| # taz.de -- Dänemark trifft auf Frankreich: Ein Schuss, ein Tor, die Dänen | |
| > Sie spielen Fußball auf dem neuesten Stand: Mit einem Unentschieden gegen | |
| > Frankreich stünden die Dänen im Achtelfinale. | |
| Bild: Gegen Dänemark erreicht kein Gegner den Höhepunkt | |
| 45. Minute: Strafstoß für Peru. 36 Jahre haben die Südamerikaner auf eine | |
| WM-Teilnahme gewartet, sie haben die erste Halbzeit offensiv gespielt, viel | |
| Druck gemacht, Chancen kreiert – und nun soll alles in diesem Moment seinen | |
| Höhepunkt erreichen: Christian Cueva läuft an, einen Schlenker noch, er | |
| tippelt auf der Stelle, dann eins, zwei, drei, vier, fünf Schritte – und | |
| drüber. | |
| Was machen daraufhin die Dänen? Gehen in die Pause, kommen wieder raus, | |
| Christian Eriksen passt auf Yussuf Poulsen: 1:0. Den Rest des Spiels hält | |
| der dänische Torwart Kaspar Schmeichel alles. [1][Ein Sieg, der an Zynismus | |
| nicht zu überbieten war]. Nach Jahrzehnten ohne WM-Auftritt trafen die | |
| Peruaner auf die Spielverderber aus dem kleinen Land zwischen Südtondern | |
| und Skagerrak. | |
| [2][In Spiel zwei, gegen Australien,] lief es für die Dänen nicht viel | |
| anders: starke Ablage von Nicolai Jørgensen, satter Schuss von Eriksen. | |
| 1:0. Einziger Unterschied: Diesmal verwandelten die Gegner ihren Elfmeter. | |
| 1:1 zur Pause. | |
| Im zweiten Durchgang versuchten es dann die Australier Aaron Mooy, Daniel | |
| Arzani und Mathew Leckie – alle scheiterten an Schmeichel. Von den Dänen | |
| kam übrigens nichts mehr. Warum auch? Der eine Punkt könnte mit hoher | |
| Wahrscheinlichkeit zum Weiterkommen reichen. Ein Remis noch gegen | |
| Frankreich, und: Hej ottendedelsfinaler! | |
| Man kann das Ganze als Glück abtun, doch das ist es nicht. Im Gegenteil: | |
| Die Dänen spielen Fußball auf dem neuesten Stand, zumindest wenn man auf | |
| die Bundesliga und die aktuelle WM schaut. Organisiert, kollektiv, | |
| willensstark – die Antwort der Limitierten auf Tiki-Taka-Kurzpassspiel und | |
| permanentes Gegenpressing. Die Prämissen dieses Spiels: Es gewinnt immer | |
| die Mannschaft. Wir lassen uns nie abschießen. Wenn wir führen, soll der | |
| Gegner mal kommen, wir erwarten ihn schon. Aus dem dänischen Dynamit der | |
| 90er ist ein dänisches Defensivbollwerk der 2010er Jahre geworden. Gegen | |
| Dänemark erreicht kein Gegner den Höhepunkt. | |
| ## Mehr als Platz zwei muss es nicht sein | |
| Und so ist es – erstens – kein Wunder, dass einer wie Thomas Delaney dieses | |
| Spiel verkörpert wie kein anderer. Der 26-Jährige gewinnt Spiele über den | |
| Willen, nicht über Schönheit, so gut er wohl auch kicken kann. | |
| Und – zweitens – zeigt der Marktwert Delaneys, wie sehr Spieler wie er in | |
| der Gunst der Klubs gestiegen sind: Im Januar 2017 holte Werder Bremen ihn | |
| aus Kopenhagen. Ablösesumme: 2 Millionen Euro, so wird kolportiert. | |
| Anderthalb Jahre später wechselt er diesen Sommer zu Borussia Dortmund. | |
| Ablöse: auf 20 Millionen geschätzt. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke | |
| hatte vor dieser Transferperiode erklärt, Mentalitätsspieler holen zu | |
| wollen. Da konnte er kaum einen Passenderen finden. Der einstige Trainer | |
| des 1. FC Köln und aktuelle Coach des FC Kopenhagen, Stale Solbakken, fasst | |
| Delaneys Art so zusammen: „Kein Mittelfeldspieler, den ich jemals trainiert | |
| habe, hat eine so große Mentalität wie er.“ | |
| Und so sollte niemand im abschließenden Gruppenspiel gegen Frankreich ein | |
| schönes Spiel erwarten. Die Dänen wollen mindestens Zweite werden in Gruppe | |
| C. Dafür reicht ein Unentschieden, womit die Franzosen auch ihren ersten | |
| Rang verteidigen würden. Aber das wäre in Ordnung, wenn man den dänischen | |
| Medien glauben darf. Mehr als Platz zwei muss es nicht sein. Und die | |
| dänischen Spieler strahlten genau das in den zwei bisherigen Spielen aus: | |
| Sie wollen lieber in Hässlichkeit weiterkommen als in Schönheit zurück nach | |
| der Vorrunde schon nach Aalborg, Kopenhagen, Middelfart oder Ballerup | |
| reisen. | |
| Dänemark spielte bei diesem Turnier so unattraktiv und so zynisch, dass es | |
| den Peruanern Tränen in die Augen trieb. Vor Wut, vor Enttäuschung, wegen | |
| vermeintlicher Ungerechtigkeit. | |
| Auch die alten HSV-Haudegen Stig Töfting und Thomas Gravesen müssten | |
| eigentlich feuchte Augen bekommen haben. Vor Freude, dass ihr Spiel endlich | |
| wieder modern ist. | |
| 26 Jun 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jürn Kruse | |
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