Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Verpatzter Auftakt gegen Mexiko: Im Schland-Team klemmt's
> Nach der 0:1-Niederlage gegen Mexiko ist der Druck auf die DFB-Auswahl
> groß. Die Mannschaft hat aber noch ein schwerwiegenderes Problem.
Bild: Sieg und Niederlage liegen manchmal nah beieinander
Es ist, als wäre das deutsche Team mit einem Katapult in dieses Turnier
geschleudert worden. Nach dem Aufprall, [1][dem verpatzten Auftakt gegen
Mexiko] muss man festhalten: Die K.-o.-Phase hat für die DFB-Elf schon
begonnen. Gegen Schweden und Südkorea zählt nur der Sieg. Taktieren ist
nicht mehr. Und selbst wenn die Begegnungen gewonnen werden sollten, ist
die Wahrscheinlichkeit groß, dass man als Gruppenzweiter den fünfmaligen
Weltmeister Brasilien schon im Achtelfinale zum Gegner hat.
Von einem „ungewohnten Gefühl“ sprach Thomas Müller nach der ersten
WM-Partie und er sagte: „Wir haben uns jetzt viel Druck für die nächsten
beiden Spiele auferlegt.“ Die unvorteilhafte Tabellenarithmetik sorgt schon
für eine gewisse Bleischwere im deutschen Lager. Doch die Mannschaft – und
allen voran ihr Trainer Joachim Löw – hat ein noch viel schwerwiegenderes
Problem: Dem Team ist seine Problemlösungskompetenz abhandengekommen. Eine
Qualität, welche die Mannschaft in den letzten Jahren erst so weit gebracht
hat. Es war stets eine Entwicklung zu erkennen.
Schlechte Spiele oder Halbzeiten hat es in der Ära Löw immer mal gegeben.
Doch man konnte sich auf eines stets verlassen: Im Spiel darauf zeigte die
DFB-Auswahl, dass sie ihre Lektion gelernt hatte. Erkannte Schwachstellen
wurden umgehend ausgebessert. Auch Schwierigkeiten mit dem Defensivverbund,
wie man sie am Sonntag gegen Mexiko sah, sind nicht unbekannt.
Als Torhüter Manuel Neuer bei der letzten WM 2014 gegen Algerien fast
allein verteidigen musste, folgte darauf im Viertelfinale eine
beeindruckend kompakte Vorstellung beim 1:0-Erfolg gegen Frankreich. Als
das Offensivspiel bei der EM 2016 gegen Polen wegen fehlender Inspiration
erlahmte, fand man darauf Lösungen mit Dribblings und schnellem Spiel auf
den Außenbahnen.
## Eine gewisse Ratlosigkeit
Jetzt allerdings scheint irgendetwas zu klemmen. Das Team findet aus der
Stagnation nicht heraus. Genervt erklärte Mats Hummels mit Blick auf das
letzte Freundschaftsspiel: „Wir haben wie gegen Saudi-Arabien gespielt, nur
eben gegen einen besseren Gegner.“ Und Müller sagte: „Natürlich ist unsere
Konteranfälligkeit offensichtlich, aber wir haben im Training zuletzt nicht
die Beine hochgelegt. Wir haben versucht, daran zu arbeiten.“
Genutzt hat es offenbar wenig. Das ansonsten so verlässliche Löw'sche
Korrektursystem scheint nicht zu greifen. Die Balance zwischen Offensiv-
und Defensivspiel ist grundsätzlich eine heikle Angelegenheit. In der
Partie gegen Mexiko hat man allerdings ohne Not aus einer radikalen
Schräglage heraus agiert. Die Absicherung nach hinten fehlte in der ersten
Halbzeit insbesondere auf der rechten Abwehrseite.
