht beendet war“, sagte er. Es habe eine „sehr ehrliche
und offene Debatte“ gegeben, was in Diplomatensprache massiven Streit
bedeutet. Die Alliierten hätten sich danach bereit erklärt, ihre nationalen
Pläne zur Aufrüstung schnell voranzutreiben.
Trump räumte ein, dass die Debatte „zeitweise ein wenig ruppig“ war. „Ich
habe große Achtung für Deutschland“, betonte er danach. Auch das Verhältnis
zu Merkel sei „sehr gut“. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte, es
habe in der Aussprache keine Stigmatisierung Deutschlands gegeben. Merkel
sprach von einem „Gipfel der Selbstvergewisserung“. Die Diskussion sei
„sehr ernst“ gewesen.
Wie es nach dem Beinahe-Crash weiter geht, ist offen. Denn neue, ergänzende
Beschlüsse wurden am Donnerstag nicht gefasst. Nach Angaben von Diplomaten
haben die Alliierten nun aber nur noch bis Januar 2019 Zeit, um ihre
Verteidigungsausgaben auf das gewünschte Ziel von 2 Prozent zu steigern.
Andernfalls würden die USA einen Alleingang starten, sagten zwei mit der
Sache vertraute Personen.
## Alliierte werfen Putin „aggressive Aktionen“ vor
Zunächst konzentriert sich die Aufmerksamkeit aber auf Trumps Reise nach
Helsinki, wo der US-Präsident am Montag mit dem russischen Staatschef
Wladimir Putin zusammentrifft. Sinn und Zweck der Begegnung ließ Trump in
Brüssel offen. So legte er sich nicht fest, welche Politik die USA in der
Krimfrage verfolgen werden. Wie es mit der Krim weitergehen werde, könne er
nicht sagen. Auch auf Fragen nach Putin antwortete Trump ausweichend.
Putin sei ein „Konkurrent“, sagte er. „Er ist nicht mein Feind. Ist er ein
Freund? Nein, ich kenne ihn nicht gut genug. Hoffentlich wird Putin eines
Tages ein Freund sein“, gab sich Trump optimistisch.
Die Gipfel-Beschlüsse sprechen jedoch eine andere Sprache. Offenbar aus
Sorge, dass Trump dem russischen Präsidenten zu weit entgegenkommen könnte,
wählten die Alliierten eine kämpferische Sprache, die kaum Raum für
Annäherung oder gar Entspannung lässt. So werfen sie Putin „aggressive
Aktionen“ vor, die auch zu politischen Zielen genutzt würden – eine
Anspielung auf die vermutete Einmischung in den vergangenen Wahlkampf in
den USA.
Als bedrohlich wird aber auch die Lage im Nahen Osten und in Nordafrika
bezeichnet. Sogar „irreguläre Migration und Menschenhandel“ haben es in
die Gipfel-Erklärung geschafft.
## Nicht erpressbar bei Energieversorgung
Konkret vereinbarten die Verbündeten, die Verteidigungsausgaben noch weiter
zu steigern. So sollen alle Mitgliedsländer ihre Budgets in Richtung 2
Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöhen. Über glaubwürdige nationale
Pläne soll dies auch stärker überwacht werden; Deutschland hat einen
solchen Plan indes noch nicht vorgelegt.
Mit Blick auf Russland und die Krim soll die Einsatzbereitschaft erhöht
werden. Ab 2020 sollen jeweils 30 Bataillone, 30 Kampfjetstaffeln und 30
Kriegsschiffe binnen 30 Tagen oder schneller einsatzbereit sein. In Ulm
wird ein neues Nato-Kommando eingerichtet, damit die Verlegung von Truppen
und Material reibungslos funktioniert.
Auch zur Energiepolitik gab es einen Beschluss. Es sei sicherzustellen,
dass die Nato-Mitglieder bei ihrer Energieversorgung nicht verwundbar für
politische Erpressung werden, heißt es in der Erklärung. Die Alliierten
würden sich daher um eine Diversifizierung ihrer Energiequellen bemühen.
Dies kann als Anspielung auf die geplante Nord-Stream-Gaspipeline von
Russland nach Deutschland gelesen werden. Trump hatte das Vorhaben in
Brüssel scharf attackiert.
12 Jul 2018
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Schwerpunkt Angela Merkel
Nato
Wladimir Putin
Donald Trump
Jens Stoltenberg
Nato
North-Stream-Pipeline
Nato
Schwerpunkt Angela Merkel
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