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# taz.de -- Die Wahrheit: Glückliche Schleimspur
> Der kotelettöse Österreicher Sebastian Kurz sitzt per 1. Juli der EU vor:
> Eine hymnische, längst überfällige Danksagung an die Alpenrepublik.
Bild: Als neuer Führer Europas greift der Kurz Seb jetzt ganz gewaltig nach de…
Österreich – i werd narrisch: Ab dem 1. Juli 2018 übernimmst du für ein
halbes Jahr den EU-Vorsitz. Dein Bundeskanzler hat in einer Kurzmitteilung
angekündigt, dass Österreich, und hier namentlich eben die Soko Wien, diese
Zeit als Brückenbauer nutzen will zwischen Ost und West, was in diesen
Tagen allemal positiver ist als ein Beckenbauer. Dem übrigens bietest du in
Kitzbühel eine sichere Zuflucht, danke!
Felix Austria – ein kotelettförmiges Land mit einer Fahne, die aussieht wie
ein Einbahnstraßenschild, aber immerhin ist das Weiß zwischen den roten
Balken Edelweiß. Gut, ihr Österreicher hasst uns Piefkes, und das
Verhältnis hat sich trotz der Zwei-zu-eins-Niederlage der deutschen
Nationalmannschaft im WM-Vorbereitungsspiel von Klagenfurt eher weiter
verschlechtert, weil euer Walzerkönig Richard „Mörtel“ Luger seine deutsc…
Ehefrau – küss die Hand! – zurück nach Deutschland expediert hat, obwohl …
gar kein Pfand darauf war.
Dennoch wollen wir die Gelegenheit ergreifen, einmal Danke zu sagen, Danke
für die kulturellen Beiträge Österreichs, ohne die unser Land dahindarben
würde: DJ Ötzi und Andreas Gabalier oder früher Hans Moser, der die
Gepäckträgermentalität zu neuen Höhen geführt hat: „I sitzt oft stundnla…
allein auf einem Fleckerl / In einem Weinlokal in einem stillen Eckerl / Am
anderen Menschen wäre das vielleicht zu dumm / Nur ich bin selig dort und
ich weiß warum / I muaß im frühern Lebn eine Reblaus gwesen sein …“ Ein
lausiges Lied.
Du hast den Boulevard mit Nachrichten gespeist über den Haider Jörgl, du
hast uns den Andy geborgt, dem Niki Lauda die Ohren abgeflämmt und
obendrein selbstlos notorische Dienstleistungsösis wie Karl Moik und Johann
Lafer ins deutsche Abendprogramm überstellt: Wie geschmeidig die auf ihrer
eigenen Schleimspur daherschlichen, habe die Ehre, ehre die Habe, charmant
– so haben wir das nie hingekriegt. Und dass du uns beigebracht hast, dass
man die Straßen im Winter umweltverträglich mit Paniermehl bestreuen kann –
alleruntertänigsten Dank auch dafür.
## Blau, blau, blau ist hier nicht nur der Enzian
Du hast uns eine neue Farbenlehre in der Politik gelehrt, neben Schwarz,
Grün und Rot jetzt auch Pink, Türkis, Grau und Blau. Apropos Blau: Längst
trinken wir sogar deine Weine wieder, den Veltliner, den Zweigelt, obwohl
Letzterer nach einem glühenden Nazi benannt wurde. Oder weil? Was wiederum
mit der Farbe Blau korrespondiert.
Weltweit hast du die Kaffeekultur bereichert: Ein „Großer Brauner“ ist zum
Beispiel ein doppelter Espresso mit Schlagobers und nicht, was jetzt jeder
gedacht hat von wegen diesem kleinen Braunauer.
Glückliches Österreich, wo es ein Schäferhund in den gehobenen
Polizeidienst schaffen kann und ein Mann namens Edi Finger narrischer
Sportreporter. Du hast uns neue Verwendungsmöglichkeiten für Kellerräume
aufgezeigt und so den psychologischen Fritzlismus erfunden. Der berühmte
Wiener Arzt Saugmaul Freudlos hätte seine Freude gehabt.
## Energie frei Haus
Unermüdlich versorgst du uns mit Energiegetränken, du verleihst sogar
Flügel, allen voran dem Baumgartner Felix, bekannt als
Stratosphärenspringer, obwohl ihn dieses Unterfangen womöglich viele
Gehirnzellen gekostet hat. Und da wäre noch der Holzer Andy, der als erster
Blinder den Mount Everest bestiegen hat, sowie der Strache Heinz, der ohne
Sauerstoffgerät die Vizekanzlerschaft erklomm, obwohl er dringend eines
bräuchte.
Schließlich gibt es noch den Kurz Sebastian, den Wunderwuzzi, den obersten
Brückenbauer, der sich schon dafür eingesetzt hat, dass die EU ihre
Frontex-Truppen bereits auf dem afrikanischen Kontinent einsetzt, was gut
wäre, denn so eine transkontinentale Brücke käme die Europäer viel zu
teuer. Und das in Zeiten, in denen Europa – wie seinerzeit Wien im Jahre
1713 – von der Pest bedroht ist, die diesmal den Vornamen Buda trägt.
Für das alles also verbindlichsten Dank – und damit verabschieden wir uns
jetzt auch von unseren Zusehern bei 3sat.
19 Jun 2018
## AUTOREN
Thomas C. Breuer
## TAGS
Österreich
Europäische Union
Sebastian Kurz
Musikfestival
Flugscham
Rumänien
Frauen-WM 2019
Albanien
Insekten
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