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# taz.de -- Kommentar Castorf und Feminismus: Mehr als alte Sackhaftigkeit
> Frank Castorfs Theaterarbeit ist wesentlich vielfältiger und ambivalenter
> als das pauschale chauvinistische Bild, das jetzt von ihm entworfen wird.
Bild: Das Fass der Feindschaft zu weit aufgemacht: Frank Castorf
Uff, da hat sich einer in die Scheiße geritten. Kurz vor seiner jüngsten
Premiere, „Don Juan“ am Residenztheater München, stand ein [1][Interview
mit Frank Castorf in der Süddeutschen]. Wie er sich dort über
Regisseurinnen und Frauenfußball äußerte und Künstlerinnen und
Sportlerinnen dabei – mit Ausnahme von Pina Bausch – jegliche ihn
interessierende Qualität abspricht, hat ihm nun zu Recht viele Vorwürfe der
Ignoranz und Frauenverachtung eingetragen. Dass er dagegen seine
Hochachtung vor der Intelligenz seiner Schauspielerinnen stellte, die sich
bei aller Sexyness im Auftritt stets gewandt durch anspruchsvolle Texte
arbeiten, nützte nichts.
Zwei offene Briefe wurden geschrieben, einmal von der Dramaturgin Felizitas
Stilleke, den die Welt mit einem Abdruck dokumentierte, und von einer
„Initiative Solidarität im Theater“. Beide nehmen dabei Castorf als
Repräsentanten für ein Theatersystem, das mit vielen Verkrustungen an
patriarchaler Macht festhält.
Eine der Unterzeichnerinnen von Stillekes Brief, die
Kulturwissenschaftlerin [2][Simone Dede Ayivi, führt das auf taz.de] noch
einmal aus: „So entsteht Kunst, die ohnehin nur für einen erlauchten
Kennerkreis gedacht ist, der sich immer wieder um sich selbst dreht. Dieses
Theater ist nicht inklusiv, nicht queer, nicht vielfältig. In diesem
Theater hat die Kunst von Frauen, Schwarzen Menschen, People of Color und
anderen Marginalisierten keinen Platz.“
Da scheint das Fass der Feindschaft allerdings zu weit aufgemacht und
Äußerungen eines Regisseurs und ehemaligen Intendanten höher bewertet zu
werden als seine Arbeit. Zwar fehlten der Volksbühne Regisseurinnen, aber
es gab viele Abende von René Pollesch, geliebt auch von einer großen
queeren Gemeinde. Genderrollen infrage zu stellen, ist gefühlt ein Anliegen
jeder zweiten Inszenierung überhaupt.
Und wenn Castorf sich vor der Inszenierung von „Don Juan“ in seiner alten
Sackhaftigkeit etwas kokett ausstellt, so kann das doch in ein
Spannungsverhältnis zu seinen Inszenierungen gestellt werden, die eben
nicht erst jetzt von der Erosion des Männlichen erzählen, von seinem
Verfall, und das Geniekonzept, das ihm jetzt unterstellt wird, von jeher
äußerst heftig benagen.
Zudem hat er in seinen letzten Inszenierungen schwarze SchauspielerInnen zu
den Ensembles dazugeholt und einen Fokus auf die Geschichte von
Ausschlüssen und Grenzverläufen gelegt – also das thematisiert, was ihm nun
zur Last gelegt wird. Seine Theaterarbeit ist wesentlich vielfältiger und
ambivalenter als das pauschale Bild, das jetzt von ihm entworfen wird.
6 Jul 2018
## LINKS
[1] http://www.sueddeutsche.de/kultur/frank-castorf-im-interview-es-ist-so-wie-…
[2] /Offener-Brief-an-Frank-Castorf/!5519227
## AUTOREN
Katrin Bettina Müller
## TAGS
Frank Castorf
Feminismus
Chauvinismus
Theater Berlin
Ballett
Sexismus
Frank Castorf
Theatertreffen Berlin
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