# taz.de -- Öffentliche Toiletten in Berlin: Senat völlig aus dem Häuschen | |
> Die öffentlichen Toiletten werden auch weiterhin von Wall betrieben – und | |
> es sollen sogar mehr werden. | |
Bild: Mehr soll es geben und schöner sollen sie werden | |
BERLIN taz | Provisorien drohten, hässliche Container, die die seit 1993 | |
von der Firma Wall betriebenen öffentlichen Toiletten ersetzen sollten. | |
Denn Wall schien nicht mehr interessiert an den Toiletten, ein Nachfolger | |
war aber nicht rechtzeitig verfügbar. Umso überraschender ist, was | |
Umweltsenatorin Regine Günther am Dienstag verkündete: Die Firma hat auch | |
für die nächsten 15 Jahre den Zuschlag bekommen. Sie gab laut Günther von | |
vier Anbietern das günstigste Angebot ab und legte den schönsten Entwurf | |
für neue Toiletten vor. | |
„Es bleibt in bewährten Händen“, sagte die parteilose Grünen-nahe | |
Senatorin, Zahl und Qualität würden sich deutlich erhöhen. Vorangegangen | |
war 2016 noch unter der rot-schwarzen Koalition eine Kündigung des über 20 | |
Jahre alten Vertrags mit Wall zum Jahresende 2018. Der sah nämlich vor, | |
dass sich das Unternehmen um die öffentlichen Toiletten kümmerte und dafür | |
nichts verlangte, außer auf landeseigenen Plakatflächen werben zu dürfen. | |
Das missfiel der damals noch SPD-geführten Senatsverwaltung für Umwelt: | |
Denn Wall hatte nach Senatsangaben nicht öffentlich gemacht, wie viel Geld | |
die Firma über die vom Land zur Verfügung gestellten Werbeflächen | |
verdiente. „Sehr fragwürdig“, nannte Günther am Dienstag diese | |
Konstruktion. Denn unklar blieb, ob es nicht rentabler wäre, Wall oder | |
einen Konkurrenten für einen festen Betrag für den Toiletten-Betrieb zu | |
engagieren und zu sehen, ob sich über die getrennte Vergabe der | |
Werbeflächen nicht mehr Geld einnehmen lässt. | |
Diese Annahme hat sich laut Senatorin Günter bestätigt: Über die kommenden | |
15 Jahre, die der Vertrag mit Wall läuft, wird das Land über die | |
Werbeflächen 350 Millionen Euro einnehmen und damit rund 50 Millionen Euro | |
mehr, als es im gleichen Zeitraum für den Toilettenbetrieb ausgeben muss. | |
Dank des neuen Vertrags soll es auch mehr Toiletten geben: 366 statt 280. | |
Die zusätzlichen Häuschen sollen bis Anfang 2021 fertig sein. Bis dahin | |
soll auch ein Großteil der restlichen erneuert werden. Wie die neuen | |
Anlagen aussehen, will die Senatsverwaltung im Juli vorstellen. | |
## Vertrag für Klos und Werbung | |
Senatorin Günther ließ offen, warum Wall doch wieder einstieg: „Das ist die | |
Freiheit derjenigen, die anbieten.“ Wall selbst erklärte das gegenüber der | |
taz damit, dass ohne die Kopplung an die Werbeflächen das nötige Geld für | |
den Bau der neuen Toilettenhäuschen gefehlt hätte. Dann aber habe man sich | |
bei der nun vom Thema Toiletten getrennten Vergabe der öffentlichen | |
Werbeflächen teilweise durchsetzen können und dadurch die nötige | |
finanzielle Basis bekommen. Laut Unternehmenssprecherin Frauke Bank fiel | |
diese Entscheidung vor dem Bewerbungsschluss für den Toilettenauftrag, | |
sodass Wall noch ein Angebot abgeben konnte. | |
„Nachdem die Trennung der Verträge über Toiletten und Werbeflächen zunäch… | |
nicht nur Freunde hatte, zeigt sich nun, dass die Senatsverwaltung auf dem | |
richtigen Weg ist“, sagte der Grünen-Abgeordnete Harald Moritz. Die CDU | |
hingegen bleibt skeptisch, ob das am Ende Berlin tatsächlich weniger Geld | |
kostet. | |
27 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
## TAGS | |
Regine Günther | |
Hans Wall | |
Toilette | |
Toilette | |
Hans Wall | |
Demonstrationen | |
Klobürste | |
Konsumzwang | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Neue Generation der City-Toilette: Neue Klos, alte Schwellen | |
Vollständig barrierefrei sollen die neuen Berliner Toilettenhäuschen sein, | |
trotzdem weist der Zugang Hindernisse auf. | |
Neue City-Toiletten in Berlin vorgestellt: Nützlicher als das Stadtschloss | |
Barrierefrei, kostenpflichtig und ein millionenschweres Geschäft: Die Wall | |
GmbH stellt die graue Stadttoilette der Zukunft vor. | |
Fahrradfahren in Badeklamotten: „So nackt wie möglich“ | |
Berlin darf zum World Naked Bike Ride nicht alle Hüllen fallen lassen. | |
Warum fast nackt radeln auch politisch ist, erklärt Organisatorin Katja | |
Täubert vom VCD. | |
Klo-Ausstellung auf Burg Storkow: Ein Blick ins Töpfchen | |
Die Schau „Drauf geschissen“ zeigt, dass vernünftige Klos nicht nur eine | |
Frage des Wohlbefindens sind, sondern viel mit Würde und Menschenrechten zu | |
tun haben. | |
Volksbegehren gegen Werbung in Berlin: Unterstützung von Berlinern und Senat | |
Die Initiative Berlin Werbefrei hat ihr erstes Ziel so gut wie erreicht: | |
17.000 Menschen haben unterschrieben. Derweil signalisiert Rot-Rot-Grün | |
Zustimmung. |