Scheinbar fehlte es auch an einem für ein gutes Korrektursystem so
wichtigen Plan B. Müller bekannte freimütig, man habe Mexiko anders
erwartet, nicht so abwartend, sondern eher um Ballbesitz bemüht. Mit dieser
Überraschung wusste die Mannschaft nicht umzugehen. DFB-Teammanager
attestierte der Elf „eine gewisse Ratlosigkeit“. Und ein wenig erstaunte
auch die Analyse von Löw, das Team hätte im Aufbauspiel darunter gelitten,
dass die Mexikaner Toni Kroos komplett aus dem Spiel genommen hätten. Wer
um die Bedeutung von Kroos für das deutsche Spiel weiß, mag sich über
diesen bauernschlauen gegnerischen Schachzug nicht wundern.
Alternativlösungen sollten auch für einen solchen Fall miteingeplant sein.
Die genervten Gesten von Kroos, Özil oder Hummels auf dem Feld offenbarten
vor allem, wie sehr die Lernblockade im Abwehrverhalten gerade am Team
zehrt. „Wenn sich Muster wiederholen, muss man natürlich tiefer gehen“,
sagte Bierhoff. „Ich sehe, dass viel diskutiert und gesprochen wird. Die
Trainer müssen jetzt beantworten, wie sie das sehen und lösen wollen.“
Bei dem schwierigen Balanceakt zwischen Offensive und Defensive könnten
kleine Veränderungen schon Wunder wirken. Das Delikate ist jetzt nur, dass
Löw unter dem Zwang des Gewinnenmüssens gegen Schweden ins Risiko gehen
muss.
18 Jun 2018
## LINKS
[1] /Gruppe-F-Deutschland--Mexiko/!5513664
## AUTOREN
Johannes Kopp
## TAGS
Frauen-WM 2019
WM-taz 2018: Auf dem Platz
Mexiko
Joachim Löw
Fußball
Frauen-WM 2019
WM-taz 2018: Neben dem Platz
Frauen-WM 2019
Lothar Matthäus
Mesut Özil
Frauen-WM 2019
Homophobie
WM-taz 2018: Auf dem Platz
## ARTIKEL ZUM THEMA
Gruppe F: Deutschland – Schweden: Schlandard schlägt Schweden
Der fünfte Stern? Die deutsche Mannschaft will, kann aber nicht. Alle
Hoffnungen ruhen auf Gomez. Muss man mehr sagen? Ja, Kroos.
DFB-Mannschaft in der Krise: Sehnsucht nach Wandel
Bundestrainer Joachim Löw ist nicht für die großen Veränderungen bekannt.
Gegen Schweden muss er seine klare Hackordnung auflockern.
Krisensitzung im DFB-Team: Selbsthilfegruppe hofft auf Sotschi
Im Bus, beim Essen, beim Training: Die DFB-Mannschaft versucht, die
Auftaktniederlage aufzuarbeiten – und setzt auf einen Tapetenwechsel.
WM 2018: WM-taz knallhart: Lothar fühlt sich unwohl in Schland
Lothar Matthäus hat ein Problem: Er möchte gerne richtiger Trainer sein,
ist aber nur „Bild“-Kolumnist. Traurig.
Lothar Matthäus bei der EM 2000: Ausweichen als Prinzip
In der Bild-Zeitung schreibt Lothar Matthäus, Mesut Özil spiele im
DFB-Trikot ohne Herz. Der Blick ins Archiv zeigt: Der Franke war auch nicht
besser.
DfB-Symbolfigur Plattenhardt: Das Marvin-Syndrom
Marvin Plattenhardt war fast 80 Minuten auf dem Feld – und durfte doch
nicht mitspielen. Das zeigt, wo die Probleme des deutschen Teams liegen.
Homophobe Rufe von Mexiko-Fans: Hätten sie besser „Putin“ gebrüllt
Hunderte mexikanische Fans beschimpften Manuel Neuer während des Spiels mit
„Puto“ – „Stricher“. Nun will die Fifa aktiv werden.
Brasilien vs. Schweiz: Favoritenauftritt zum Fremdschämen
Die Topfavoriten der WM tun sich schwer: Brasilien patzt gegen die Schweiz,
und selbst Neymar konnte es nicht richten. Woran liegt's?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.