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# taz.de -- Seenotrettung im Mittelmeer: Italien bleibt hart
> Der Konflikt zwischen Frankreich und Italien wegen der verwehrten
> Aufnahme der „Aquarius“ spitzt sich zu. Ein zweites Boot könnte nun ein
> ähnliches Schicksal ereilen.
Bild: Ein Schiff der italienischen Küstenwache am Rettungsschiff „Aquarius“
Rom dpa/ap | Der Streit zwischen Italien und Frankreich um das
Flüchtlings-Rettungsschiff „Aquarius“ droht zu eskalieren. Der italienische
Innenminister und Vize-Premier Matteo Salvini forderte von der
französischen Regierung eine Entschuldigung für eine abwertende Bemerkung
über Italiens harten Kurs. Andernfalls würde ein für Freitag geplantes
Treffen zwischen Italiens Regierungschef Giuseppe Conte und Frankreichs
Präsident Emmanuel Macron platzen. Der französische Botschafter in Rom
[1][wurde ins Außenministerium einbestellt]. Der UN-Flüchtlingskommissar
Filippo Grandi ist beschämt. Unterdessen zeichnet sich ab, dass erneut auf
dem Mittelmeer gerettete Migranten nicht an Land gehen dürfen.
Italien hatte dem Schiff „Aquarius“ von der Hilfsorganisation SOS
Méditérranée mit Hunderten erschöpften Migranten an Bord am Sonntag [2][die
Einfahrt in einen Hafen des Landes verwehrt]. Das Schiff ist nach zwei
Tagen Blockade nun in Begleitung zweier italienischer Schiffe unterwegs
nach Spanien, wo es voraussichtlich am Samstag ankommen soll.
In Italien hatten vor allem Aussagen des französischen Regierungssprechers
für Unmut gesorgt. Er hatte in dem Fall vom „Beweis einer Form von Zynismus
und einer gewissen Verantwortungslosigkeit der italienischen Regierung“
gesprochen. Italiens Finanzminister Giovanni Tria sagte am Mittwoch kurzum
ein Treffen mit seinem französischen Amtskollegen ab.
„Unsere Geschichte der Solidarität (…) verdient nicht, von Mitgliedern der
französischen Regierung heruntergemacht zu werden, und ich hoffe, dass die
französische Regierung so schnell wie möglich eine offizielle
Entschuldigung vorlegt“, sagte Salvini im Senat in Rom. Macron solle selbst
sein Versprechen einhalten, 9.000 Migranten von Italien zu übernehmen.
Danach schlug Paris versöhnlichere Töne an. „Wir sind uns vollkommen der
Belastung bewusst, die der Migrationsdruck für Italien bedeutet“, teilte
die Sprecherin des Außenministeriums mit. Dass die Pariser Regierung nicht
angeboten hatte, die „Aquarius“ in einem französischen Hafen anlegen zu
lassen, hatte in Frankreich selbst für Diskussionen gesorgt. Eine
Abgeordnete der Partei von Präsident Macron sprach von
„Vogel-Strauß-Politik“.
Frankreich und Italien streiten sich seit langem über das Thema Migration.
Rom wirft Paris vor, zahlreiche Migranten an der Grenze der beiden Länder
zurückzuweisen. Wegen eines Einsatzes französischer Zollbeamten bei einer
Hilfsorganisation für Migranten in einem Bahnhof in Italien wurde der
Botschafter zuvor schon einmal einbestellt.
Das UN-Flüchtlingshilfswerk bezeichnete den europäischen Streit um die
„Aquarius“ als Schande für die Europäische Union. Die Schließung von Hä…
gefährde die Rettung auf See, die nach internationalem Recht vorgeschrieben
sei, erklärte Flüchtlingskommissar Filippo Grandi in Genf. Italien müsse
mit seinen Gründen für die Entscheidung aber gehört werden.
## Seenotretter rechnen mit hohen Wellen
Die „Aquarius“ fuhr derweil mit 106 Migranten an Bord im Schneckentempo in
Richtung Spanien. Die restlichen Flüchtlinge werden mit zwei Schiffen der
italienischen Küstenwache und Marine nach Valencia gebracht. Die
Seenotretter rechnen mit vier Meter hohen Wellen, sobald das Schiff die
Straße von Sizilien verlässt – dies ist die Meerenge zwischen Sizilien und
Tunesien.
Innenminister Salvini will vor allem die privaten Seenotretter aus dem
Mittelmeer vertreiben. Er hält sie für „Vize-Schlepper“. Schiffe der
Küstenwache durften dagegen in Italien mit Migranten anlegen. So zum
Beispiel das Schiff „Diciotti“, das am Mittwoch mit mehr als 900 Migranten
in Catania ankam.
Dagegen befanden sich am Mittwoch erneut Dutzende Migranten auf hoher See
in der Schwebe: Auf einem Schiff der US-Marine seien 41 Überlebende eines
Flüchtlingsunglücks und zwölf Tote, sagte der Sprecher der deutschen
Hilfsorganisation Sea-Watch, Ruben Neugebauer. Die US-Navy habe Sea-Watch
am Dienstag zur Übernahme der Geretteten und der Leichen vor der Küste
Libyens gerufen. Aus Sorge, dass ihnen das gleiche Schicksal wie der
„Aquarius“ drohe und sie nicht nach Italien einfahren dürften, würden sie
die Überlebenden aber nicht an Bord nehmen und böten nur medizinische Hilfe
an.
Innenminister Salvini hatte in den vergangenen Tagen immer wieder betont,
dass die „Aquarius“ kein Einzelfall bleiben werde, wenn private
Seenotretter Migranten nach Italien bringen wollen. Ein ähnliches Schicksal
könnte also auch die „Sea-Watch 3“ ereilen.
Sea-Watch wies darauf hin, dass nun erneut Migranten und die Crew im
Ungewissen seien und nicht wüssten, in welchen sicheren Hafen sie fahren
könnten. Die Menschen hätten zusehen müssen, wie Freunde oder
Familienangehörige ertrunken seien, und würden nun obendrein noch in der
Schwebe hängen gelassen, sagte Neugebauer. Wenn immer weniger
Rettungsschiffe vor Ort seien, würden mehr Menschen sterben.
Die „Aquarius“ gehört zu den am besten ausgestatteten Schiffen privater
Organisationen. Wenn sie weg ist, sind nur noch kleinere Schiffe wie die
„Sea-Watch“ unterwegs. Und die können eine Fahrt bis nach Spanien kaum
schaffen.
13 Jun 2018
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